Gelsenkirchen-Buer. Für das Gelsenkirchener Denkmal hat sich ein Investor gefunden, der dort Unkonventionelles plant. Auch fünf Wohngebäude werden veräußert.
Das „Geschäft“ der Kirchen ist die Ewigkeit – und (fast) genauso lange scheint es mitunter zu dauern, ein aufgegebenes Gotteshaus zu verkaufen. Dass es auch anders gehen kann, zeigt das Beispiel St. Ludgerus an der Horster Straße am Stadtrand von Buer. Erst vor rund vier Monaten hat die Pfarrei St. Urbanus den konkreten Schließungstermin Ende 2023 verkündet. Nun meldet sie überraschend: Es hat sich ein Investor gefunden. Und der plant Neues und Altes zugleich.
Eigentlich hatten sich die Verantwortlichen darauf eingestellt, dass eine Vermarktung zumindest „schwierig“ werden würde, gibt Pfarrei-Sprecher Ludger Klingeberg zu. Schließlich handelt es sich bei der 1915 konsekrierten katholischen Kirche samt Inventar um ein Denkmal, dessen Umbau in der Regel mit großen und eher kostspieligen Auflagen verbunden ist. Umso erstaunlicher mag es wirken, für welchen Zweck es der neue Eigentümer nutzen will: Der Herner plant, dort ein privates Oldtimer-Museum einzurichten.
Investor plant, in Gelsenkirchener Kirche Technik-Kurse für Jugendliche anzubieten
Allzu privat soll es freilich nicht bleiben: Vorgesehen sei, in dem Denkmal auch Technik-Kurse für Jugendliche und junge Erwachsene anzubieten und weitere Veranstaltungen durchzuführen. „Damit bleibt die Kirche zumindest in Teilen weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich“, freut sich Klingeberg, der mit zum ehrenamtlichen Leitungsteam des Standorts zählt, über den „großen Erfolg“. Denn so werde ein Leerstand, „wie er bei anderen denkmalgeschützten Kirchen in Gelsenkirchen und im ganzen Bistum Essen bereits häufiger vorgekommen ist, verhindert.“
Der Kirchenraum selbst soll zum größten Teil im bisherigen Zustand erhalten bleiben. Eine Ausnahme bilden die für den Museumsbetrieb notwendigen Einbauten wie Sanitäranlagen und Zufahrtsmöglichkeiten: Dort seien entsprechende Umbauten nötig, heißt es in einem Brief, der am Wochenende in St. Ludgerus verlesen wurde.
Herner Käufer will Teil des Gotteshauses in Gelsenkirchen für sich als Wohnung nutzen
Weitere Baumaßnahmen sind darüber hinaus in der Sakristei und bei einem Teil der Apsis vorgesehen, also bei dem im Grundriss halbkreisförmigen Raumteil, der an das Hauptgebäude anschließt und von einer Halbkuppel überwölbt wird. Denn der neue Eigentümer ist so begeistert von der Kirche, dass er diesen Bereich für sich selbst als Wohnung nutzen will.
Die Sakristei befindet sich mit ihrem Mobiliar, den Holzvertäfelungen und Glasmalereien an den Fenstern noch weitgehend im Originalzustand von 1915 und gilt als Schmuckstück des Gotteshauses. Fachleute zählen den neoromanischen Bau mit seinen Jugendstil-Elementen zu den bedeutendsten ihrer Art im Revier. Entworfen hatte ihn einst der Kölner Architekt Georg Spelling.
Fünf Wohngebäude in Gelsenkirchen-Buer sollen an Firma aus Waltrop verkauft werden
Unterschrieben ist der Vertrag nach Angaben von Klingeberg noch nicht, „wir sind aber auf einem sehr guten Weg“, teilte er auf Nachfrage der Redaktion mit. Nach aktuellem Planungsstand soll der Verkauf zum 1. Juli vollzogen werden – und damit deutlich vor dem geplanten Schließungstermin Ende November. In Absprache mit dem Investor sollen aber die bereits terminierten Gottesdienste wie Taufen und Trauungen und auch der Abschiedsgottesdienst am 26. November wie geplant stattfinden können.
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Auch für einige angrenzende Wohnhäuser der Pfarrei zeichnet sich eine Veränderung ab: Eine aus Waltrop stammende Firma will drei Mehrfamilienhäuser an der Ludgeristraße 1 bis 5, darunter auch das Pfarrhaus samt Gemeindebüro, ein Einfamilienhaus an der Franzstraße 9 sowie das einstige Jugendheim an der Düppelstraße 12 noch in diesem Jahr erwerben. Dabei handele es sich um fast 100 Jahre alte Gebäude mit Investitionsbedarf, so Klingeberg.
Kindergarten und Gemeindezentrum bleiben im Eigentum der Pfarrei St. Urbanus
Drei der acht Einheiten im Komplex Ludgeristraße 1 bis 5 sind noch bewohnt, zwei werden als Büroräume genutzt, drei von ihnen stehen leer; auch der zweigeschossige Bau an der Düppelstraße 12 sowie das Einfamilienhaus an der Franzstraße 9 hinter dem Kindergarten sind nicht mehr bewohnt. Letzteres soll abgerissen werden, so Klingeberg weiter. Im recht großzügigen Garten hinter der Ludgeristraße sei unterdessen ein Neubau geplant.
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Die Kindertageseinrichtung und das Gemeindezentrum verbleiben hingegen im Eigentum der Pfarrei „und bleiben weiterhin geöffnet“, betont St. Urbanus. Auch die Seniorenwohnungen an der Horster Straße 124 sind nicht vom Verkauf betroffen.
Bei den Ende 2022 angekündigten Veranstaltungen zum Abschied-Nehmen von St. Ludgerus soll es derweil bleiben. Ein „Fahrplan“ soll nach Ostern vorgestellt werden. Fest steht aber schon jetzt: Es wird das letzte Mal sein, dass die Gläubigen das Osterfest in St. Ludgerus feiern können. Insofern spricht die Pfarrei die Einladungen mit besonderem Nachdruck aus zur Osternacht an Karsamstag, 8. April, 21 Uhr, zum Gottesdienst an Ostersonntag, 9. April, 11.30 Uhr (mit Kirchenchor) und zur Wort-Gottes-Feier mit Familien an Ostermontag, 10. April, 10 Uhr.