Mülheim. Sarah Moeschler vom Mülheimer Theater an der Ruhr bringt Kosmologie auf die Bühne - in der Camera Obscura. Es geht um Geheimnisse des Universums.

Naturwissenschaftlerin war sie früher, Schauspielerin ist sie heute. Sarah Moeschler gehört seit Sommer 2021 dem Ensemble im Theater an der Ruhr an. „Geforscht habe ich wirklich leidenschaftlich gerne, das Theater ist aber eine noch größere Leidenschaft“, sagt die gebürtige Schweizerin.

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Ihre erste Inszenierung ist nun in Mülheim an einem ungewöhnlichen Ort zu sehen. In der Camera Obscura in der Müga. Am kommenden Freitag um 19.30 Uhr steht die Premiere an, weitere drei Aufführungen wird es geben. Das Solo-Stück „darkened by barbara“ verbindet Wissenschaft und Kunst, „Theater trifft auf Kosmologie und Poesie auf Teilchenphysik“. Sarah Moeschler selbst spielt darin eine Forscherin, die sich der Dunklen Materie in unserem Universum widmet.

Promotion in Virologie

Die 34-Jährige, die im Theater an der Ruhr schon in „Onkel Wanja“ und „Nathan.death“ zu sehen war, ist zwar keine Astrophysikerin, aber naturwissenschaftlich gebildet und interessiert. Sie hat in Neuchatel und Lausanne Biologie studiert und danach an der Universität in Bristol (England) als wissenschaftliche Assistentin gearbeitet. Dort promovierte sie auch – in Virologie. „Erst spät habe ich das Theater entdeckt, es hat mich so fasziniert, dass ich mich mit 30 Jahren einer neuen Herausforderung gestellt und mich bei einer Schauspielschule beworben habe“, berichtet sie. Ihre Stationen: das Konservatorium in Fribourg, die Theaterschule in Lausanne, schließlich die Hochschule der Künste in Bern. Am Schauspielhaus in Bochum hat sie als Gast auch schon auf der Bühne gestanden.

„Darkened by Barbara“ ist im Rahmen ihres Master-Studiums in „Expander Theatre“ entstanden. „Ich habe viele wissenschaftliche Texte gelesen, mich mindestens ein Jahr lang mit kosmologischen Fragen beschäftigt“, so Sarah Moeschler. Inspiriert von Wissenschaftlerinnen wie etwa Vera Rubin, die zu Galaxien und Dunkler Materie geforscht haben, habe sie dann eine Geschichte, die Dramaturgie für ein Stück, entwickelt. „Es finden sich darin wissenschaftliche Fakten, aber es geht nicht nur um das intellektuelle Verstehen. Meine Inszenierung spricht alle Sinne an. Man muss also kein Vorwissen haben, kann vieles auch erspüren“, sagt die Jungregisseurin.

Die Camera Obscura in Mülheim. Im ehemaligen Wasserkessel ganz oben im Turm hat „darkened by barbara“ vom Theater an der Ruhr am 18. Februar 2022 Premiere.   
Die Camera Obscura in Mülheim. Im ehemaligen Wasserkessel ganz oben im Turm hat „darkened by barbara“ vom Theater an der Ruhr am 18. Februar 2022 Premiere.   © Unbekannt | Köhring/MST

Computer spuckt Gedichte aus

Die Kunst greife wissenschaftliche Themen wie die Astronomie sehr selten auf. „Ich möchte wissenschaftliche Stoffe in einen Kreativprozess einbringen, ohne didaktisch zu werden“, erklärt Sarah Moeschler. In ihr kreatives Schaffen hat sie einen ungewöhnlichen Partner eingebunden - eine Künstliche Intelligenz (KI), die Texte generiert. Den Algorithmus für den Textgenerator habe sie selbst geschrieben.

Danach hat sie den Computer mit Texten aus der Astrophysik, mit Passagen aus der Bibel und Abschnitten aus Kindergeschichten gefüttert – und die Gedichte, die er nach dem Zufälligkeitsprinzip ausgespuckt hat, für ihre Textkomposition genutzt. Der Untertitel zum Stück lautet „Kosmische Ballade mit rauschendem Hintergrund der Wahrheit“. Als Mitautoren sind Stéphanie Barbetta und ausdrücklich auch R_rav 2.1 genannt – der Textgenerator.

„Darkened by Barbara“ beschäftigt sich mit dem Kosmos, mit der vergeblichen Suche einer Forscherin nach der „Architektin“ des Universums (der Dunklen Materie, die im Stück aber nie genannt wird). Es geht im weiteren Sinne aber auch um die Frage des Mangels, um das Abwesende, das verlorene Objekt, die Lücken im Leben und in uns selbst. Als Spielort hat Sarah Moeschler die Camera Obscura gewählt. „Ich habe einen intimen Raum gesucht, in dem sich das große Geheimnis der Kosmologie darstellen lässt. Die Architektur der Camera, die an ein Observatorium erinnert, erschien mir sehr passend - und die Akustik dort ist auch besonders“, sagt die Schweizerin mit ihrem sympathischen französischen Akzent.