Ückendorf. In Corona-Zeiten zeigen Sabine Leichner-Heuer und Marion Mauß „Panorama“ im Bund Gelsenkirchener Künstler. Die Grenzen der Betrachtung fließen.
Die Widrigkeiten des Alltags in Corona-Zeiten spielen auf eigentümliche Weise in die Ausstellung an der Bergmannstraße 53. Wo der Bund Gelsenkirchener Künstler BGK einmal im Sommer, einmal im Winter, seine Gemeinschafts-Schau in der Gruppe ausrichtet, schweift der Blick des Betrachters diesmal schon durch die Schaufenster auf die Werke ausnahmsweise zweier Künstlerinnen. Den Auflagen des Pandemie-Schutzkonzepts geschuldet, bestreiten sie diesmal Sabine Leichner-Heuer und Marion Mauß unter dem Titel „Panorama“. „Vielleicht eher ein Lebenszeichen, deutlich machen: Wir sind präsent“, erklären sie mit einem Lächeln „das Schrumpfen“.
Vier Bilder beherrschen den Raum
Insgesamt vier Bilder nur im vorderen Bereich des Domizils umfasst damit diese Ausstellung ungewöhnlicherweise, aber die beherrschen dafür durch ihre Dimensionierung auch das Atelier, verleiten förmlich dazu, sich eigene Sichtachsen zu bilden. Was die Auflagen der Corona-Zeit reduzieren, bringt den beiden Künstlerinnen diesmal deutlich mehr Platz.
„Freeland - Cages“ hat Sabine Leichner-Heuer ihre Landschafts-Ansichten auf zweierlei Papier in stattlichen vier und zwei Metern auf 1,5 Meter genannt. Geht die Sicht von oben, vom „freeland“, der Weite und dem Himmel über Gebirgspanoramen nach unten, fängt ihn ein kontrastierendes Schwarz ein, hält ihn gebannt fest.
Golden schimmert die Hoffnung
Die Künstlerin zieht eine deutliche Grenze durch Material und Farbe, angedeutet und unterstrichen noch durch Zaunpfähle, darunter glänzender Stoff, schroff und durchgehend, wenn auch teils gerafft wie ein Vorhang.
„Cages“, die Käfige, deutet sie mit gerolltem Drahtzaun an, von Mauersteinen gestützt. „Die goldene Weite, die Freiheit“, erläutert Sabine Leichner-Heuer ihre Intention, „ich möchte zum Ausdruck geben, dass die Größe und Weite irgendeines Ortes auf der Welt an einen Abgrund, eine Sperre, einer Einzäunung endet“. Für jede Weite, für jeden Menschen, aus jeder Perspektive, möchte der Betrachter ergänzen.
„Einen Käfig hat wohl auch jeder Mensch“, stellt sie dazu als These auf, sei es die materielle Unabhängigkeit, Gesundheit und Vitalität, das menschliche Glück, was immer das sein mag, „oder der Umgang mit dem Schicksal“. Ein „Trauermäntelchen“ sieht sie überall, und stellt es in der schwarzen Stoffbahn dar. Mit einiger Suche erkennt der Betrachter erst den unscheinbaren goldenen Hoffnungsschimmer, den Streifen. „Denn gerade jetzt in der Corona-Krise, in der wir uns nicht so bewegen können, wie wir vielleicht möchten, müssen wir doch erkennen, dass es uns noch gut geht.“
Die Gedanken verborgen unter Schichten
Die Darstellung und Interpretation von „Panorama“ hat Marion Mauß mit ihren Streifenbildern unschwer erkennbar auch auf großformatige Porträts übertragen. „Hidden thougts“, verborgene Gedanken, titelt die 74-jährige Malerin. In ihrer bevorzugten Spachtel-Technik trägt sie feine Schichten übereinander auf, lässt sie bis zu einem Monat auf der Wiese im Garten dem Licht, der Witterung ausgesetzt und damit eine neue Struktur und ein eigenes Spiel der Farben entstehen.
Eine Verletzlichkeit der Oberfläche, die sie dann herausarbeitet, „wunde Stellen“ in einem Gesicht, zu dem sie sich oft von Fotos in der Tageszeitung anregen lässt, ohne tatsächlich eine bestimmte Person zu meinen. Es geht um das Typische, das Allgemeingültige. Was durch die Teilung des Formates in der Senkrechten eine weitere Nuance erhält.