Gelsenkirchen-Buer. Gelsenkirchener Gymnasien MPG und AvD legen Sportstunden in den Abend, da Kapazitäten nicht reichen. Politik hofft auf Hilfe von Land und Bund.
Erster sein: Darum geht’s beim Sport. Am Max-Planck- und am benachbarten Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium in Buer wird seit Jahren aber andersherum ein Schuh draus, wenn auch wider Willen.
Weil die Turnhallen-Kapazitäten nicht ausreichen für die vielen Kinder und Jugendlichen, steht bei etlichen Oberstufenschülern das Fach Sport erst abends auf dem Stundenplan. Da ist dann „Letzter sein“ Realität. „Unhaltbar“ findet das die Große Koalition im Rat und leitet erste Schritte ein, diesen lange erkannten Missstand abzustellen – und einen Neubau ins Auge zu fassen.
Gemeinsame Halle für zwei Gelsenkirchener Gymnasien soll spätestens 2025 stehen
„Wir möchten noch in diesem Jahr Geld für die Planungskosten bereitstellen, damit die Verwaltung ausloten kann, welche Anforderungen eine neue Halle erfüllen muss, wo der ideale Platz dafür ist und wie teuer der Neubau werden könnte“, so Markus Karl, Stadtverordneter und bildungspolitischer Sprecher der CDU, der das Thema im Bildungsausschuss schon lange verfolgt.
Unterstützt wird er darin nun von Ulrich Jacob, bildungspolitischer Sprecher der SPD. „Spätestens zum Ende der Wahlperiode würden wir gerne die Einweihung der neuen Turnhalle feiern“, gibt er das Ziel – also 2025 – vor. Schüler und Lehrer werden sich also noch in Geduld üben müssen.
Kleinere Gymnastikhallen sind für Mannschaftssportarten völlig ungeeignet
Wie groß der Handlungsbedarf ist, machen die Schulleitungen der Gymnasien deutlich: „Unsere Schulen verfügen beide jeweils über eine Einfachsporthalle und einen Gymnastikraum, der für sehr viele Sportarten viel zu klein ist“, stellt Charlotte Renner, kommissarische AvD-Leiterin, klar.
Erreichbar ist dieser jeweils nur über ein paar Treppenstufen, „deshalb ist die Unfallgefahr viel zu groß, wenn die Schüler etwa Geräte wie einen Barren in den kleinen Raum transportieren wollten“, betont MPG-Leiter Thomas Henrichs. Ausgestattet etwa mit nur einem Basketballkorb unter einer recht niedrigen Decke, seien die kleineren Hallen für viele lehrplanspezifische Vorgaben an einen Oberstufen-Grundkurs „völlig ungeeignet“.
Gutachten attestierte Stadt 2020, dass Hallenkapazitäten nicht ausreichen
„Mannschaftssportarten wie Volley- oder Basketball lassen sich dort nicht unterrichten. Deshalb sind wir gezwungen, für die Oberstufe zumeist die große Halle zu nutzen, um nicht Gefahr zu laufen, dass uns die die Möglichkeit, Sport als viertes Abiturfach anzubieten, wieder entzogen wird“, so Henrichs. So bleibe bei der Stundenplanung nichts anderes übrig, als Sport auch noch bis 21 Uhr anzusetzen, schließlich müssten die Hallenkapazitäten unter zahlreichen Klassen mit insgesamt 934 Schülern aufgeteilt werden. Am AvD sind es 681.
Wenn G9 im Schuljahr 2026/27 richtig durchschlage, werde die Situation noch prekärer, so Henrichs.
Der Stadtrat stimmt über das Projekt ab
In der Ratssitzung am Donnerstag, 25. März, will die Große Koalition mit ihrer Mehrheit für eine Einstellung der Planungskosten für den Turnhallen-Neubau in den aktuellen Haushalt votieren. Die Verwaltung soll dann die Anforderungen für das Gebäude erarbeiten und eine Kostenschätzung abgeben. Am Ende entscheidet die Politik über das Projekt.Die Große Koalition hofft bei der Abstimmung auch auf die Unterstützung von Bündnis 90/Die Grünen. Wie CDU-Stadtverordneter betont, haben auch sie einen entsprechenden Prüfantrag gestellt.
Warum nach Jahren des Stillstands nun Bewegung in das Thema kommt? Da ist zum einen das Gutachten zum Schulentwicklungsplan, das 2020 der Stadt als Schulträger attestierte: Die Sportflächen reichten bereits jetzt nicht aus, um die laut Lehrplan vorgesehenen Wochenstunden zu erteilen. Angemessen wären demnach für das AvD drei und für das MPG vier Halleneinheiten. Verschärft werde das Problem künftig auch noch durch die prognostizierte Erhöhung der Schülerzahlen in Folge des Zuzugs von Familien und wegen der geburtenstarken Jahrgänge, macht Jacob deutlich.
Politik hofft auf mehr finanzielle Unterstützung von Bund und Land
Er stellt zum anderen aber auch einen „Mentalitätswandel“ in der Politik, mitbedingt durch die Corona-Pandemie, fest. „Die ,schwarze Null’ wird nun in Frage gestellt. Dadurch entsteht mehr Spielraum für solche berechtigten Interessen.“
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Zudem hätten die Akteure vor Ort die „berechtigte Hoffnung, dass Gelsenkirchen bei der Bildungsfinanzierung stärker von Bund und Land unterstützt wird.“
Davon könnte dann auch der Vereinssport profitieren, so Karl. Denn wenn Schulen bis in den späten Abend die wenigen Hallen nutzen müssten, könnten Freizeitsportler nicht darauf zugreifen.
Wo eine neue Halle errichtet werden könnte? „Diese Frage wollen wir der Verwaltung überlassen“, sagt Jacob. Aber denkbar seien mehrere Optionen, von einer Vergrößerung der MPG-Einfachturnhalle Richtung Tartanbahn bis hin zu einem Teilabriss der maroden Aula, die beide Gymnasien nutzen.
„Das neue Gebäude könnte an den Bühnenbereich anschließen, so dass die Halle sowohl für Veranstaltungen als auch für Sport genutzt werden könnte“, meint Karl. Problem dabei: Der Eigentümer der Aula – ein Cross-Border-Leasing-Objekt – sitzt im fernen Amerika und müsste dem Vorhaben zustimmen. Für die Politiker der GroKo hätte diese Idee freilich den Charme, gleich zwei Probleme auf einmal zu lösen.