Oberhausen. Laub verstopft die Straßen und macht die Gehwege rutschig – das Institut Fraunhofer Umsicht forscht nach Wegen, aus Blättern Energie zu gewinnen.
Im ersten Pandemiejahr 2020 hat Deutschland die gigantische Menge von 560 Terawattstunden an Strom verbraucht – und wird bereits in den nächsten acht Jahren 140 Terawattstunden mehr an Elektrizität benötigen, das ist ein Plus von 25 Prozent: 700 Terawattstunden. Denn die meisten Schutzmaßnahmen gegen den für die Menschheit gefährlichen Klimawandel setzen auf Strom (Autos, Wärmepumpen) – und das möglichst erzeugt mit erneuerbaren Energien.
Deshalb sind in diesen Tagen alle Forschungsprojekte so wichtig, die versuchen, aus allen möglichen Naturphänomenen ohne zusätzliche Belastung des Klimas mit Kohlendioxid Strom und Wärme zu erzeugen. Aus Sonnenlicht, aus Wind, aus Holzabfällen kann man professionell Energie für Privathaushalte und Gewerbe gewinnen – das zeigt im Stadtgebiet die Energieversorgung Oberhausen (EVO) mit ihrem Bio-Heizkraftwerk in Sterkrade und dem Solardach auf der EVO-Zentrale in Alt-Oberhausen hinlänglich.
Aber ist es auch möglich, aus den Laubbergen im Herbst beständig und verlässlich Strom und Wärme für Heizungen zu gewinnen? Daran forscht ein ganzes Team in Oberhausen – das Fraunhofer Institut versucht, aus den Blätterbergen der Städte Energie zu zaubern.
Die Wissenschaftler streben eine Lösung für mehrere Probleme an. Die Laubberge auf den Gehwegen, Straßen und in den Vorgärten bedeuten Rutschgefahr und sind nicht nur bei Bürgern unbeliebt, sondern auch bei den Städten selbst. Erst müssen Frauen und Männer der Wirtschaftsbetriebe die gigantischen Mengen an Blätter-Abfall wegfahren, dann werden sie irgendwo gelagert, quasi als großer Komposthaufen, doch dann verrotten die meisten Blätter selbst in richtigen Kompostieranlagen erst nach vielen, vielen Jahren. Saisonal fallen in deutschen Städten immerhin zwischen 620.000 und 740.000 Tonnen Laub an – das ist mehr als die jährliche Gesamtmenge an Abfall der Millionenstadt Köln.
Allerdings kann man die toten Blätter der Bäume nach einer gewissen Trocknungszeit sehr gut verbrennen – sie sind klimaneutral recht energiereich. Dieser Eigenschaft gehen die Forscherinnen und Forscher am Umsicht-Institut in ihrem Projekt „LaubCycle“ auf den Grund. Das Ziel: einen geschlossenen Kreislauf für die kommunale Verwertung von Laub entwickeln – und vielleicht die Stromquelle der Zukunft entdecken.
Strom aus Laub wäre klimaneutral und kommunal erzeugbar
Eine Herausforderung bei der Verbrennung ist jedoch die Zusammensetzung der Blätterhaufen: Am aufgesammelten Laub haften Erde, Sand oder Steine. Zudem ist das Laub häufig feucht. Beim Verbrennen kommt es dann oft zu einem erheblichen Ascheanteil – im Extremfall bis zu 50 Prozent. Um konstant einen günstigen und nachhaltigen Brennstoff zu erhalten, werden daher Aufbereitungs- und Lagerungsverfahren untersucht.
Das Besondere am Projekt-Ansatz ist, „dass Kommunen den Stoffstrom Laub potenziell in einem
Drei Akteure am Projekt Laubcycle beteiligt
Am Projekt Laubcycle sind drei wichtige Akteure beteiligt: Das Fraunhofer Institut Umsicht ist zuständig für die Methoden der Lauberfassung, der Optimierung der Technologien sowie der Analysen und Bewertungen.Im Stadtgebiet Schortens werden Erfassung, Aufbereitung und energetische Nutzung des Laubs am Beispiel dieser niedersächsischen Kommune untersucht. Das Biomasseaufbereitungsunternehmen Franz-Josef Kipp GmbH & Co. KG bringt seine Expertise zur Aufbereitung und Lagerung von Biomassen zur Herstellung eines biogenen Brennstoffs ein.
geschlossenen Kreislauf führen können“, erklärt Dr. Esther Stahl, Leiterin der Abteilung strategische Projekte am Fraunhofer Umsicht. Die Städte können lokal vor Ort je nach Bedarf Wärme und Strom für Haushalte produzieren – und die nährstoffreiche Asche als Dünger einsetzen.
Doch bis dahin müssen die Forscher noch einen weiten Weg zurücklegen: Sie erproben derzeit in Praxistests, wie viel Qualm und Emissionen entstehen, wenn Laub unterschiedlicher Qualität verbrannt wird. Zudem werden Laub und Asche ausführlich analysiert. Das Bundeswirtschaftsministerium hält das Umsicht-Projekt „LaubCycle“ für so vielversprechend, dass es mit dem Geld aus dem Ministeriumsetat gefördert wird. -ps/ksim