Gelsenkirchen. Anlässlich des „Tags der Vinylschallplatte“ am 12. August präsentiert der Gelsenkirchener Jörg Lehwald seine Sammlung. Die umfasst 50.000 Alben.
Jörg Lehwald sitzt abends gern daheim im Wohnzimmer und hört Musik. Es fällt ihm aber manchmal schwer zu entscheiden, welche Platte er herausziehen soll. Schließlich hat er 50.000 davon. Sie füllen nicht nur ein Haus, sondern dazu auch noch eine Zweitwohnung. „Meine Sammlung ist trotzdem noch lange nicht komplett“, stellt der 66-Jährige aus Erle nüchtern fest. „Jede Woche kommen fünf bis 50 weitere alte Alben hinzu.“ Bekenntnisse eines wahren Vinyl-Verehrers.
Die größten Lagerräume für die Sammlung liegen im Keller
Seinen allerersten Plattenspieler bekam Lehwald als Jugendlicher geschenkt. „Das war damals für mich ein absolutes Luxusgut“, erinnert sich der frühere Realschullehrer, der sich auch als Liedermacher und Autor einen Namen gemacht hat. Für Musik hat er sich dank des Vaters schon seit Kindheitstagen interessiert, Gitarrenunterricht folgte mit elf. Das Plattensammeln wurde aber erst zu seiner Leidenschaft. als Lehwald Mitte 30 war. „Das war vorher ja auch eine Geldfrage.“
Zunächst führt der Sammler seinen Besuch hinunter ins Kellergeschoss. Dort unten warten die wichtigsten Lagerräume. Beide sind zugestellt mit Regalen, jedes einzelne prall gefüllt mit Platten. „Früher war das hier noch mein Tonstudio. Seit 2010 benutze ich es als Sammlungsraum“, so Lehwald. Schon nach dem ersten Schritt dort hinein bleibt jeder Gast sofort stehen. Und staunt ehrfürchtig. Allein die Masse macht mächtig Eindruck.
Großer Fan der britischen Bluesrock-Band Free
„Ich bin Blues-Rock-Fan. Auch deshalb bilden Alben aus den 70ern das Rückgrat meiner Sammlung“, erzählt Lehwald. Von seiner Lieblingsband Free – vier britische Rockmusiker, die von 1968 bis 1973 wirkten und mit „All Right Now“ einen veritablen Hit hatten – besitzt er jede Scheibe. Manche sogar doppelt oder dreifach. „Die wurden in unterschiedlichen Ländern gepresst“, erklärt der Besitzer. Macht das einen Unterschied? „Aber sicher!“ So könne die Songreihenfolge auf der Japan-Fassung eine ganz andere sein als auf dem in Deutschland veröffentlichten Album.
Ein zweiter Schwerpunkt der imposanten Sammlung ist deutscher Rock. „Von Udo Lindenberg und Peter Maffay habe ich auch so gut wie alles“, sagt Lehwald. „Darunter echte Raritäten.“ Als Beweis holt er die einzige Platte zum Vorschein, die Maffay jemals in englischer Sprache eingesungen hat. „Da war der gute Mann aber noch deutlich jünger“, sagt Lehwald mit Blick auf das Foto auf dem Albumcover und lacht.
Zum Musikhören stehen acht Plattenspieler zur Auswahl
Die Gretchenfrage wird natürlich auch gestellt: Nach welchem System funktioniert sein Archiv? „Die Platten, die ich mindestens einmal gehört habe, sind alphabetisch nach Band- oder Musikernamen geordnet, die noch nicht gehörten nach Erscheinungsdatum.“ Lehwalds eherner Grundsatz lautet, dass er seine Vinyl-Schätze nicht nur besitzen, sondern sie alle auch akustisch heben möchte. Damit er das nicht immer an der gleichen Stelle tun muss, hat er Haus und Zweitwohnung mit acht Plattenspielern plus ebensovielen Musikanlagen ausgestattet. „Und jede hat ihren eigenen, ganz besonderen Klang.“
Die Kunst ist es, in diesem Vinyl-Wust nicht die Übersicht zu verlieren. „Das kann mir aber zum Glück nicht passieren“, betont Lehwald. Und warum nicht? „Weil ich für jede einzelne Platte eine eigene Karteikarte erstellt habe.“ Ungläubiges Kopfschütteln beim Besucher. Dieser wird auf der Runde durch das Schallplatten-Haus nun ins Dachgeschoss geführt. Und dort oben schlummern in unzähligen Holzkisten besagte 50.000 Karteikarten. „Darauf habe ich handschriftlich die wichtigsten Infos zu jedem Album notiert – und eine Kurzkritik, wie ich es finde.“ Die Heimat der Akribie, sie liegt also in Erle.
Nachschub findet Lehwald übrigens immer in seinem Stammplattenladen, der in Bottrop beheimatet ist. Natürlich schaut er sich auch im Internet sowie auf Floh- und Antikmärkten um. Neuware lässt er dabei meistens außer Acht. Es sind die alten Sachen, die ihn magisch anziehen. Manche kosten zwei, andere 50 oder mehr Euro pro Stück. Lehwalds Liebe zum Vinyl hingegen ist und bleibt für immer unbezahlbar.
Sorgen um die Zukunft seiner imposanten Plattensammlung
Bei allem Genuss in der Gegenwart sorgt sich Lehwald ein Stück weit um die Zukunft der Sammlung. „Ich habe keine Nachkommen und zerbreche mir schon heute den Kopf, was mal mit meinen Platten passieren soll, wenn ich einmal nicht mehr da bin“, gibt der 66-Jährige offen zu.
Besitzt er denn bei aller Vinyl-Lust denn auch noch Musik auf anderen Tonträgern? „Ich habe noch einige Kassetten“, antwortet Lehwald. Und was ist mit CDs? „Och, davon habe ich nicht so viele – nur so rund 3000.“ Wie immer im Leben ist auch hier alles eine Frage der Relation.