Oberhausen. Die Energiekrise sorgt dafür, dass auch Kommunen umdenken müssen. Oberhausen steht kurz vor dem Abschluss eines wegweisenden Projektes.

Die Kinder sind einfach froh, dass sie wieder schwimmen können. „Von montags bis freitags ist das Lehrschwimmbecken voll“, sagt Schulleiterin Sabine Schumann von der Oberhausener Ruhrschule. An den Nachmittagen und am Samstag seien noch Vereine da. „Nur der Sonntag ist heilig.“ Als eines von sieben Lehrschwimmbecken wurde das kleine Bad an der Bebelstraße saniert. Was den Grundschulkindern eher egal ist, die Stadt Oberhausen aber zu einem Vorzeigebeispiel macht: Mit Hilfe der Lehrschwimmbecken spart die klamme Ruhrgebietsstadt nicht nur jährlich 300.000 Euro Energiekosten ein, sondern auch noch tonnenweise klimaschädliches CO2.

Die verbaute Technik sieht man dem Gebäude nicht gleich an, der Unterschied zum sonstigen Bestand ist aber offensichtlich: Die Fassade ist aus Holz, auf dem begrünten Dach steht eine Solaranlage, die Tiefe der Fenster lässt eine Dämmung erahnen. Und die hat es buchstäblich in sich: Das Gebäude ist 60 Zentimeter dick mit Stroh eingepackt. „In der Größenordnung findet man das nur selten“, sagt Pierre Fischer von den Servicebetrieben Oberhausen (SBO).

Wie wir berichteten, hat die Stadt vor zwei Jahren einen millionenschweren Fördertopf für das Projekt an Land gezogen. 15,6 Millionen Euro kostete die Sanierung der Lehrschwimmbäder, 8,1 Millionen Euro bekommt Oberhausen von der EU zurück. Der Clou, mit dem Oberhausen andere Bewerber ausstach: Die Strohdämmung sorgt in Kombination mit Solartechnik dafür, dass je Gebäude mehr als 70 Prozent Energie eingespart wird. In Zeiten des Energiemangels goldwert. Laut Fischer erkundigen sich deshalb schon Hochschulen und andere Kommunen nach dem Oberhausener Projekt. >>> Vor dem Schulstart: Das ist neu an Oberhausener Schulen

Kinder mussten monatelang auf Schwimmunterricht verzichten

Oberhausen musste für die Sanierung allerdings eine Gratwanderung machen. Denn die Lehrschwimmbäder waren monatelang geschlossen. An der Ruhrschule konnten die Kinder seit den Sommerferien 2021 keinen Schwimmunterricht mehr besuchen. Mitte Oktober 2022 wurde das Bad wieder freigegeben. Schulleiterin Schumann ist erleichtert: „Die Kinder in der zweiten und dritten Klasse können kaum schwimmen. Corona hat diese Entwicklung noch angestachelt.“

Susanne Schumann, Schulleiterin der Oberhausener Ruhrschule.
Susanne Schumann, Schulleiterin der Oberhausener Ruhrschule. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Nach Ansicht von Oberbürgermeister Daniel Schranz war es das wert: „Wir haben jetzt sieben Top-Lehrschwimmbäder, die wir mit Blick auf die Schwimmfähigkeit der Kinder dringend brauchen“. Im Rahmen des Projektes wurden die veralteten Becken ausgetauscht. An der Ruhrschule ist das Wasser 0,7 bis 1,25 Meter tief. Die Kinder können von der Schule ins Bad. Duschen stehen ebenfalls bereit. Die Raumtemperatur ist angenehm, das Wasser konstant 30 Grad warm. >>> Neues Ticket: Das ändert sich für Oberhausener Schüler

Oberhausen spart jährlich 1200 Tonnen CO2

Laut des Beigeordneten Michael Jehn leistet das Vorzeigeprojekt „enorme Beiträge für den Klimaschutz“. Die Einsparung von 1200 Tonnen CO2 entspreche einem Anteil von acht Prozent am städtischen Energieverbrauch. „Das ist eine Win-win-Situation.“

Interessant auch: die smarte Technik. Demnächst sollen drei Lehrschwimmbäder direkt mit dem technischen Rathaus in Sterkrade verbunden werden. Experten können dann per Computer den Energieverbrauch steuern. Kommt es beispielsweise zu einem ungewöhnlichen Anstieg, fällt das nicht erst bei der Jahresendabrechnung auf.

Die Stadtspitze um Oberbürgermeister Daniel Schranz und die Fachleute der Service-Betriebe Oberhausen schauten sich das fertige Lehrschwimmbecken der Ruhrschule an.
Die Stadtspitze um Oberbürgermeister Daniel Schranz und die Fachleute der Service-Betriebe Oberhausen schauten sich das fertige Lehrschwimmbecken der Ruhrschule an. © Funke Foto Services | Gerd Wallhorn

Fischer kann sich vorstellen, dass die Technik auch an anderen Gebäuden eingesetzt werden kann. Unabhängig seien die Gebäude zwar nicht. In den Wintermonaten wird das Lehrschwimmbecken in der Ruhrschule beispielsweise mit Gas beheizt.

Die 360 Kinder der Ruhrschule sind aber vor allem für eins dankbar: dass es endlich wieder ins Wasser geht.