Düsseldorf. Seit Jahren wird über einen Düsseldorfer Opernneubau gestritten. Nach einer Standort-Entscheidung verklagen die Linken jetzt OB Stephan Keller.

Seit sage und schreibe sieben Jahren wird in Düsseldorf um den möglichen Neubau des Opernhauses der NRW-Landeshauptstadt diskutiert. 2021 beschloss der Stadtrat einen Neubau, bis in den Juni 2024 sah dann auch alles nach einem neuen Bau am bisherigen Standort aus. Innerhalb weniger Tage folgte dann eine rasante Entscheidung für ein anderes Grundstück. Das Vorgehen zieht jetzt ein juristisches Verfahren nach sich: Die Ratsfraktion der Linken bringt das Thema mit einer Klage gegen Oberbürgermeister Stephan Keller und den Stadtrat vor das Verwaltungsgericht.

Klage wurde bereits eingereicht

Schon im Juli hatten die Linken angekündigt, klagen zu wollen. Am Freitag, den 23. August, gaben sie nun bekannt: Die Klage ist bereits eingereicht worden. Mit dabei hatten die Fraktionsmitglieder Julia Marmulla und Sigrid Lehmann am Freitag ihren Pressereferenten Michael Gerhardt und den Rechtsanwalt Robert Hotstegs. An dessen Anwaltskanzlei hatten sie den Sachverhalt zur Prüfung gegeben, erklärte der Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Mit dem Ergebnis, dass es eine Grundlage für eine Klage gebe. Als Kläger treten die Fraktion der Linken sowie deren Sprecherinnen Julia Marmulla und Anja Vorspel auf.

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Der Grund: Am 24. Juni hatte OB Keller gemeinsam mit den Fraktionsspitzen der CDU, SPD und FDP in einer Pressekonferenz über erfolgreiche Kaufverhandlungen mit dem Insolvenzverwalter des Grundstücks am Wehrhahn, das als Alternative zum alten Opernstandort galt, informiert. Am selben Tag wurde die Beratungsvorlage für den Rat für einen Entscheid zum Neubau an diesem Ort veröffentlicht, erst einen Tag später informierte Keller die Ratsfraktionen, so Marmulla. Doch: Bereits am darauf folgenden Donnerstag, 27. Juni, musste der Stadtrat über den Antrag entscheiden. Für eine ausreichende Beratung der Vorlage habe den Ratsmitgliedern nicht genug Zeit zur Verfügung gestanden, urteilt Marmulla. Grundsätzlich könne der Rat zwar schnelle Entscheidungen treffen, allerdings nicht bei Entscheidungen dieser Tragweite, so die Ratsfrau.

Gaben Details zur Klage gegen den Oberbürgermeister bekannt: (v.l.) Robert Hotstegs, Julia Marmulla, Michael Gerhardt und Sigrid Lehmann.
Gaben Details zur Klage gegen den Oberbürgermeister bekannt: (v.l.) Robert Hotstegs, Julia Marmulla, Michael Gerhardt und Sigrid Lehmann. © NRZ | Besau

Durch das Vorgehen habe der Oberbürgermeister die Informationsrechte der Fraktion sowie der einzelnen Fraktionsmitglieder verletzt, erklärt Hotstegs. Außerdem sei der Grundsatz verletzt worden, dass alle Ratsmitglieder gleichermaßen Informationen bekommen müssen – die Fraktionsspitzen der CDU, SPD und FDP seien nämlich durch ihre Teilnahme an der Projektgruppe zu den Verhandlungen informiert gewesen. Marmulla sieht auch demokratietheoretische Probleme mit dem Vorgehen. Denn die Rechte von Minderheiten – auch parlamentarischen Minderheiten wie der Linken-Ratsfraktion – müssten gewahrt werden. „Ein Unding!“ so Marmulla. Zwar gibt es rechtlich keine festgelegten Fristen für solche Informationen, dass Ratsmitglieder rechtzeitig und gleichermaßen informiert werden müssen, gehe jedoch aus vorherigen Verwaltungsgerichts-Urteilen hervor, erklärte Rechtsanwalt Hotstegs.

Jahrelanges Hin- und Her zur Neubau-Frage

Die Klage ist der vorläufige Endpunkt einer Düsseldorfer Dauerdebatte: Im Dezember 2021 beschließt der Düsseldorfer Stadtrat, statt einer größeren Sanierung des Opern-Gebäudes einen Neubau . Als Standorte kommen der bisherige Ort an der Heinrich-Heine-Allee in der Düsseldorfer Innenstadt infrage, oder aber ein Grundstück am Düsseldorfer Wehrhahn. Kosten-Schätzungen belaufen sich anfangs auf 716 Millionen Euro, mittlerweile gehen Schätzungen von Ausgaben von einer Milliarde Euro und mehr aus. Zwischen den Ratsfraktionen gibt es keine Einigkeit bezüglich eines Neubaus: Im Frühjahr 2023 positionierte sich die Fraktion der Grünen, eigentlich Kooperationspartner von Kellers CDU, gegen den Neubau – wegen der zunehmend hohen Kosten. Das Vorhaben solle „auf Eis gelegt“ werden.

Die SPD hingegen knüpfte ihre Zustimmung zum Neubau an den oft so genannten „Opern-Deal“ mit dem OB, der im Gegenzug bis 2030 rund 8000 bezahlbare Wohnungen bauen lassen will. Zu den weiteren Befürwortern des Neubaus zählt die FDP-Fraktion. Gemeinsam mit den Fraktionsspitzen von CDU, SPD und FDP gab der Oberbürgermeister im Juni 2024 dann die stattgefundenen Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter des Grundstücks am Wehrhahn bekannt. Drei Tage später entschied der Stadtrat für den neuen Neubau-Standort.

Meinungsumfrage im April: Rund 68 Prozent gegen den Opern-Neubau

Zu den Kritikern des Opernneubaus zählt im Rat schon lange die Fraktion der Linken. Angesichts der hohen Kosten fordern sie einen Stopp der Neubau-Pläne – oder einen Bürgerentscheid. Für ihre Kampagne hat die Ratsfraktion sogar eine Webseite unter der Adresse milliardenoper.de ins Leben gerufen. An Ständen wirbt sie im Stadtgebiet mit symbolischen Bürgerentscheid-Stimmzetteln für ihr Anliegen – zuletzt im August auf dem Rock-gegen-Rechts-Festival. „Die Leute haben uns alle gesagt, dass sie nicht in Ordnung finden, dass sie bei so einem Projekt nicht gefragt werden“, berichtete Michael Gerhardt. Die Linke gab eine Umfrage in Auftrag: 68,2 Prozent der Befragten lehnten einen Opernneubau ab. Die Milliardenausgaben für einen Opernneubau würden den städtischen Haushalt über Jahrzente belasten, warnt er. Bei solchen Projekten dürfe es keine „Hinterzimmerdeals“ geben.

Bis ein Urteil des Verwaltungsgericht zur Klage der Linksfraktion steht, werden einige Monate vergehen: „Im nächsten Frühjahr kann man mit einer Entscheidung rechnen“, so Rechtsanwalt Hotstegs. Den Ratsbeschluss werde ein Urteil übrigens nicht kippen können, erklärt Marmulla. Es gehe darum, „dass sowas nie wieder passiert.“

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