Gelsenkirchen. Öffentliche Toiletten: Wer in der Gelsenkirchener City oder der Buerschen Innenstadt zum WC muss, gerät oftmals in Not. Was Akteure vorschlagen.

Schwierig war sie bisweilen in den vergangenen Monaten, die Suche nach Toiletten in den beiden Zentren von Gelsenkirchen, wenn nicht gar unmöglich. Die Gastronomie geschlossen, öffentliche Toiletten geschlossen, kein WC nirgends – das kann sehr unangenehm werden, nicht nur für Menschen mit Blasen- oder Darmerkrankungen.

Öffentliche Toiletten in Gelsenkirchen: Wie können die Probleme gelöst werden?

Und am Ende ist erneut klar: Corona hat einmal mehr zutage gebracht, wo die Probleme liegen. Und eines ist sicherlich der Umgang, Zustand, die Bedingungen, unter denen ein Gang zur Toilette in der City und in Buer überhaupt möglich oder eben nicht ist. Das war auch schon vor der Pandemie so.

Bei zahlreichen Bürgern in einigen Quartieren ist die „Toilettennutzung“ beim Bummel durch die Stadt, beim Einkauf in der City, schon lange Thema. „Ja, die Situation ist besser geworden, vor allem dadurch, dass die Gastronomie wieder öffnen kann“, sagt Wilfried Reckert vom Quartiersnetz Buer Ost.

Der Seniorenvertreter sagt aber auch, und das ganz klar: Man könne ein viel breiteres Angebot schaffen, es sei nicht langfristig genug gedacht worden. Die Situation sei teilweise deprimierend, auch, wie eigentlich mit den öffentlichen Örtchen umgegangen werde. Reckert spielt an auf den Vandalismus – ein Beispiel? Allein seit April 2020 musste die Stadt Gelsenkirchen 24 Schäden an der WC-Anlage am Heinrich-König-Platz beheben. Kostenpunkt: 200 bis 300 Euro pro Schadensfall, einmal kostete das Richten eines Türblatts 700 Euro. Da kommt schon was zusammen. [Lesen Sie auch:Toilette am Heinrich-König-Platz – immer wieder teure Schäden]

Bürger und Akteure bringen das Konzept der „netten Toilette“ als Vorschlag ein

„In meiner so wunderbaren Stadt steht ein oft und lange defektes WC am Heinrich und am Bahnhof zur Verfügung. Zum Glück dürfen ja die Geschäfte wieder ohne Test und Termin öffnen und „Galeria Kaufhof“ steht mittig zwischen Heinrich und Bahnhof mit einem sauberen WC und einer freundlichen Servicedame zur Verfügung“, schreibt uns unsere Leserin Birgitta Neuberg. Und sie schreibt auch: „Das kann aber meines Erachtens nicht die Lösung sein!“

Anfrage zu öffentlichen WCs in der Bezirksvertretung

Das Thema öffentliche Toiletten stand bereits auf der Tagesordnung der Bezirksvertetung Nord. Daniel Schliefke, SPD-Bezirksverordneter in der Bezirksfraktion, hatte die Verwaltung um eine Stellungnahme zur Situation der WCs in der Buerschen Innenstadt gebeten.Eine Frage Schliefkes: „Schätzt die Verwaltung das Angebot an aktuell öffentlich zugänglichen Toiletten als ausreichend ein?“ Die Verwaltung antwortete mit einem Wort: „Ja“. Seniorenvertreter Wilfried Reckert nannte diese knappe Antwort „lapidar“ und unter den gegebenen Umständen „zynisch“. „Die Seniorenvertreterinnen/Nachbarschaftsstifter erwarten nachhaltige und ernsthafte Konzepte, um dem Problem in einer älter werdenden Stadtgesellschaft zu begegnen“, fordert Reckert.

„Seit 2013 mache ich auf die unzureichende Toilettensituation in Gelsenkirchen aufmerksam“, sagt auch WAZ-Leserin Anne Winnen. Innerhalb der Bevölkerung würden nach ihrem Stand etwa 20 Prozent der Menschen an einer Darmerkrankung leiden. „Diesen Menschen ist ein Besuch der Innenstadt unmöglich“, sagt Anne Winnen. Ihre Idee: Das Konzept der „netten Toilette“.

Händler und Gastronomen bieten ihre Sanitäranlagen zur öffentlichen Nutzung an

Eine Anregung, die Wilfried Reckert gemeinsam mit anderen Akteuren aus dem Quartiernetz, nun in Politik und Verwaltung einbringen will. Man wolle die Verwaltung anschreiben, den Vorschlag machen, mit Geschäftsleuten und Handel gemeinsam erarbeiten, wie eine solche Idee zu realisieren sei. Noch in dieser Woche will Reckert das Schreiben aufsetzen. Er gibt klar die Richtung vor: „Wir wollen konkrete Verbesserungen und Ideen vorbringen.“

Das Konzept der „netten Toilette“: Händler oder Gastronomen in der City und in Buer würden ihre Sanitäranlagen zur öffentlichen Nutzung anbieten. Die Stadt würde dabei unterstützend bei der Finanzierung mitwirken, mit einer Art Aufwandsentschädigung. So würde für die Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener ein flächendeckenderes Angebot an Toiletten entstehen. [Lesen Sie auch:Einkaufen in Gelsenkirchen – schwierige Suche nach Toiletten]

Begeisterung der Gastronomen vor Ort hält sich in Grenzen

Die Initiatoren der „netten Toiletten“ machen für ihre Heimatstadt Aalen übrigens folgende Rechnung auf: Die Unterhaltskosten einer öffentlichen Toilette würden den Zuschüssen für 30 gastronomiebetriebene Toiletten entsprechen, heißt es auf der Homepage. Und: Nach einer Anlaufzeit konnten dort alle städtischen Toiletten geschlossen werden.

„Die Begeisterung bei den Gastronomen hält sich leider in Grenzen“, weiß City-Managerin Angela Bartelt nach ersten Gesprächen, die sie schon vor dem Beginn der Corona-Pandemie geführt hatte. Das Konzept der „netten Toilette“ sei mit viel und sehr großem Aufwand verbunden, die Entschädigung würde in keinem Verhältnis dazu stehen, ist das Empfinden der Menschen vor Ort. „Das Interesse ist überschaubar“, so Angela Bartelt weiter.

Die Lage entspannt sich wieder, die Situation ist besser geworden

Ein weiterer Punkt: Die Kontrolle darüber, dass die WCs in einem guten Zustand sind und bleiben. Das sei dann eine zusätzliche Aufgabe der Gastronomen, die sie teilweise nicht leisten können oder wollen, so Angela Bartelt. Das Problem des Vandalismus, des nicht pfleglichen Umgangs mit den Toiletten an sich, es bleibt. Stadtsprecher Martin Schulmann sieht darin ein „fortwährendes Problem“, das nicht erst mit Beginn der Pandemie aufgetreten ist.

„Die Lage entspannt sich jetzt wieder“, sagt Citymanagerin Bartelt ebenfalls, mit Blick auf die fortschreitenden Öffnungen und Lockerungen in den Bereichen Gastronomie und Handel. Das sieht auch Wilfried Reckert so: „Die Situation ist besser geworden“, sagt er. Das sei durchaus schon – wenn auch nur eine kleine – Erleichterung.