Gelsenkirchen. Wie zufrieden sind die Gelsenkirchener mit mit dem Nahverkehr in ihrem Stadtteil? Warum es hier die besten Ergebnisse beim Stadtteil-Check gibt.

Wie zufrieden sind die Gelsenkirchener mit dem Nahverkehrsangebot in ihrem Stadtteil? Für den großen WAZ-Stadtteil-Check haben wir die Teilnehmer nach ihren Bewertungen für den Nahverkehr vor Ort gefragt – wie gut ist der Stadtteil angebunden, gibt es ausreichend Bahn- und Buslinien, sind Haltestellen gut erreichbar? Das Gesamtergebnis ist positiv, das Ergebnis für die meisten der 18 Gelsenkirchener Stadtteile auch.

Gelsenkirchen: Scholven und die Resser-Mark schneiden am schlechtesten ab

Überhaupt, so scheint es, ist es um den Nahverkehr in dieser Stadt gut bestellt. Das zeigt das Gesamtergebnis: Mit 2,38 in der Bewertung ist das große Feld Nahverkehr insgesamt die beste Kategorie im Stadtteil-Check. Bei den einzelnen Stadtteilen steht durchweg eine Zwei vor dem Komma – allerdings gibt es auch hier Ausnahmen.


Scholven bekommt mit 3,18 die schlechteste Note, wenn man bei einem Befriedigend überhaupt von schlecht sprechen kann. Resser-Mark schneidet nur geringfügig besser ab: mit 3,17. Der Sieger in der Kategorie: Neustadt. Hier steht die Eins vor dem Komma: 1,95. Schalke-Nord (2,18), Altstadt (2,22), Schalke (2,23), Rotthausen (2,26) oder Buer (2,28) liegen ebenfalls im oberen Feld.

Erschließung des ÖPNV in Gelsenkirchen ist gut, heißt es seitens der Stadt

Der guten Ergebnisse ist man sich auch bei der Stadt bewusst: „Im Vergleich zu benachbarten Städten ist der Erschließungsgrad des öffentlichen Nahverkehrs in Gelsenkirchen gut“, heißt es auf der Gelsenkirchen-Homepage. Demnach würden rund 94 Prozent der Einwohner maximal 300 von einer Haltestelle entfernt wohnen. Somit seien Bus und Bahn eine gute, umweltfreundliche und oftmals auch zeitsparende Alternative zum Auto. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel gemacht“, betont auch Stadtpressesprecher Oliver Schäfer.

Doch was ist mit den restlichen sechs Prozent, die fern von einer Bus-, Straßenbahn-, oder Bahn-Haltestelle wohnen? Vor Ort in Scholven. An der Feldhauser Straße, zwischen Supermarkt und Bank, zwischen Friseursalons und Paketshops, steigen an diesem kalten Morgen viele Menschen aus – den eigenen Autos. Hier gibt es noch viele Haltestellen, entlang der Straße. Hier gibt es aber auch nur die beiden Buslinien 247 und 255, die tagsüber fahren. Am Halt Xantener Straße, Fahrtrichtung Buer, ist an diesem Morgen Daniela Nuyken angekommen. Sie sagt: „Am Wochenende ist man hier teilweise echt aufgeschmissen.“

„Auf den Bus kann ich manchmal nicht zählen“

Die 34-Jährige nutzt nahezu täglich den ÖPNV, um nach Buer oder überhaupt aus Scholven rauszukommen. Und Daniela Nuyken erzählt auch von ihrem Sohn, dem Schulkind, der so manches Mal schon einen Bus früher genommen hat – weil es sonst doch immer so eng ist. Unzufrieden ist auch Florian Kinsky. „Es ändert sich doch eh nix hier im Dörfchen“, sagt der 30-Jährige und winkt ab. Und er sagt auch: „Auf den Bus kann ich manchmal nicht zählen.“ Wenn er zu einem Termin muss, besteigt er oft schon eine ganze Stunde eher die Linie 255 oder 247, um überhaupt pünktlich zu sein.

Eine junge Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte, ist mittlerweile sogar ganz umgestiegen: Die Gladbeckerin, die in Scholven arbeitet, nimmt lieber ihr Fahrrad. Auch, weil sie das Ticket zu teuer findet. Aber vor allem, weil sie sich nicht ausreichend angebunden fühlt. „Alle reden immer von Mobilität, vor allem, wenn es um den ÖPNV geht. Das finde ich gerade nicht“, sagt sie.

