Gelsenkirchen. Die Katholische Jugendsozialarbeit Gelsenkirchen baut in einem Projekt mit Jugendlichen Tiny-Häuser. Sie sollen eine besondere Funktion haben.

„Ein Haus bauen, das trägt erheblich zum eigenen Wachstum bei. Das ändert wirklich Welten“, sagt Holger Ott, Geschäftsführer der Katholischen Jugendsozialarbeit Gelsenkirchen. Er wisse, wovon er redet, sagt er und verrät, er habe als junger Mann auch im Rahmen eines sozialen Projektes ein Haus gebaut. Jetzt sind es „seine“ jungen Menschen, die Hand anlegen. Für sie ist der Bau von ganz kleinen Häusern ein ganz großes Projekt. Darin nämlich werden irgendwann wirklich Menschen leben.

Ein erstes Tiny House ist gerade fertiggestellt. Es ist mehr ein Übstück – und auch nicht ganz selbst gebaut. Der Baukörper steht schon länger auf dem Hof der gemeinnützigen GmbH. „Den haben wir von innen gedämmt und den ganzen Trockenausbau gemacht“, erzählt Oskar Apel. Er ist einer der jungen Leute, die kommen, weil sie Schwierigkeiten haben, ins Berufsleben zu finden. Für ihn ist der Hausbau eine nachhaltige Erfahrung und ein persönlicher Erfolg, das spürt man gleich.

In den Gelsenkirchener Mini-Häusern entsteht Platz für Menschen ohne feste Bleibe

Alles haben die Teilnehmer selbst und genau passend gebaut: das Bett, einen kleinen Tisch, die kleine Nasszelle, die so nass gar nicht werden kann. Das Mini-Haus ist mobil, hat daher keinen Anschluss an die Kanalisation und somit nur eine Chemie-Toilette und einen Wassertank am Waschbecken, unter dem das Wasser in einem zweiten Tank aufgefangen wird. Und doch ist das kleine Appartement ganz gemütlich. So soll es auch sein. Denn künftig steht es jungen Menschen ohne feste Bleibe als Schlafstelle zur Verfügung.

Nail Kaypak und Oskar Apel zeigen: Auch in dem Tiny House findet alles seinen Platz.
Nail Kaypak und Oskar Apel zeigen: Auch in dem Tiny House findet alles seinen Platz. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Oskar Apel hat also Gutes getan – für die ihm unbekannten Menschen in Not und für sich selbst. Ihn hat es bestärkt in dem Wunsch, Tischler zu werden. Gerade ist er auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. „Ich habe für meine Arbeit am Tiny House auch ein Zeugnis bekommen, das kann ich zu meiner Bewerbung packen“, sagt er, der so souverän wirkt. Doch: „Ich war zwei Jahre arbeitslos. Hier habe ich wieder das Leben in und mit Strukturen gelernt und dazu viele handwerkliche Fähigkeiten.“

Gebaut wird in Gelsenkirchen demnächst in der Kirche St. Georg

Wenn er, wie er hofft, zum August einen Ausbildungsplatz findet, geht er auch mit ein bisschen Wehmut. Denn nach dem ersten Tiny House entstehen in einer improvisierten Werkstatt der KJS demnächst zwei Mini-Doppelhäuser im Modulbau-Prinzip zur Aufstellung auf dem Gelände der Kirche St. Michael in Hassel.

An diesem Projekt ist vieles spannend. Zum einen, dass die jungen Teilnehmenden der KJS hier wirklich alles selbst bauen und von Hand. Zum anderen, dass die Module in einer Baustraße in der Kirche St. Georg am Innenstadtrand entstehen. Außerdem werden die Häuschen Raum für ein alternatives Wohnprojekt mit sozialer Begleitung durch die Caritas bieten. „Die Häuser haben eine Holzfassade, wahrscheinlich aus Natur-Lärche“, verrät Matthias Czarnetzki, Werkpädagoge und Tischlermeister.

Matthias Czarnetzki leitet die Maßnahme.
Matthias Czarnetzki leitet die Maßnahme. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„Drinnen findet sich alles, was man braucht: eine Nasszelle mit Dusche, eine Küche, ein Wohn- und Schlafbereich – und das alles auf 15 Quadratmetern.“ Sobald der Bauantrag genehmigt ist, sollen die Arbeiten beginnen, sollen die Bauteile in der einen Kirche gefertigt werden und dann neben der anderen Kirche aufgebaut werden. Das große Ziel ist, das in diesem Jahr zu schaffen.

Das Hausbauprojekt vermittelt viele Fertigkeiten

Läuft es für ihn persönlich gut, wird Oskar Apel das nur aus der Ferne mitverfolgen können. Das will er aber auf jeden Fall. Schon jetzt, bevor der Bau begonnen hat und die jungen Leute nur die Baustraße in der Kirche vorbereitet haben, fühlt er sich dem Projekt sehr verbunden.

Damit hat die KJS ihr Ziel erreicht, meint Holger Ott. „Wir haben ja am Ende ein Ergebnis, das andere für teures Geld bei einem Hausbauer bezahlen. Und jemand, der bei diesem Projekt jeden Bauschritt begleitet hat, kann sich selbstbewusst auf den Weg machen, Zimmerer zu werden oder Tischler.“