Oberhausen. Die jazzige Herbstsaison im Gdanska startete mit einer rauschenden Latin-Party. Als Kontrast gab’s verträumten Modern Jazz, originell besetzt.

Den Spruch kennt jeder echte Ruhri: „Wennse nich brav bist, hat der Popo Kirmes.“ Was die Jazzfans im, jawohl, rappelvollen Gdanska ernst nahmen, brav ihre Impf-Nachweise zückten und deshalb keine Kirmes, sondern zum Auftakt der Herbstsaison ein hochtouriges „Jazzkarussell“ mit einer rauschenden Latin-Party erlebten.

Etwas unerwartet erwies sich die multinationale Combo „Los Pipos“ nämlich als formidable Entdeckung, die eine perfekt ausbalancierte Mischung aus kubanischen Klassikern, so von Ernesto Lecuona, und groovigen Originals mit feuriger Verve servierte. Klar, dass die charmante Sängerin Ysa Bermejo alle Augen auf sich zog. Doch die Ohren konzentrierten sich vor allem auf zwei imposante Begleiter: den erst 19-jährigen Reinel Ardiles Lindemann, der bemerkenswert reif das brodelnde Geschehen am Flügel begleitete, und den mexikanischen Trompeter Geo del Valle Miranda, dessen leuchtende Strahlkraft an die besten Zeiten des kubanischen Pustefix Arturo Sandoval erinnerte. Kein Wunder also, dass die geballte Klangpracht von „Los Pipos“ die begeisterten Zuhörer rasch aus dem Gdanska-Gestühl riss und so mancher Popo doch noch Kirmes hatte – halt hüftschwenkend in tropischer Ekstase.

Ein verträumtes Vergnügen im kuscheligen Gdanska

Ein Freudenfest ganz anderer Art bot eine Woche später dann das „Harald Köster Quartett“ vor intimer Kulisse allzu weniger Freunde moderner Jazz-Kunst. Über das Warum kann man nur rätseln, denn schon im Vorfeld versprach die originelle, schlagzeuglose Besetzung mit Posaune, Akkordeon, E-Bass und Piano besondere Klanggemälde. Was der im Dunklen am Flügel sitzende Bandleader mit seinen delikat strukturierten Kompositionen prompt bestätigte.

Da legte Achim Hartmann mit schnörkelloser Posaune immer wieder schöne Melodiebögen aus, die Miroslaw Tybora am flirrenden Akkordeon sanft kontrastierte. Mit leichthändiger Eleganz tupfte Harald Köster dazu erinnerungsselige Motive, die vom gelassen pulsenden E-Bassisten Jörn Brackelsberg durch Zeit und Raum getragen wurden. Ein verträumtes Vergnügen, das man im kuscheligen Gdanska ganz entspannt genoss. Und sich nun auf das „Reunion 4tet“ freut, das am Donnerstag, 28. Oktober, mit seinem „Tribute to Blue Note“ samt einschlägiger Hits von Herbie Hancock & Co. hoffentlich mehr Zuhörer zum „Jazzkarussell“ lockt.