Die Stadt Gelsenkirchen regelt den ÖPNV mithilfe des Nahverkehrsplans

Die Sache mit der Mobilität und Flexibilität im ÖPNV ist vorrangig, um es auf einen einfachen Satz zu bringen, Angelegenheit der Stadt. Sie schreibt den Nahverkehrsplan fort, bildet damit den Rahmen, die Grundlage für alles, was im Nahverkehr auf Gelsenkirchener Boden passiert. „Dieser Nahverkehrsplan ist zuletzt 2018 fortgeschrieben worden“, erklärt Tobias Zobel, Verkehrsplaner im Referat Verkehr bei der Stadt. Letztmalig sei das in 2011 geschehen. Und eben dieser Nahverkehrsplan soll Antworten geben auf die drängendsten Fragen, die auch die Fahrgäste beschäftigen: Wie weit kann der Weg zur nächsten Haltestelle sein, wie oft oder wie lange soll eine Linie verkehren oder welche Verbindungen sollen ohne Umstieg angeboten werden. Eine konkrete Fahrplangestaltung liefert der Nahverkehrsplan allerdings nicht.

Die übernehmen die Verkehrsunternehmen, die in dieser Stadt unterwegs sind: Bogestra, Vestische, Ruhrbahn und auch der Busverkehr Rheinland (BVR). Die meisten Gelsenkirchener ÖPNV-Kilometer bestreiten die Bogestra und die Vestische. Grundsätzlich gilt – mit Ausnahmen: Im Norden der Stadt liegt das Netz der Vestischen, im Süden das der Bogestra – in Horst gibt es Überschneidungen, in Buer ist die Schnittstelle.

Zentrale Elemente des Gelsenkirchener ÖPNV sind die Straßenbahnen 301 und 302

„Die Bogestra-Linien, die am häufigsten genutzt werden, sind unsere Straßenbahnlinien 301 und 302“, erläutert Christoph Kollmann, Sprecher der Bogestra. Sie bilden das Haupt-, das Grundgerüst für alle ÖPNV-Nutzer. „Sie sind die zentralen Elemente. Die 301 ist beispielsweise die Verbindung zwischen den Siedlungsschwerpunkten“, weiß auch Tobias Zobel. Seit dem 15. Dezember des vergangenen Jahres fahren die 301 und auch die 302 im 7,5-Minuten-Takt. Kürzere Takte kommen schließlich gut bei den Kunden an. Die Stadt kostet das Geld, viel Geld, und doch: „Gelsenkirchen ist eine Stadt, die dem ÖPNV immer wohlgesonnen war“, so Tobias Zobel. Vielleicht schneidet der Nahverkehr auch deshalb so gut ab, bei unserem Stadtteil-Check?!

Der Zuspruch der Kunden lässt sich auch noch auf andere Weise ganz einfach messen – mit Hilfe der Fahrgastzahlen. „Wir hatten im vergangenen Jahr 4,7 Millionen Fahrgäste in Gelsenkirchen“, sagt Christoph van Bürk, Pressesprecher der Vestischen. Für das laufende Jahr verzeichnet das Verkehrsunternehmen, das 24 Linien in Gelsenkirchen anbietet und 2019 1,59 Millionen Kilometer fuhr, schon jetzt eine „leicht steigende Tendenz“.

In Scholven gibt es nicht eine so tiefe Feinerschließung wie in Hassel

Und was ist nun mit Scholven? Warum sind die Stadtteil-Check-Teilnehmer dort unzufriedener mit dem ÖPNV-Angebot als beispielsweise in Hassel, dem Stadtteil, der direkt nebenan liegt? „Wir haben nicht so eine tiefe Feinerschließung wie in Hassel“, liefert Tobias Zobel eine Erklärung. Und eine weitere fügt er an: „Scholven ist viel kleiner als Hassel. Dort gibt es viel mehr Einwohner.“ Bislang habe es keinen Anlass gegeben, „mehr ÖPNV nach Scholven reinzubringen“.

Stichwort Hassel: Daniela Nuyken und auch Florian Kinsky können nicht nachvollziehen, warum man nur über Buer nach Hassel kommt. „Warum gibt es dorthin keine direkte Verbindung?“, fragen die beiden. „Wir sehen da kein Potenzial“, so der Verkehrsplaner Zobel. Er hat aber einen guten Tipp für alle Scholvener, die zu den Nachbarn wollen: „Nimmt man die Linie 255, kann man an der Haltestelle Königswiese aussteigen und muss nicht bis nach Buer fahren. Alle zehn Minuten geht es von dort aus mit mehreren Linien weiter.“