Siegen. NRW-Innenminister prüft mehr Sicherheitsmaßnahmen bei Veranstaltungen. Gleichzeitig betont er: „Siegen hat mit Solingen nichts zu tun.“
Nach dem Messerangriff rund um das Stadtfest in Siegen will NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mehr Sicherheitsmaßnahmen bei Veranstaltungen prüfen. „Ich lasse gerade prüfen, ob wir nicht in Kürze bei großen Festen Taschenkontrollen durchführen“. Die Einführung einer solchen Maßnahme müsse zunächst rechtlich geprüft werden, „dann muss man überlegen, wie man es macht.“ Eine solche Maßnahme wäre „ein ganz starker Eingriff, den müssen die Leute mittragen, dass wir sagen: ‚Wir gucken Euch in die Taschen.‘“ Er wolle nicht auf jedem Fest Taschenkontrollen, doch es gebe „zwischen pauschal und gezielt noch mehr“.
Der Innenminister, der binnen einer Woche zum zweiten Mal nach einer Messerattacke rund um ein Stadtfest - erst Solingen, nun Siegen - den jeweiligen Tatort besuchte, sagte, dass es ihm „nicht gut“ gehe, „aber auf der anderen Seite: Wenn es hier gutgeht, werden wir keinen Toten zu beklagen haben“. Einer der drei Schwerverletzten sei „über den Berg“, einer „kämpft noch richtig“, bei dem dritten „weiß man noch nicht so genau“, so der CDU-Politiker.
„Siegen hat mit Solingen nichts zu tun“
Reul nannte den Vorfall von Siegen „einfach fürchterlich“ und betonte: „Wir müssen wahnsinnig aufpassen in der Politik, dass dieses aufgeregte direkte Reagieren und dieses Wir-haben-die-Lösung-für-alles, dass das endlich mal aufhört. Denn spätestens seit gestern Abend weiß jeder, dass das, was hier in Siegen passiert ist, nichts mit Solingen zu tun hat. Null. Es waren beide Male Messer, aber es ist ein Riesenunterschied, ob da ein Terrorist unterwegs ist oder eine deutsche Frau, die psychische Probleme hat, wahllos auf Menschen einsticht. Deshalb wird die Polizei auch ganz anders arbeiten müssen. Wer soll ahnen, dass irgendjemand in den Bus einsteigt, der nicht ganz gesund ist und in seiner Tasche Messer, Schraubenzieher und anderes dabei hat.“
Der NRW-Innenminister erklärte, dass er sich „immer mehr gegen diese einfachen, pauschalen Antworten“ wehre, und ergänzte: „Ich weiß, dass es unbefriedigend ist, weil die Leute sagen: Reul, mach was, dass das nicht mehr passiert. Es geht nicht. Wir leben in einer Welt, die leider von solchen Gefahren in jeder Ecke besetzt ist, und wir als Polizei müssen möglichst differenzierte, kluge Antworten finden und das Risiko möglichst gering halten, aber nicht auf Null. Das ist die Herausforderung, die ist nicht ganz einfach, und sie ist auch ein Stückchen unbefriedigend, wenn man ehrlich ist. Aber noch schlimmer ist, wenn man den Eindruck erweckt, man hätte eine Lösung - und drei Tage später passiert wieder was.“
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Neben der Hoffnung, dass alle Verletzten überleben, gebe es eine „zweite gute Nachricht“, so Reul. „Es gibt unheimlich viele aufmerksame und kluge Bürgerinnen und Bürger. Diese Gesellschaft ist viel stärker, als wir glauben. Die Polizei allein wird es nicht richten. Dass Frauen und Männer gestern zugegriffen und das Schlimmste verhindert haben, viele Mensch vor Schaden bewahrt haben, das ist doch eine Riesengeschichte. Wenn ich mitkriege, dass das Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund waren, das kann ja auch ein bisschen stolz machen und macht deutlich, es ist nicht so einfach, wie wir manchmal die Probleme diskutieren. Weil es so kompliziert ist, brauchen es mehr Zeit und Ruhe.“
Reul bestätigt, dass die Tatverdächtige „schon mal auffällig war“
Zu einem möglichen Tatmotiv sagte Reul mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen und die Zuständigkeit der Justiz nichts. Er könne aber bestätigen, dass die Tatverdächtige „schon mal auffällig war“ und bei ihr der Verdacht sehr naheliege, dass sie psychische Probleme habe. „Solche Menschen rutschen dann oft in ihrem Leben von einem Problem ins nächste.“