Gelsenkirchen. In Berlin berät die CDU-Spitze nach dem Debakel bei der Bundestagswahl über eine Neuausrichtung. So tickt die Gelsenkirchener Union in der Frage.

Der Machtkampf innerhalb der CDU ist nach dem Bundestagswahl-Desaster in vollem Gange. Parallel zu den Sondierungsgesprächen wird kontrovers über die Neuausrichtung der Union gestritten. Die WAZ fragt deshalb, wie die CDU in Gelsenkirchen tickt und wie der Neuanfang umgesetzt werden soll: Große Zäsur mit Auswechselung des kompletten Präsidiums oder doch eine Erneuerung in Raten mit erfahrenen Spitzenpolitikern wie Spahn, Röttgen oder Merz? Entscheiden darüber die Mitglieder oder doch wieder höheren Führungsebenen?

Gelsenkirchener CDU: Mehrere Ortsverbände plädieren für radikalen Schnitt und Urwahl

Das Echo aus den Gelsenkirchener Unionsverbänden kann schon überraschen. Denn während beispielsweise die Seniorenunion ganz klar auf neue junge Leute und Basisdemokratie setzt, favorisiert beispielsweise der Ortsverband Schalke eher eine ausgewogene Mischung aus Erfahrung und Neulingen. In Erle und auf Kreisebene nehmen CDU-Politiker sogar eine grundlegende Reform bei der Besetzung wichtiger Parteigremien in den Fokus.

Laura Rosen, Vorsitzende der CDU Schalke hat Zweifel an einem radikalen Schnitt und kompletter personeller Erneuerung bei der CDU. Sie will die Partei lieber programmatisch besser aufstellen mit einer Mischung aus erfahrenen Kräften und neuen Köpfen.
Laura Rosen, Vorsitzende der CDU Schalke hat Zweifel an einem radikalen Schnitt und kompletter personeller Erneuerung bei der CDU. Sie will die Partei lieber programmatisch besser aufstellen mit einer Mischung aus erfahrenen Kräften und neuen Köpfen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Klemens Eisfeld, Vorsitzender der Seniorenunion, sprach sich für „junge Leute in leitender Funktion“ aus. Ihm zur Seite springt auch Nils Dobratz, Vorsitzender der CDU in Buer. Unionspolitiker Eisfeld begründet dass auch mit Blick darauf, dass FDP und Bündnisgrüne besonders bei jungen Wählern „gepunktet haben“. Eisfeld machte auch keinen Hehl daraus, dass er einen „Mitgliederentscheid wie bei der SPD“ für zweckdienlich hält, eine neue Führung zu bestimmen.

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Auch Frank-Norbert Oehlert, Vorsitzender der CDU Altstadt glaubt, dass „es sicherlich viele Mitglieder begrüßen würden, wenn es zu einer Urwahl käme“. Für die Neuaufstellung der Partei dürfe es keine Denkverbote geben.

Zurückhaltender und weniger radikal äußerte sich Laura Rosen, sie spricht für den Ortsverband Schalke. „Ja, wir brauchen eine personelle Neuaufstellung, die Wahlschlappe muss Konsequenzen haben“, sagte die ehemalige Bundestagskandidatin. Bevorzugen würde sie eine ausgewogene Mischung aus erfahrenen und neuen jungen Kräften. Zweifel hat Rosen bei einem Mitgliederentscheid: „Bei solchen Abstimmungen geht es meist um Sympathie, ich sehe aber vor allem programmatischen Erneuerungsbedarf.“

Gelsenkirchener Markus Karl: Mehr Kommunalkräfte in die Führungsgremien der CDU

Markus Karl, Vorsitzender der CDU Erle fordert eine strukturelle Reform der Union. Er will mehr kommunale Kräfte in der Führung der CDU.
Markus Karl, Vorsitzender der CDU Erle fordert eine strukturelle Reform der Union. Er will mehr kommunale Kräfte in der Führung der CDU. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Parteikollege Markus Karl vom CDU-Ortsverband Erle fordert, dass die CDU „frischer, lockerer und jünger werden“ muss. Ansatzpunkt dafür sollen im Gegensatz zu seinen Parteikollegen strukturelle Veränderungen sein. „Wir sind weit davon entfernt, eine Union zu sein“, sagte Karl. Armin Laschets Wahl zum Spitzenkandidaten, der Wahlkampf, das Störfeuer der CSU, listet der Unionsmann auf, „bei all dieser schlechten Mannschaftsleistung steht die Führung, also das Präsidium, ganz klar in der Mitverantwortung“.

Stärkere Mitgliederbeteiligung soll erörtert werden

Die CDU will nach ihrem historischen Desaster bei der Bundestagswahl auf einem Parteitag den kompletten Bundesvorstand neu wählen. Das gab am Montag CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach Beratungen der Spitzengremien in Berlin bekannt.Zudem plant die Partei am 30. Oktober ein Treffen der Kreisvorsitzenden. Dort soll darüber diskutiert werden, ob und in welcher Form es eine stärkere Mitgliederbeteiligung bei der Suche nach einer neuen Parteiführung geben soll.

Karl sieht in einem anderen Weg die Chance, die CDU wieder zu alter Stärke zu führen. Zwar auch mit neuen Köpfen und einer gesunden Mischung aus Erfahrenen und Neuen. Sein Ansatz ist aber dieser: „Mehr kommunale Kräfte in den Entscheidungsgremien, im Vorstand. Die Delegierten beim Bundesparteitag beispielsweise setzen sich größtenteils aus Landtags- und Bundestagsmitgliedern zusammen.“ Sie repräsentierten aber nicht die Basis und damit den Willen der Union.

CDU-Kreisvorsitzender Sascha Kurth: Kein Problem mit einer Mitgliederbefragung

Karl erinnerte daran, das die Satzung der Union keinen Mitgliederentscheid vorsieht. Es müsste also erst einmal am Regelwerk etwas geändert werden. Passiere dies, könne er sich auch „eine Abstimmung unter den Mitgliedern vorstellen“ zur Zukunft der CDU.

Ähnlich äußerte sich Sascha Kurth, Kreisvorsitzender der Union, formulierte es aber zurückhaltender: „Die Entscheidung zur Erneuerung der Parteispitze darf nicht nur eine Person treffen, eine breitere Neuaufstellung ist notwendig.“ Die dafür vorgesehen Verfahren dazu seien aber nicht gleichzusetzen mit dem Willen ihrer Mitglieder. Persönlich habe er daher nichts dagegen, so Kurth weiter, wenn die Basis befragt würde und der Bundesparteitag dann aus den Favoriten seine Wahl träfe.