Gelsenkirchen-Neustadt. Der Gelsenkirchener Iordanis Georgiou half mit, Spenden für die Flüchtlinge auf Lesbos zu sammeln: Geld, Stoff und Nähmaschinen wegen Corona.
Die Bilder vom überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos gehen seit Monaten um die Welt. Rund 20.000 Menschenharren dort unter unwürdigen Umständen aus. Im Lager wächst neben der Gewissheit, in Europa keine Zukunft zu haben, auch stetig die Angst vor Corona. Das Virus könnte sich im und um das Lager herum rasend schnell verbreiten und eine Katastrophe auslösen. Der Gelsenkirchener Iordanis Georgiou hat nun mitgeholfen, das Elend auf Lesbos zu bekämpfen. Rund 50.000 Euro an Spenden haben er und weitere Helfer gesammelt. Geld, das dafür eingesetzt wir, dass das Lager nicht völlig im Dreck versinkt und Hygienegrundlagen geschaffen werden. Und das auch den gebeutelten Einheimischen zu Gute kommt.
Müllwagen finanziert, Tankwagen mit Frischwasser gemietet
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„Mit dem Geld wird ein Müllwagen finanziert, der mehrmals die Woche den Abfall abholt“, erzählt Iordanis Georgiou. „Ein angemieteter Tankwagen bringt jetzt regelmäßig frisches Wasser ins Lager. Außerdem sollen die Flüchtlinge mit gespendeten Stoffen und Nähmaschinen in die Lage versetzt werden, Masken für Mund und Nase anzufertigen. Parallel dazu gibt es Hygieneschulungen, damit wenigstens etwas Schutz möglich ist.“
Das ist aber noch nicht alles, sagt der 61-jährige Gelsenkirchener aus der Neustadt. Die Flüchtlinge seien sich sehr wohl bewusst, dass der weggebrochene Tourismus der Insel schwer zu schaffen mache. „Daher haben sie festgelegt, dass ein Teil der Spendengelder an Griechen vor Ort in Not geht.“ Als Geste des Dankes für Hilfe und Solidarität den Neuankömmlingen gegenüber.
Der 61-jährige Iordanis Georgiou ist Maschinenschlosser bei ThyssenKrupp Presta in Mülheim an der Ruhr, er sitzt im Betriebsrat des Unternehmens, ist Schwerbehinderten-Beauftragter und befindet sich gerade in der passiven Phase Altersteilzeit. Untätig wollte der gebürtige Grieche aus Edessa aber nicht bleiben, daher knüpfte er über eine SPD-Politikerin aus Solingen Kontakt zu Michalis Aivaliotis, Lehrer, Schuldirektor und Gründer einer einheimischen Hilfsorganisation namens „Stand By Me Lesbos“ in Mytilini, der Insel-Hauptstadt.
Schuldirektor unterrichtet ehrenamtlich Flüchtlingskinder
Engagement für streikende Stahlarbeiter
Der Frauenverband Courage ist eine deutsche Frauenorganisation. Sie wurde 1991 auf Initiative der MLPD gegründet. Die MLPD ist eine vom Verfassungsschutz beobachtete und als linksextremistisch eingestufte Splitterpartei.
Iordanis Georgiou ist Mitglied der Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International und Initiator des Aufrufs zur akuten Soforthilfe für die Flüchtlinge und die Bewohner der griechischen Inseln. Bei der Europawahl 2019 kandidierte der Gelsenkirchener für die MLPD.
Georgiou war im Jahr 2011/2012 Initiator einer Solidaritäts- und Spendenbewegung mit dem Streik der Stahlarbeiter in Aspropirgos/Griechenland, bei der fast 14.000 Euro und eine Lkw-Ladung voller Hilfsgüter gesammelt wurden.
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Aivaliotis hat laut Georgiou mit seiner Organisation eine Schule für Flüchtlinge am Rand von Moria betrieben – bis die Behörden aus Angst vor Corona und wegen angeblicher fehlender Toiletten-Standards das Gebäude vor ein paar Wochen schlossen. „Ausgerechnet“, sagt Iordanis Georgiou spöttisch.
Denn nicht nur Corona hat die Lage auf Lesbos verschärft. Es ist dort auch zu Krawallen gekommen, nach denen viele Nichtregierungsorganisation, so genannte NGO, ihre Helfer zurückgezogen haben. Bewohner auf Lesbos befürchten, dass ihre Insel dauerhaft zum Abladeplatz für Europas Migrationspolitik gemacht wird. Rechtsradikale Gruppen, Bürgerwehren und Medienberichten zufolge auch Neonazis aus Deutschland sind mit Gewalt gegen Flüchtlingshelfer und die Unterkünfte vorgegangen.
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„Michalis und die verblieben Helfer versuchen nun, nach Kräften die Ordnung aufrecht zu erhalten“, gibt Iordanis Georgiou den Lageralltag des befreundeten Lehrers wieder. Sie lehren Kinder den Umgang mit Müll und so gut es eben ginge, hygienische Grundregeln einzuhalten. Eine Herkulesaufgabe, denn den Schilderungen nach teilen sich mehr als 160 Menschen eine Toilette, mehr als 240 eine Dusche und etwa 1300 eine Wasserzapfstelle „Sich da mangels Seife auch nur annähernd angemessen die Hände zu waschen“, so Georgiou, „ist schier unmöglich.“
Umso willkommener die Hilfe. Zusätzlich zu den Spendengeldern hat sich aus Gelsenkirchen ein Lastwagen mit Kisten und Kartons auf den Weg nach Hamburg gemacht. Von dort sticht ein Schiff mit der Hilfslieferung nach Lesbos in See. Inhalt: über 70 Nähmaschinen, Stoffe, Gummibänder, Bügeleisen, Nähzeug und mehr. Die Sammelaktion war von Gruppen des Frauenverbands Courage und von Solidarität International in ganz Deutschland organisiert worden.