Gelsenkirchen. Die Zentraldeponie im Emscherbruch zwischen Gelsenkirchen und Herne bewegt die Gemüter. Ein neues Gutachten soll jetzt für Klarheit sorgen.

Die Zentraldeponie im Emscherbruch soll erweitert werden: Dagegen regt sich Widerstand bei Anwohnern und Politikern. Eine Bürgerinitiative wehrt sich schon seit langem gegen die Deponie und fordert ein Aus für die Mülllagerung auf der Stadtgrenze zwischen Gelsenkirchen und Herne. Am Dienstag hat sich auch der Umweltausschuss der Stadt mit dem Thema beschäftigt: Konkret ging es um ein Gutachten zur Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger.

Im Vorfeld der geplanten Erweiterung der Deponie hatte die zuständige Bezirksregierung Münster ein sogenanntes humantoxikologisches Gutachten bei einem Bielefelder Institut in Auftrag gegeben. Die Bezirksregierung wollte wissen, ob sich durch die Erweiterung das Gesundheitsrisiko der Anwohnerinnen und Anwohner erhöhen würde. Bis zu 4,6 Millionen Kubikmeter zusätzliche Abfallmengen sollen nach dem Ausbau im Emscherbruch deponiert werden, darunter auch gefährlicher Müll.

Gelsenkirchener Parteien sind sich (fast) einig

Dieses humantoxikologisches Gutachten war auf viel Kritik gestoßen. Darin seien nämlich nur bereits bekannte Statistiken ausgewertet worden, außerdem wurden nur die von der Betreiberin der Deponie, der AGR mbH gemessenen Belastungswerte übernommen, beklagte die Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ (BI). „Da die Zentraldeponie angeblich ja alle Grenzwerte einhält, das beauftragte Institut keine eigenen Messungen durchführt und spezifische Untersuchungswerte der Anlieger nicht vorliegen, ist die Antwort klar: keine negativen Folgen durch die Erweiterung der Deponie“, hatte Heinz-Peter Jäkel von der BI in einem Gespräch mit der WAZ gesagt.

Jäkel war am Dienstag auch Gast im Umweltausschuss und wiederholte dort seine Forderung nach einem aussagekräftigeren Gutachten. Dieser Forderung schlossen sich die meisten Parteien im Ausschuss an: SPD, CDU, Grüne, FDP und WIN einigten sich auf einen gemeinsamen Antrag, lediglich die AfD enthielt sich der Stimme. Die Politikerinnen und Politiker fordern in dem Antrag die Verwaltung auf, sich ans Land NRW zu wenden und dort ein sogenanntes „kleinräumiges Human-Bio-Monitoring“ in Auftrag zu geben, die Kosten dafür soll das Land übernehmen. Einen ähnlichen Beschluss hatte zuvor auch die Bezirksvertretung Wanne in der Nachbarstadt Herne gefasst.

Bürgerinitiative kündigt Klage an

Im Unterschied zum vorliegenden humantoxikologischen Gutachten, das lediglich Aufschluss darüber gibt, wie stark Luft und Wasser durch Schadstoffe belastet sind, werden beim Human-Bio-Monitoring die Menschen selbst beziehungsweise Körperflüssigkeiten und -gewebe unter die Lupe genommen. So wird zum Beispiel analysiert, wie viel Quecksilber bei Einzelpersonen oder Bevölkerungsgruppen in Blut oder Urin vorhanden ist. So kann relativ genau untersucht werden, wie sehr die Menschen durch die Schadstoffe belastet werden und welche Wirkungen diese Belastungen auf den Köper haben.

Darum geht es beim Human-Bio-Monitoring

Das Human-Bio-Monitoring ermöglicht die Bestimmung der individuellen Schadstoffbelastung sowie gegebenenfalls einige der hierdurch ausgelösten biologischen Wirkungen. Bei allen Human-Biomonitoring -Verfahren werden die Probenmaterialien losgelöst von der Testperson untersucht.Es wäre nicht das erste Mal, dass in NRW eine solche Studie im Zusammenhang mit einer Deponie unternommen würde. Bereits 2018 hatte es ein Human-Bio-Monitoring bei Anwohnern der Mülldeponie Eyller Berg in Kamp-Lintfort gegeben. Damals war keine erhöhte Belastung der Menschen festgestellt worden.

„Es ist uns wichtig, hier politisch den Weg frei zu machen für Maßnahmen, die ganz unmittelbar den Menschen vor Ort helfen werden. Dieses Monitoring gehört dazu, da es erstmals einen direkten Blick auf die Belastung der Anwohnenden erlaubt“, sagt Dennis Hoffmann, umweltpolitischer Sprecher der Grünen.

Heinz-Peter Jäkel rechnet damit, dass vor dem Sommer mit dem Ausbau der Deponie begonnen wird – und kündigte eine Klage dagegen an. „In einem Prozess kann das Gutachten dann eine entscheidende Rolle spielen“, sagte er und zeigte sich zuversichtlich, vor Gericht Recht zu bekommen.