Oberhausen. Rund zwei Stunden lang ging es in St. Clemens Sterkrade um die Bundestagswahl 2021: Fünf Kandidaten stellten sich den Fragen der Katholiken.
Die Podiumsdiskussionen des Stadtdekanats der Katholiken mit den Wahlkandidaten hat in Oberhausen eine gute und lange Tradition. So entpuppte sich auch die jüngste Veranstaltung mit fünf Bundestags-Direktkandidaten als konstruktive Debatte in einem sachlichen Ton. Caritas-Direktor Michael Kreuzfelder und der Vorsitzende des Katholikenrates, Thomas Gäng, entfalteten am Donnerstagabend in der Kirche St. Clemens Sterkrade in ihren Fragen an die Politikerinnen und Politiker ein facettenreiches Themenspektrum.
Das Stadtdekanat begrüßte bei seiner Podiumsdiskussion Marie-Luise Dött (CDU), Dirk Vöpel (SPD), Stefanie Weyland (B90/Die Grünen), Roman Müller-Böhm (FDP) und Sascha H. Wagner (Die Linke) zu Austausch und Debatte: Gleich zu Beginn ging es um das wohl brisanteste sozialpolitische Thema im lokalen Umfeld: Jedes vierte Kind in Oberhausen wächst in Armut auf! Was kann man dagegen tun?
Für CDU-Politikerin Marie-Luise Dött liegt die Antwort in einer florierenden Wirtschaft und in einem starken Mittelstand, die gut bezahlte Arbeitsplätze bieten und in der Lage sind, den Sozialstaat und seine Transferleistungen angemessen zu finanzieren. Roman Müller-Böhm plädierte klassisch liberal für höhere Hinzuverdienstgrenzen, um die persönliche Leistungsmotivation der Eltern zu erhöhen. Dirk Vöpel und auch Stefanie Weyland sowie Sascha H. Wagner betonten da schon eher die Notwendigkeit einer zeitgemäßen staatlichen Kindergrundsicherung, die – in der Höhe je nach Einkommen gestaffelt – ein Abrutschen von Familien und Kindern in die Armut verhindert.
Ähnlich die Debattenlage beim Thema bezahlbarer Wohnraum – einen besonderen lokalen Akzent setzte dabei Dirk Vöpel, der klar darauf hinwies, dass es in Oberhausen nicht insgesamt an Wohnfläche fehle, dass viele Mehrfamilienhäuser und Wohnungen aber in einem sehr schlechten, ja maroden Zustand seien. Renovierungen und zeitgemäße Sanierungen seien gerade in Oberhausen dringend nötig, auch unterstützt von Bundesprogrammen.
Dött: Pladoyer für innovative Unternehmen und Marktwirtschaft
Wer soll die Bewältigung des Klimawandels bezahlen und wie soll der milliardenteure Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft mit grünem Strom und grünem Wasserstoff gelingen? Hier setzte sich Marie-Luise Dött am klarsten vom übrigen Teilnehmerfeld ab. Sie plädierte nicht – wie etwa Stefanie Weyland für die Grünen – für höhere Steuern für sehr Wohlhabende und Großkonzerne, sondern forderte eine Stärkung der Marktkräfte und der Innovationkraft der Unternehmen und setzte sich für Technologie-Offenheit ohne staatliche Vorgaben ein. Ja, sie schloss sogar eine künftige Nutzung der Kernenergie in Deutschland nicht völlig aus, wenn neue Technologien dies „Endlager-fähig“ ermöglichen würden.
Und dann das Thema Integration – alle Kandidaten wiesen darauf hin, dass Oberhausen und das Ruhrgebiet eine jahrzehntelange Erfahrung damit hätten. Integration gelinge vor allem über die Arbeit, Asylsuchende müssten künftig auch bei noch laufenden Asylverfahren in der Lage sein, eine Arbeitsstelle anzutreten, betonte Dirk Vöpel. Und gute deutsche Sprachkenntnisse seien auf Seiten der neu Hinzukommenden nötig, damit man sich überhaupt verstehen könne. Roman Müller-Böhm ließ anklingen, dass er ein zeitgemäßes Einwanderungsgesetz für nötig hält: „Das Asylverfahren ist hier oft das falsche Instrument.“
Alles in allem entwickelte sich ein recht munteres Frage-Antwort-Spiel in der Sterkrader Kirche, bei dem man sich allerdings stellenweise deutlich mehr rhetorische Rivalität unter den fünf Kandidaten gewünscht hätte.