Gelsenkirchen. Seit 25 Jahren bietet die Bleckkirche in Gelsenkirchen-Bismarck ein Kulturprogramm. Der verantwortliche Pfarrer Thomas Schöps blickt zurück.
Die Bleckkirche ist bis heute nicht elektrifiziert. „Wenn wir die Glocken läuten lassen wollen, müssen wir kräftig an Seilen ziehen – ganz so wie früher“, erzählt Pfarrer Thomas Schöps und schmunzelt. Auch das Uhrwerk, hoch oben in luftigen Höhen des Turmes untergebracht, müsse deshalb stets noch per Hand aufgezogen werden. Nun feiert das traditionsreiche Gotteshaus in Bismarck ein schönes Jubiläum: Denn im September 1996 startete dort in Gelsenkirchens Kulturkirche die allererste Veranstaltungsreihe – also heute genau vor 25 Jahren.
Erbaut als „Capelle am Blecke“ im Jahre 1735
Ein kurzer Blick auf die lange Historie des Hauses: Unter dem Namen „Capelle am Blecke“ wurde das Gebäude im Jahre 1735 erbaut und im Laufe der folgenden anderthalb Jahrhunderte mehrmals erweitert. Seine heutige Gestalt nahm es 1889 an. In den folgenden Jahrzehnten traten als Folge der Kohleförderung in der Umgebung immer stärkere Bergschäden auf, sodass die Bleckkirche zwischen 1992 und 1996 aufwendig saniert werden musste. Und zwar innen und außen. „Heute ist die Bleckkirche das älteste nach dem Zweiten Weltkrieg erhaltene Kirchengebäude in ganz Gelsenkirchen und zudem eine der schönsten erhaltenen historischen Kirchen“, findet Schöps.
Seit dem Ende der Restaurierung, für die die mittlerweile verstorbene Innenarchitektin Dr. Christel Darmstadt verantwortlich war, dient die Bleckkirche dem Evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid laut Schöps „als ein Ort der Verbindung von zeitgenössischer Kultur und protestantischem Glauben“. Der 60-Jährige, der in der Resser Mark lebt, arbeitet für den Kirchenkreis als Beauftragter für Kunst und Kultur. „Ich bin quasi der Intendant hier.“
Ihren vollständigen Namen „Bleckkirche – Kirche der Kulturen“ erhielt sie anlässlich des Kulturhauptstadtprojektes „Ruhr.2010“. Damals wurde dort auch die vielbeachtete Ausstellung „Synagoge – Kirche – Moschee“ gezeigt. „Uns war es hier schon immer wichtig, den interreligiösen Dialog zu pflegen“, sagt der Pfarrer. Noch wichtiger sei es ihm aber zu betonen, dass die Kulturkirche nicht einfach nur eine weitere Spielstätte für die schönen Künste sein wolle. „Wir wollten uns hier auch immer mit Themen auseinandersetzen, die für unsere gesamte Stadtgesellschaft relevant sind“, so Schöps. Immer unter der Devise: Die Kirche ist ein wichtiger Partner der Stadtentwicklung.
„Grimberger Altar“ ist ein Unikat mit bundesweiter Strahlkraft
Das alles konnte Schöps natürlich nicht allein stemmen: „Ich habe ganz viele tolle Helfer hier, die sich seit Jahren engagieren. Die meisten helfen projektbezogen.“ Für Gottesdienste wird die Kirche nur noch zu besonderen Anlässen genutzt – etwa an Feiertagen wie Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt oder Totensonntag. „Aber auch beim Tag des offenen Denkmals öffnen wir immer unsere Pforte, so auch am vergangenen Wochenende“, erzählt Schöps.
Beim Betreten des Kirchenraumes fallen die Blicke der Besucher fast automatisch auf den „Grimberger Altar“. Das 3,80 Meter hohe und zwei Meter breite Prachtexemplar wurde 1574 erbaut und hat seit 1738 seinen Stammplatz im Gotteshaus an der Bleckstraße in Bismarck. Es wurde laut Schöps von einem unbekannten Künstler im Stil der Renaissance aus Baumberger Sandstein erschaffen. Das Altarbild zeigt das letzte Abendmahl Jesu Christi im Kreise der zwölf Apostel. „In ganz Westfalen und vielleicht auch bundesweit gibt es nichts Vergleichbares“, hebt Schöps den Stellenwert des Altars heraus.
Neuerliche Sanierung vonnöten mit Kosten in Höhe von 600.000 Euro
Wenn Konzerte oder andere Kulturveranstaltungen dort stattfinden, spielt der stets dezent beleuchtete „Grimberger Altar“ eine Nebenrolle im Hintergrund. 35 bis 40 Kulturabende konnte Schöps dort pro Jahr organisieren, allerdings galt das nur in den Vor-Corona-Zeiten. Die Pandemie und ihre Auswirkungen verhagelten schließlich auch das Kulturangebot im jetzigen Jubiläumsjahr. Heute Abend startet aber wieder eine Konzertreihe.
Und wie sieht die Zukunft der Bleckkirche aus? Das seufzt Schöps, ehe er antwortet: „Die Kirche ist derzeit in einem nicht guten, ja bedenklichen baulichen Zustand.“ Schuld sei die zu hohe Luftfeuchtigkeit im Gebäude. Den neuerlichen Restaurierungsbedarf beziffert der Pfarrer mit 600.000 Euro. Und die Zeit, sie drängt. „Wenn man nicht bald gegensteuert, nimmt die Kirche schweren baulichen Schaden“, warnt Schöps. Daher lautet sein innigster Wunsch zum 25-Jährigen: „Ich hoffe, dass bald die Entscheidung fällt, dass die Bleckkirche restauriert wird.“
Konzertreihe „Klangkosmos Weltmusik“ kehrt am 17. September zurück
Am Freitagabend, 17. September, startet in der Bleckkirche wieder die renommierte und beliebte Konzertreihe „Klangkosmos Weltmusik“, die das städtische Referat Kultur mit dem Evangelischen Kirchenkreis veranstaltet. Als erste Gäste werden Erick Manana und Jenny Fuhr erwartet.
Madagaskar ist die Inspirations- und Themen-Quelle der beiden Musiker. Liederpoet und Gitarrist Erick Manana zählt zum Urgestein der Musikszene Madagaskars.
Seit 2009 tritt er regelmäßig im Duo mit der deutschen Musikerin und Musikethnologin Jenny Fuhr auf und bringt Perlen der madagassischen Hochlandklänge auf die Bühne.
Beginn der Veranstaltung ist um 20 Uhr. Karten zu zehn Euro (ermäßigt: acht Euro) gibt es an der Abendkasse. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre haben freien Eintritt. 55 Plätze stehen in Corona-Zeiten zur Verfügung. Es gilt die 3G-Regel. Reservierungen unter 0209 595984.