Oberhausen. Indra Lenzen ist Körperspenderin. Nach ihrem Tod könnte die Oberhausenerin Teil der „Körperwelten“ werden. Wieso sie diese Entscheidung traf.
„Wer, wenn nicht ich?“, antwortet Indra Lenzen lächelnd, wenn sie nach dem Grund ihrer Entscheidung gefragt wird. Die 44-Jährige Oberhausenerin hat sich dazu entschlossen, ihren Körper nach ihrem Tod dem Institut für Plastination in Heidelberg zur Verfügung zu stellen. Dann wird entschieden, ob ihr Körper für medizinische Zwecke genutzt oder präpariert in der Ausstellung „Körperwelten“ zu sehen sein wird. Die Präparate von Gunther von Hagens sind weltweit bekannt und kontrovers diskutiert. Die ausgestellten Körper stammen von Verstorbenen, die zu Lebzeiten ihr Einverständnis dazu gegeben haben.
Warum sie denkt, gerade ihr Körper wäre für beide Zwecke interessant, wird klar, als sie ihre Krankengeschichte erzählt. Schon mit 13 erkrankt sie nicht nur an Rheuma, sondern auch an einer Muskelerkrankung. Seitdem kann sie ihre Arme nicht mehr über die Schultern heben. Eine chronische Darmerkrankung und Lipödeme kommen mit den Jahren dazu. Und: „Ich leide unter Situs inversus. All meine Organe liegen spiegelverkehrt in meinem Oberkörper.“ Dieser besondere Umstand beeinträchtigt ihr Leben allerdings nicht. „Ich habe mein Herz am rechten Fleck“, kommentiert sie mit einem Augenzwinkern.
Indra Lenzen glaubt an den Nutzen ihres Körpers nach dem Tod
Gerade weil ihr Körper mit so vielen Krankheiten lebt, glaubt sie an seinen Nutzen nach dem Tod. „Ich habe die Hoffnung, dass auch wenn ich keine Heilung erfahren konnte, die Medizin in Zukunft so weit ist, dass sie vielleicht nützliches Wissen aus meinem Körper ziehen kann, wie die Krankheiten miteinander agiert haben beispielsweise.“ Sie selbst habe sich dank Zeit und Lebenserfahrung mit ihren Krankheiten arrangiert, sie sogar angenommen. Ihre leibliche Tochter ist fast 19. „Früher habe ich mir Gedanken gemacht, ob ich ihr etwas vererben könnte. Es ist alles gut gegangen, meine Tochter ist topfit. Doch ich wollte das Glück nicht herausfordern. Vor 16 Jahren habe ich mich deshalb sterilisieren lassen.“
Von der medizinischen Verwendung abgesehen kann sie sich ihren Körper auch gut als Ausstellungsstück vorstellen. „Ich glaube, es könnte interessant sein, besonders meine spiegelverkehrten Organe darzustellen“, erklärt sie. Ausstellen lassen würde sie sich sogar unter Nennung ihres Namens. „So könnten meine Angehörigen mich besuchen, wenn sie wollen würden.“
Oberhausenerin ist fasziniert von der Plastination
Ein kleines, unscheinbares Plastikkärtchen in ihrer Brieftasche, gleich neben Personalausweis und Bankkarte, ist alles, was sie tagtäglich an diesen ungewöhnlichen Entschluss erinnert. „Wenn ich sterbe, reicht ein Anruf und dann bin ich weg“, erklärt sie das Vorgehen. „Meine Familie muss nur anrufen und sich nicht um eine Beerdigung kümmern. Ich bin niemandem eine Last.“
Leser-Rabatt für die „Körperwelten“ in Mülheim
Die Ausstellungen „Körperwelten“ und „Terrakotta-Armee“ gastieren momentan in Mülheim. In Kooperation mit der FUNKE Mediengruppe findet vom 18. bis zum 20. Juni ein exklusives Leserwochenende statt. Das „2 für 1“-Special bietet unseren Lesern einen Rabatt von 50 Prozent auf den Eintrittspreis für Erwachsene. Für 19,50 Euro statt 39 Euro können beide Ausstellungen besucht werden. Tickets und Zeitfensterbuchung sind unter www.wir-lieben-tickets.de oder im Leserladen möglich.
In der „Körperwelten“- Ausstellung war die Oberhausenerin allerdings noch nie. „Vor zwei Jahren habe ich ein Plakat für die Ausstellung gesehen und fand die Idee direkt spannend“, erinnert sich die 44-Jährige. Während einer Internet-Recherche informiert sie sich über die Plastination – also das Vorgehen, wie menschliche Körper präpariert und konserviert werden. „Einfach faszinierend“, erklärt sie ihre Begeisterung. Eine E-Mail und ein ausgefüllter Bogen mit körperlichen Angaben später liegt ihr Ausweis und eine Informationsmappe im Briefkasten. Das ist mittlerweile zwei Jahre her.
„Für mich ist mein Körper nur eine Hülle“
„Ich stehe komplett hinter der Entscheidung und meine Familie akzeptiert das“, weiß Indra Lenzen, die in der Buchhaltung eines Schweißerausbildungsbetriebs in Oberhausen arbeitet. Ihre Freunde hätten mit einer Mischung aus Respekt und Neugier reagiert. Noch hat sie jederzeit die Möglichkeit, ihre Körperspende zu widerrufen. „Dass ich noch einen Rückzieher mache, glaube ich aber nicht.“ Ethische oder religiöse Bedenken hatte sie nie. „Für mich ist mein Körper nur eine Hülle. Was danach damit passiert, bekomme ich sowieso nicht mit. Dann kann er doch lieber noch nützlich sein, als nur unter der Erde zu liegen.“