Gelsenkirchen-Erle. Der Gelsenkirchener Betriebs- und Wertstoffhof an der Adenauerallee wird umgebaut. Die Maßnahme wird mehr als dreimal so teuer wie geplant.
Der Betriebs- und Wertstoffhof an der Adenauerallee im Gelsenkirchener Norden ist in die Jahre gekommen – das weiß jeder, der dort schon einmal seinen Müll hingebracht hat. Eine Sanierung ist überfällig, bereits 2019 hatte der zuständige Betriebsausschuss Gelsendienste entschieden, dass das Gelände umgebaut werden soll. Eine damalige „Grobkostenschätzung“ kam auf Baukosten in Höhe von 5,2 Millionen Euro. Im Sommer soll jetzt mit den Arbeiten begonnen werden, doch die Baukosten haben sich deutlich erhöht: Statt 5,2 Millionen soll die Maßnahme jetzt 17,5 Millionen Euro kosten.
Das ist mehr als dreimal so viel wie ursprünglich geplant. Am Mittwoch dieser Woche berät der Betriebsausschuss Gelsendienste über die Planungen, am Donnerstag der kommenden Woche steht das Thema auch auf der Tagesordnung des Rates. Gelsendienste-Betriebsleiter Daniel Paulus sieht kaum Alternativen zu der Maßnahme: „Einen anderen Standort zu finden, ist kaum möglich, und dass an der Adenauerallee etwas passieren muss, steht außer Frage.“
Gelsendienste-Betriebsleiter: „Ich fand das eine Katastrophe“
Paulus hat seinen Job erst im vergangenen Jahr angetreten und das Problem quasi von seinem Vorgänger, Ulrich W. Husemann, „geerbt“. Husemann ist inzwischen Leiter der Essener Entsorgungsbetriebe. Paulus sei erschrocken gewesen, als er nach seinem Amtsantritt den Zustand des Betriebs- und Wertstoffhofes an der Adenauerallee gesehen habe. „Ich fand das eine Katastrophe“, sagt er. Damit meint er sowohl den Zustand der Gebäude als auch die Zufahrtssituation: Sowohl die Fahrzeuge von Gelsendienste als auch die Autos der Wertstoffhofkunden nutzen die gleiche Einfahrt. „Es wundert mich, dass da noch nichts passiert ist“, sagt er.
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Doch wie kommt es, dass aus den geschätzten 5,2 Millionen zwei Jahre später 17,5 Millionen Euro werden? Paulus macht drei Faktoren dafür verantwortlich. „Bei der Grobkostenschätzung von 2019 waren einige Punkte nicht berücksichtigt worden, die aber dringend saniert werden müssen“, sagt Paulus. Dazu gehören etwa eine neue Heizungsanlage, die Entwässerung sowie die Änderung der Aus- und Einfahrtsregelungen. Außerdem habe sich in den vergangenen zwei Jahren der Zustand der Gebäude noch einmal extrem verschlechtert. Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne zählt auf: „Es gibt in den Sanitär- und Sozialbereichen Probleme mit der Trinkwasserhygiene durch Legionellen, durch einen Wasserschaden haben wir massiven Schimmelbefall, den Sanitärbereich der Herren mussten wir 2021 aufgrund der Mitarbeitergefährdung außer Betrieb setzen.“ Ein dritter wichtiger Faktor seien die gestiegenen Bau- und Materialkosten: Allein dieser Punkt mache knapp 6 Millionen Euro aus.
CDU-Politiker: „Maßnahme kommt mindestens zehn Jahre zu spät“
Den Planungen von heute sei ein EU-weites zweistufiges Ausschreibungsverfahren der Architekten- und Fachplanerleistungen vorausgegangen. Ebenfalls habe es eine enge Abstimmung mit der Stadtverwaltung gegeben, so Tobias Heyne, konkret mit den Referaten Verkehr, Bauordnung und Umwelt.
Mit der Maßnahme begonnen werden soll im Juni oder Juli dieses Jahres. Der erste Bauabschnitt, der unter anderem die Sanierung der Gebäude umfasst, soll bis zum Frühjahr 2023 beendet sein. Im zweiten Bauabschnitt wird dann der Wertstoffhof umgebaut: Wenn alles gut geht, will man im ersten Quartal 2024 fertig sein.
Gelsendienste-Gebühren steigen
Die 17,5 Millionen Euro muss Gelsendienste aus eigenen Mitteln aufbringen beziehungsweise über einen Kredit finanzieren. „Wir schreiben die Baumaßnahme über eine Zeitraum von 50 Jahren ab“, sagt Betriebsleiter Daniel Paulus.Die Ausgaben würden auch dazu führen, dass die Gebühren für Müllbeseitigung und Straßenreinigung steigen würden. Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne rechnete vor, dass ein „Musterhaushalt“ im Vergleich zum Jahr 2022 in Zukunft 8,59 Euro mehr zahlen müsse.
Aus der Politik gab es bereits erste Reaktionen auf die Preisexplosion. „Ganz augenscheinlich war die erste Kostenschätzung aus dem Jahr 2019 völlig falsch“, sagte Nils-Peder Dobratz, Sprecher der CDU-Fraktion im Betriebsausschuss Gelsendienste. Für ihn kommt die Maßnahme „mindestens zehn Jahre zu spät“. Viel zu lang sei hier „sehenden Auges auf Verschleiß gefahren“ worden, notwendige Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten seien nicht getätigt worden. „Eine Politik, die sich nun rächt, und schließlich den Bürgerinnen und Bürgern als Gebührenzahler auf die Füße fällt“, so Dobratz.
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