Mülheim. Die Awo Mülheim wird ihr Angebot zur Beratung bei „Sexualisierter Gewalt gegen Kinder/Jugendliche“ ausbauen. Die Fachstelle soll viel leisten.

Wie stark sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen in Mülheim verbreitet ist, weiß man nicht genau. Entsprechende Daten sind schwierig zu erheben. Seit der Kinderschutzbund 2020 seine ärztliche Beratung einstellte, gab es auch keine Fachberatung zum Thema Missbrauch mehr. „Der Bedarf ist aber einfach da“, weiß Michaela Rosenbaum, Geschäftsführerin der örtlichen Arbeiterwohlfahrt. Die Awo will deshalb nun eine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer und die Menschen in ihrem Umfeld – wie etwa Eltern, Geschwister, Lehrer, Erzieherinnen oder Freunde – aufbauen.

Schon seit Ende der 80er gibt es das ElePhone

„Wir betreiben seit Ende der 80er Jahre das ElePhone, das Hilfetelefon für Kinder und Jugendliche, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Außerdem sind wir seit Jahrzehnten mit Präventionsmaßnahmen zu diesem Problem in Schulen präsent. Die neue Beratungsstelle ergänzt dieses Angebot“, sagt Rosenbaum. Dort solle Krisenintervention ebenso stattfinden wie Prävention, Nachsorge, Stabilisierung, Fortbildung und Sensibilisierung. Ziele der geplanten Einrichtung sind unter anderem: Bearbeitung und Verarbeitung von sexualisierten Gewalterfahrungen, Vermittlung und Begleitung in Therapieeinrichtungen, Gruppenangebote zur Stärkung der Selbsthilfepotenziale, aber auch „Eindämmung der sexualisierten Gewalt sowie Beiträge zu deren gesellschaftlicher Ächtung“.

Der Aufbau der Beratungsstelle ist möglich geworden, weil das Land seit dem Frühjahr die finanziellen Mittel für diese Hilfeleistung aufgestockt hat und die Stadt die Summe, die früher an den Kinderschutzbund ging (rund 21.200 Euro), einfach umadressieren kann. Der Posten ist im Haushalt ohnehin vermerkt. Der Jugendhilfeausschuss hat den Plänen der Awo und der Verwaltung bereits zugestimmt.

Fachkräfte sollen an zwei Standorten eingesetzt werden

„Wir können drei halbe Stellen besetzen, das Ausschreibungsverfahren läuft. Einstellen möchten wir eine Psychologin sowie zwei Sozialpädagoginnen oder Sozialpädagogen mit therapeutischer Zusatzqualifikation“, erläutert Michaela Rosenbaum. Sie sollen an zwei Standorten eingesetzt werden – an der Heinrich-Melzer-Straße in der Stadtmitte sowie an der Hauskampstraße in Styrum.

Beratungszentrum

Das AWO-Beratungszentrum an der Heinrich-Melzer-Straße 17 beherbergt mehrere Beratungsstellen.Dort gibt es die AWO Beratungsstelle für Schwangerschaft, Schwangerschaftskonflikte, Familienplanung, Sexualität und Partnerschaft.Ebenfalls vor Ort: die AWO Familien- und Jugendhilfe und das Projekt ElePhone. Direkt gegenüber an der Bahnstraße 18 gibt es kleinere und größere Gruppenräume.

„Wie wir es im Detail regeln, steht noch nicht fest“, sagt die Awo-Geschäftsführerin. Der wichtigste Punkt: Die Anlaufstelle soll niederschwellig sein, die Kontaktaufnahme soll über verschiedene Kanäle erfolgen können. „Menschen im Umfeld der Opfer sind oft nicht sicher, ob sie mit ihren Beobachtungen richtig liegen oder was sie tun sollen. Sie können sich einfach melden und erhalten Unterstützung in vielerlei Hinsicht“, so Rosenbaum. Es werde eine zeitnahe Terminvergabe, Sprechzeiten an fünf Wochentagen oder nach Vereinbarung – auch Online-Beratung – geben. Auf Wunsch finden die Gespräche anonym statt.

Anzahl der Anrufe beim ElePhone zeigt den Bedarf

Die Awo-Berater kooperieren nicht nur mit anderen Fachstellen, sondern auch mit dem Jugendamt, Schulen, Kitas, dem Stadtsportbund. In der Jugendhilfelandschaft leiste die neue Einrichtung einen zusätzlichen und wichtigen Beitrag, heißt es in dem Konzept zum Projekt. An der Anzahl der Anrufe, die auch in der Coronazeit am ElePhone eingingen, habe man gemerkt, wie wichtig und dringlich die Beratung sei, so Michaela Rosenbaum. Wann die Beratungsstelle an den Start gehen kann, ist noch offen. Man hofft auf Dezember oder Januar.