Oberhausen. Der Klimawandel stand für sieben Abiturienten des „Freiherr“ im Gasometer auf dem Stundenplan. Ihr Lehrer: Fernseh-Promi von Hirschhausen.
Was für ein Rummel: Im Gasometer lärmen hunderte Schülerinnen und Schüler durch die aktuelle Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“. Dazwischen sieht man Pädagogen, die im Halbdunkel und Stimmengewirr versuchen, sich Gehör zu verschaffen. Einer davon, Typ kumpelhafter Erdkunde-Lehrer, Jeans und dunkelblaues Polo-Shirt, steht vor einem der großformatigen Bilder, umringt von sieben jungen Menschen. Er scheint sie in den Bann zu ziehen mit dem, was er da übers Klima unserer Welt zu erzählen hat. Um die Gruppe herum stehen Kameraleute und Fotografen, denn der vermeintliche Lehrer ist der bekannte Wissenschaftsjournalist, Kabarettist, Moderator und Buchautor Eckart von Hirschhausen. Er nutzt die beeindruckende Kulisse der Ausstellung für eine ganz besondere Unterrichtsstunde. Diese soll bald als Material für echte Schulklassen online zur Verfügung stehen.
„Vegetarier in meiner Generation waren alle Spinner“, sagt von Hirschhausen. „Das waren Freaks. Heute ist klar, dass pflanzenbasierte Ernährung die einzige Möglichkeit ist, auf der Erde Frieden zu haben.“ Sechs Mädchen und ein Junge, Abiturienten des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, scheint diese allumfassende These nicht zu erstaunen: Dürre, Sturm und Flut werden nicht nur große Not in armen Ländern schaffen, sondern auch Bürgerkriege und weltweite Fluchtbewegungen auslösen. „Die heutigen Schüler“, sagt der studierte Mediziner, „haben das Thema besser drauf als die meisten Landespolitiker.“ Er will sie ermutigen, ihr Wissen zu teilen, die älteren Generationen damit zu konfrontieren – und in die Pflicht zu nehmen.
Klimaschutz konkret: Ein Solardach für die Oma
Zwei Jahre lang hätten sie in der Pandemie auf so vieles verzichtet, sagt Aushilfslehrer von Hirschhausen. Jetzt sei die Zeit gekommen, dass die Älteren den Jüngeren etwas zurückgeben. „Hast du schon einmal deine Oma gefragt, ob sie nicht Solarenergie auf dem Hausdach installieren könnte“, fragt er. „Hast du mit deinem Vater schon mal darüber gesprochen, dass pflanzenbasierte Ernährung Herzinfarkte und Schlaganfälle verhindern kann?“ Bei den Jugendlichen kommen die direkte Art und der lockere Ton des Berliners gut an. Sie folgen ihm auch zu den komplexeren Zusammenhängen, über die sie sich vielleicht bisher noch keine Gedanken gemacht hatten.
„War eine von euch schon einmal schwanger?“ Die Mädchen schauen überrascht und verneinen. „Wie würde diese Frage beantwortet werden, wenn ich sie in einem armen Land stellen würde?“ fragt er. In wenigen Sätzen zeigt er den 17- und 18-Jährigen dann auf, wie Bildungsgerechtigkeit, die Selbstbestimmung von Frauen und die Überbevölkerung der Erde zusammenhängen. Und wie sollen Mädchen, die menstruieren, aber kein Geld für Binden und Tampons haben, regelmäßig die Schule besuchen? Konkrete Beispiele helfen dabei, die großen Fragen der Menschheit verständlicher zu machen.
Bilder zeigen Wunder der Natur – mit bitterem Beigeschmack
Die Jugendlichen sind für das Video, welches beim Rundgang durch den Gasometer entstehen soll, nicht nur Statisten. Sie geben kluge Antworten und diskutieren mit Hirschhausen: Sam, der beim Anblick des Eisbären vor einer gewaltigen Eiswand einen bitteren Beigeschmack empfindet, „weil es dieses beeindruckende Bild durch die Erderwärmung vielleicht einmal nicht mehr geben wird“; Ilaria, die wütend und traurig ist, wenn sie das Foto des toten Nashorns sieht, das wegen der Gier nach seinem Horn sterben musste; Luzie, die aus einer Metzgerfamilie stammt und noch einen weiten Weg vor sich hat, bis alle zu Hause verstanden haben, dass man nicht jeden Tag Tiere essen muss - und das auch Schinken Fleisch ist.
Neben seiner Begeisterung für die Weitsicht der jungen Leute schwärmt Eckart von Hirschhausen von den „Weltklasse-Fotografien“ der Ausstellung und dem Gasometer als perfekt geeigneten Ort, um sich klar zu machen: „Wir müssen in kürzester Zeit aus Gas und Kohle aussteigen.“ Die Welt werde „nicht durch Jute-Beutel gerettet, sondern durch das Ende der fossilen Energie“. Um hierfür zu kämpfen, hat er seine Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ gegründet. Mit seiner Ansprache an die Jugendlichen zeigt er nicht nur, dass er deren Ängste ernst nimmt, sondern auch, dass er verstanden hat, dass sie es sind, um deren Zukunft es hier geht: „Ich weiß nicht, was die nächste Generation uns eher verzeihen wird: Gestiegene Meeresspiegel oder gestiegene Spritpreise?“
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