Oberhausen. Acht Jungen und Mädchen leben künftig in einem komplett renovierten Haus in der Oberhausener Innenstadt. Wie die Unterstützung aussieht.

Die jungen Bewohner des Haus Kempchen bekommen ein neues Zuhause. Die Kindergruppe des Gerhard-Tersteegen-Instituts (GTI) ist von der Hermann-Albertz-Straße in die Helmholtzstraße gezogen, um acht Jungen und Mädchen zwischen sechs und zwölf Jahren ein moderneres Lebensumfeld bieten zu können.

„Das alte Gebäude wurde den modernen Anforderungen nicht mehr gerecht, teils gab es sogar Doppelzimmer“, erklärt Geschäftsführerin Tanja Schulte-Lippern. „Kinder brauchen allerdings zwingend einen Rückzugsraum.“ Anfang 2020 begab sich das Institut deshalb auf die Suche nach einem neuen Haus, in dem Kinder unterkommen können, die nicht bei ihren Eltern leben können. „Dazu kann es kommen, wenn ein Kind im häuslichen Umfeld vernachlässigt wurde oder die Eltern gestorben sind.“

Elternarbeit ist wichtiger Teil des Arbeitens mit Kindern

Wie lange die Kinder im Haus Kempchen, benannt nach einem Gründungsmitglied des Instituts, leben, hängt von den Umständen ab. Durch intensive Elternarbeit der sechs pädagogischen Mitarbeiter ist es möglich, die Kinder wieder zurückzuführen und ambulant weiter zu betreuen. Wo dies nicht möglich ist, können die Kinder, wenn sie das Alter von zwölf Jahren überschritten haben, in eine Jugendgruppe des Instituts überführt werden.

Die Gruppen sind an unterschiedlichen Standorten untergebracht, essen, leben, spielen dort zusammen. Das neue Haus Kempchen erstreckt sich auf 360 Quadratmetern und insgesamt drei Etagen, inklusive Einzelzimmern, Arbeitsräume für die Mitarbeiter und einem Raum für die Nachtbereitschaft. Außerdem wird es einen großzügigen Außenbereich mit Spielmöglichkeiten geben.

Kinder müssen sich trotz Umzug nicht umgewöhnen

Bei der Suche unterstützt hat das Institut die Stadt Oberhausen. „Wir kamen zu dem Haus wie die Jungfrau zum Kinde“, scherzt die Institutsleitung. Das Haus wurde vom Oberhausener Gebäudemanagement (OGM) verkauft – für Tanja Schulte-Lippern das perfekte Bauobjekt. Denn: Das neue Zuhause ist nur zwei Straßen vom alten Standort entfernt. Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt, der Schulweg und das generelle Lebensumfeld verändern sich dadurch wenig bis gar nicht. „Es ist wichtig, dass die Kinder sich nicht wieder komplett umgewöhnen müssen.“

Dafür musste das Haus aber bis in die Grundmauern renoviert werden – einen sechsstelligen Betrag hat das GTI in die Sanierung investiert, auch einige der Grundholzbalken mussten ausgetauscht werden. Das 1926 erbaute Haus war früher ein Frauenhaus, wurde dann als Flüchtlingsunterkunft genutzt und stand bis zum Verkauf im letzten Jahr leer. Knapp anderthalb Jahre dauerte die Sanierung.

Individuelle Förderung der Kinder – und verlässliche Strukturen

Alle acht Plätze im neuen Haus Kempchen sind nach Angaben der Geschäftsführerin bereits belegt, die Warteliste lang. Neben der Elternarbeit geht es besonders um die Förderung der Kinder – individuell und auch in der Gruppe. „Die Kinder lernen, eine eigene Haltung zu vertreten, Meinungen zu äußern“, erklärt Fachbereichsleiterin Ursula Eichberg-Tepper. Außerdem koordinieren die Pädagogen Arzt- und Therapietermine und helfen bei den alltäglichen Aufgaben des Lebens, beispielsweise den Hausaufgaben, und erarbeiten kleine Konzepte, wenn es Schwierigkeiten gibt. „Die Kinder erleben im Haus Kempchen verlässliche Strukturen. Sie erfahren Schutz, Begleitung und Förderung in allen Belangen.“

Gerhard-Tersteegen-Institut

Träger und alleiniger Gesellschafter des Gerhard-Tersteegen-Instituts ist der Ev. Verein für Kinder- und Jugendhilfe e.V. in Oberhausen. Das GTI ist der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen und Mitglied in dessen Fachverband für erzieherische Hilfen. Neben der Kindergruppe hat das Institut eine Flexible ambulante Hilfe und mehrere Gruppen eigens für Jugendliche oder Mädchen etabliert. Das Sozialpädagogisch-betreute Wohnen bildet die letzte der möglichen Phasen einer Betreuung durch das GTI – die externe Verselbstständigung. Während dieser Phase werden die jungen Erwachsenen außerhalb des Instituts auf ihrem Weg zur vollen Eigenständigkeit in der eigenen Wohnung oder zunächst noch in einer Trainings-WG begleitet. Mit dem Ende dieser Betreuungsphase erhalten die jungen Menschen die Verantwortung in vollem Umfang.