Mülheim. Der Streit um die neuen Gender-Leitlinien der Stadt Mülheim geht in die nächste Runde. CDU-Mann Capitain sieht sich durch Kritik „verunglimpft“.

Ist am Ende der CDU-Lokalpolitiker Eckart Capitain nur ein Opfer der Öffentlichkeit, die ihn „offensichtlich nicht verstehen“ will? Zumindest im Sozialausschuss stellte sich der Ratsherr, der als Bürger gegen den Genderstern in der Verwaltungssprache mit Anträgen vorging, als unverstandener Streiter für die Rechte der Verwaltungsmitarbeitenden und der Demokratie dar.

Nur hatte der CDU-Oberbürgermeister und auch der Personalrat zuvor erläutert, dass die von Capitain zu schützenden Angestellten und Beamten die Leitlinien weder selbst negativ bewertet hätten, noch seien negative dienstliche Beurteilungen im Zusammenhang mit dem Einhalten einer gendergerechten Sprache getroffen worden.

Personalrat bestätigt: keine Negativ-Beurteilung wegen nicht-gendergerechter Sprache

Noch hatte der Personalrat Bedenken gegen die Leitlinien geäußert – im Gegenteil: Selbst bei Nichtanwendung der Leitlinien, so teilte dieser in einer Stellungnahme mit, wäre dies „bezogen auf den Gesamtumfang der zu bewertenden Beurteilungskriterien in ihrem Gewicht letztendlich so marginal, dass die Absenkung einer Beurteilungsnote dadurch in keiner Weise zu rechtfertigen wäre“.

Selbst Capitains primärer Vorwurf, der Paragraf 4 des Landesgleichstellungsgesetzes sei nicht angewendet worden, löste sich in Wohlgefallen auf. Der §4 LGG besagt, dass in der dienstlichen Kommunikation die sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau zu beachten ist. Capitain behauptete, dass die überarbeiteten Genderstern-Leitlinien den Mitarbeitenden empföhlen, gegen ein aktuell gültiges Gesetz zu verstoßen.

Capitain klagt „Sterneköche der deutschen Sprache“ an

Dagegen – entgegnete OB Marc Buchholz in einer Stellungnahme – sei die nun gefasste „Erweiterung der sprachlichen Gleichstellung durch das Gendersternchen im Zuge der Integration aller Geschlechter“ gerade im Sinne des angewendeten Landesparagrafen „folgerichtig“.

In seiner offenbar vorverfassten Stellungnahme ging Capitain auf die Antworten der Stadt kaum ein, sondern warf „den Sterneköchen der deutschen Sprache“ stattdessen eine „ideologische Moraltheorie“ vor. Und beschrieb sich als mediales Opfer. Er werde für seine „Fragen öffentlich verhöhnt“, für die Inanspruchnahme seiner Bürgerrechte „öffentlich verunglimpft“ und dafür „angegangen“, dass er für die Einhaltung von Gesetzen eintrete. „Ich setze mich dafür und für die Freiheit der Bürger ein und stelle mich den antidemokratischen Kräften entgegen.“

OB Buchholz: Gendersternchen respektieren Persönlichkeitsrechte

Freilich: Einen Beweis für den Verstoß der Leitlinien gegen Gesetz und Demokratie hat Capitain in nunmehr zwei Anträgen nicht erbracht, dafür aber unliebsame Kritik geerntet. Und den Dissens seiner eigenen Partei, die seine Anträge nicht stützt.

Im Gegenteil: Marc Buchholz, OB und nach Capitains Definition „Sternekoch“, sieht gerade die aktuellen Leitlinien als Ausdruck verfassungskonformen Sprachhandelns und des Respekts gegenüber dem demokratischen Grundgesetz: „Ihre Verwendung respektiert den personalen Achtungsanspruch aller bislang fehlerhaft oder gar nicht adressierten Rechtsunterworfenen – Frauen, Trans*, Inter* und non-binären Personen – in ihrer jeweiligen Geschlechtsidentität, welche zum Kern des Persönlichkeitsrechts aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes gehört.“