Fröndenberg. Am Amtsgericht Unna werden Bilder eine Polizei-Bodycam abgespielt. Im Mittelpunkt der Aufnahmen steht ein Fröndenberger.

Barfuß und nur in Unterwäsche führen Polizeibeamte im Juli 2021 einen Fröndenberger aus einer Wohnung in den Streifenwagen. Allerdings nicht ohne Gegenwehr und Beleidigungen und unter Protest der Mutter. All das, weil der 23-Jährige gleich mehrfach nicht zu einem Gerichtstermin erschienen ist. Am Amtsgericht Unna ist er deshalb nun zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Spuckhaube im Streifenwagen

Zwei Mal war der junge Fröndenberger nicht zu Terminen erschienen. Diesmal führen ihn Beamte direkt aus der Justizvollzugsanstalt vor. Auch Cousinen und Freunde nehmen im Zuschauerbereich des Saals Platz. Angeklagt ist er, weil er im Rahmen eines Haftbefehls zu einem Termin vorgeführt werden sollte. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlicher Angriff und Beleidigungen sind gelistet. Mehrere Beamte mussten ihn laut Anklage mit Pfefferspray bändigen und abführen. Die Vorwürfe räumt der Fröndenberger über seinen Anwalt ein, wenngleich nicht so drastisch wie geschildert. Fragen zu seinem Beruf und Einkommen lässt der 23-Jährige unbeantwortet: „Da sag’ ich nix zu.“

Einer der Beamten zeichnet ein ähnliches Bild wie die Staatsanwaltschaft. Er und ein Kollege standen demnach in einem dunklen Raum der Wohnung. „Es ging direkt richtig ab. Er war hochgradig aggressiv.“ Nur mit Pfefferspray konnten sie den Angeklagten überwältigen. An einen direkten Angriff könne sich der Beamte aber nicht erinnern. „Es ging alles ziemlich schnell“, sagt der Polizist. Unter Protest der Mutter, die zeitgleich den gesetzlichen Betreuer des 23-Jährigen am Telefon hat, führen sie den fluchenden Fröndenberger in den Streifenwagen. „Im Streifenwagen hat er dann auf den Boden gerotzt.“ Deshalb habe man sich auch dazu entschieden, ihm eine Spuckhaube überzuziehen. „Erst auf der Dienststelle im Zellentrakt wurde es ruhiger“, erinnert sich der Polizist. Dort habe sich der Angeklagte schließlich auch entschuldigt.

Bodycam-Aufnahmen des Einsatzes

Für den Anwalt des 23-Jährigen unverständlich, warum der Betreuer mit den Beamten nicht habe sprechen können, um die Situation möglicherweise zu deeskalieren. Doch das diene in einer solchen Lage unter anderem der Eigensicherung, erklärt der Beamte. Noch dazu habe man im Vorfeld nicht gewusst, dass es überhaupt einen gesetzlichen Betreuer gibt. „Meine Aufgabe ist es, die Maßnahme der Justiz zu vollstrecken.“

Es ist nicht das erste Mal, dass der junge Mann mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Diebstahl, Handel mit Betäubungsmitteln, Körperverletzung, Bedrohung, tätlicher Angriff gegen Vollstreckungsbeamte, versuchter schwerer Raub stehen im Vorstrafenregister.

Die Mutter des Fröndenbergers erinnert sich noch gut an den Morgen im Juli 2021, als die Beamten gegen 10 Uhr in die Wohnung kamen und die Räume durchsuchten. „Man hat mich nicht in seine Nähe gelassen. Ich hatte das Gefühl, dass ich sterben würde“, sagt sie. Geschockt von dem Erlebnis habe sie nach der Festnahme erst einmal zum Arzt gehen müssen. Im Prozess werden dann auch die Aufnahmen der Bodycam eines Polizisten abgespielt, allerdings ohne eine Tonspur. Von Pfefferspray benommen steht der junge Mann nur in Unterwäsche in einem dunklen Raum, seine Mutter packt hastig einige Kleidungsstücke in einen durchsichtigen, kleinen Müllbeutel. Barfuß führen die Polizisten den 23-Jährigen durch den Flur, die Treppe hinunter und in den Streifenwagen. Was genau der Angeklagte zu den Beamten sagt, ist nicht zu hören. Warum die Aufnahme erst nach der Überwältigung des jungen Mannes einsetzt und nicht schon vorher, ist nicht zu klären.

Auch weil die Videoaufnahmen einen weniger aggressiven Eindruck vermitteln als zunächst angenommen, verurteilt ihn das Amtsgericht Unna schließlich zu einer Geldstrafe von 1400 Euro, der Haftbefehl wurde aufgehoben.