Mülheim. Verbotene Prostitution in Mülheim beunruhigt Behörden und Nachbarn. Nur noch 29 Prostituierte sind in der Stadt offiziell gemeldet
Illegale Prostitution in der Stadt nimmt zu, vor allem in Wohnungen. Und teilweise begleitet vom Verdacht, dass dort Zwang im Spiel ist, Menschenhandel. Dies geht aus dem Sicherheitsbericht 2022 des Mülheimer Ordnungsamtes hervor, der am 11. Mai im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (BSO) vorgestellt werden soll. Dort ist die Rede von aufwendigen Kontrollen, die ab dem Spätherbst 2022 in Sachen unerlaubter Wohnungsprostitution durchgeführt wurden.
Ferner heißt es im Bericht: „Hier zeigt sich, dass solche Phänomene Mülheim nicht verschonen und eine engmaschige Kontrolle durch die Ordnungsbehörden, auch im Jahr 2023, erforderlich ist.“ Was genau ist in Mülheim los?
Illegale Prostitution in einem Haus in der Mülheimer City
Offenbar war es zunächst ein Vorfall in der City, der Ende vergangenen Jahres die Mülheimer Behörden alarmiert hat. Nach Informationen dieser Redaktion spielte sich unerlaubte Prostitution in einem der Hochhäuser am Hans-Böckler-Platz ab, dort flog sie im Rahmen großangelegter Kontrollen auf. Das Ordnungsamt möchte auf Anfrage keine Anschriften nennen. Bestätigt wird aber, dass im November 2022 illegale Wohnungsprostitution in der Innenstadt festgestellt wurde, im Rahmen „sehr aufwendiger Kontrollen, da umfangreiche Vorermittlungen erfolgen mussten“.
Beteiligt waren neben der Gewerbeabteilung und dem Kommunalen Ordnungsdienst auch Mitarbeitende der Ausländerbehörde. Als Konsequenz habe das Ordnungsamt Verwarngelder verhängt, zudem würden ausländerrechtliche Belange geprüft. Die Polizei hat 2022 zwei Fälle von illegaler Prostitution in Mülheim angezeigt.
Neuer Fall im April 2023: Verdacht auf Zwangsprostitution
Im April 2023 deckte das Ordnungsamt erneut illegale Wohnungsprostitution auf, diesmal an einer anderen Stelle im Mülheimer Stadtgebiet. Hier bestehe der Verdacht auf illegalen Aufenthalt und Zwangsprostitution, teilt die Behörde mit.
Mit dem Prostituiertenschutzgesetz wurde 2017 eine weitgehende Meldepflicht eingeführt. Wer ein Bordell oder einen anderen Prostitutionsbetrieb betreibt, und sei es nur in einem Fahrzeug, benötigt eine behördliche Erlaubnis. Ebenso sind alle Prostituierten verpflichtet, sich in der Stadt, in der sie tätig sind, zu melden und an einer gesundheitlichen Beratung teilzunehmen.
Aktuell 29 Prostituierte in Mülheim angemeldet
Anfang 2020, kurz vor Beginn der Corona-Pandemie, waren in Mülheim rund 70 Prostituierte offiziell angemeldet. Ein Rotlichtbezirk oder eine offene Straßenszene existiert nach wie vor nicht. Allerdings liegt gleich an der Stadtgrenze zu Duisburg der einschlägig bekannte Zoo-Parkplatz Monning. Derzeit gibt es nach Auskunft der Stadt Mülheim drei erlaubte Prostitutionsbetriebe. Offiziell als Prostituierte angemeldet sind nur noch 29 Personen. Was darüber hinaus passiert, ist illegal.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Mülheim, Antje Buck, kritisiert die Meldepflicht in ihrer jetzigen Form. Sie sei „nicht ideal, weil damit keine Beratungsstruktur verbunden worden ist“. Die Prostituierten müssten zwei Ämter konsultieren, die Gewerbeaufsicht im Ordnungsamt und das Gesundheitsamt, „viele Frauen sehen aber keine Veranlassung, sich anzumelden und ihre Tätigkeit offiziell zu machen, für die paar Kröten, die sie mit der Prostitution verdienen“.
Gleichstellungsstelle: Zunehmend Beschwerden aus der Nachbarschaft
Von den jüngsten Fällen illegaler Wohnungsprostitution habe auch die Gleichstellungsstelle erfahren, berichtet Antje Buck, und zwar auf folgende Weise: „Zunehmend haben sich Leute aus der Nachbarschaft gemeldet und berichtet, dass Wohnungen stark frequentiert werden, zu jeder Tages- und Nachtzeit.“
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Die Community in größeren Wohnanlagen sei darüber nicht begeistert, doch die Beschwerden hätten „keine moralische Komponente“ gehabt, so die Gleichstellungsbeauftragte. Argumentiert wurde eher mit der Sorge vor übermäßigen Nebenkosten, die beispielsweise entstehen, wenn ständig Leute in der Wohnung duschen. „In einem anderen Fall war auch Angst mit im Spiel, wenn rund um die Uhr in einer Nachbarwohnung lautstark verhandelt und gestritten wird.“ Positiv wertet Antje Buck, dass die Personen, die solche Vorfälle melden, offenbar Vertrauen zum Team der Gleichstellungsstelle haben.
Mülheimer Ordnungsamt: Menschenhandel verfolgen
In Mülheims größerer Nachbarstadt Essen können Fälle von unerlaubter Prostitution über ein Serviceportal direkt online dem Ordnungsamt angezeigt werden – versehen mit dem rechtlichen Hinweis, dass unrichtige Anzeigen „schwerwiegende Folgen“ nach sich ziehen können. In Mülheim gibt es ein solches Online-Formular nicht.
Das Ordnungsamt plant im laufenden Jahr weitere Überprüfungen, um verbotene Prostitution aufzuspüren. Angesichts der jüngsten Fälle heißt es dort: „Es zeigt sich erneut, wie wichtig diese Art von Kontrollen zur Durchsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes und zur Verfolgung von Menschenhandel und Zwangsprostitution sind.“