Mülheim. An der Radschnellweg-Brücke in Mülheims Müga ist nun ein Klettersteig installiert. Wir waren dabei, als der Alpenverein die erste Übung kletterte.
Wer in den nächsten Wochen in der Müga spazieren geht, dem bietet sich ein ungewöhnliches Bild: Entlang der Brückenbögen des Radschnellweges klettern Menschen entlang.
Dies sind jedoch nicht, wie man vielleicht im ersten Moment denken könnte, Jugendliche, die unerlaubt auf Action aus sind, sondern Kletterer, die sich aufs Alpinklettern vorbereiten. Am 16. September wurde Mülheims erste Klettersteiganlage an der Vorlandbrücke fertiggestellt, am Mittwoch kletterte dort die erste Trainingsgruppe.
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Alpenverein und Stadt Mülheim feilten zehn Jahre lang an Kletter-Projekt
Fast zehn Jahre ist das Projekt von Mülheimer Alpenverein und Mülheimer Sportservice nun schon in Planung, die erste Skizze stammt von 2012. Bevor die Idee jedoch umgesetzt werden konnte, mussten zunächst die Brücke saniert, Möglichkeiten einer denkmalschutzgerechten Lösung gefunden und naturschutzrechtliche Fragen geklärt werden.
Der Bau selbst ging schnell: In bloß vier Tagen stellte der österreichische Baupartner HZI den Klettersteig fertig. Jetzt säumen über 60 Meter hinweg 170 Meter Drahtseil sowie viele Holzstufen und Metallgriffe drei Bögen der alten Brücke.
Mehr Training am Klettersteig für weniger Einsätze der Bergwacht
Michael Cremer, Vorsitzender des Mülheimer Alpenvereins, freut sich über den ersten Klettersteig in Mülheim: „Das ist eine sehr gute Trainingsmöglichkeit für Kletterer“, weiß er. Klettersteige in den Bergen zu erklimmen, sei eine der beliebtesten Bergsportarten geworden. Ein Klettersteig ist ein mit Stahlseilen, Holzgriffen und Eisenleitern gesicherter Kletterweg, an dem man sich gesichert an einem Felsen entlang bewegt.
„Überall, wo Berge sind, gibt es auch Klettersteige“, so Cremer. Das Problem dabei: Viele haben gar keine Erfahrung mit dem Erklimmen der Steige, sie überschätzen ihre Kräfte oder Ausdauer. „Deshalb müssen täglich Kletterer durch die Bergwacht gerettet werden. Das ist fatal“, findet Cremer. Umso besser findet er es, dass nun auch in Mülheim das Klettern auf einem Klettersteig trainiert werden kann. Zuvor war dies nur in der Nachbarstadt, im Landschaftspark Duisburg-Nord, möglich.
Klettersteig des Mülheimer Alpensportvereins eröffnet offiziell erst nächstes Jahr
„Klettern am Klettersteig erfordert eine ganz andere Koordination in Bezug auf Kraft und Motorik“, weiß Cremer. Denn statt wie in der Kletterhalle vertikal, klettert man hier horizontal. „Außerdem sind die Steine in den Bergen auf einmal nicht mehr rot markiert.“ Auf einem Klettersteig kann also gelernt werden, Risiken besser einzuschätzen, Bewegungen zu koordinieren und das Gleichgewicht in der Vertikalen zu halten.
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Doch wer darf hier überhaupt rauf? In den nächsten Wochen werden sich erst mal Fachübungsleitende des Mülheimer Alpenvereins mit dem Klettersteig vertraut machen. Von November bis März bleibt der Klettersteig dann geschlossen. Der Grund: Zu der Jahreszeit halten Fledermäuse unter der Brücke Winterschlaf. „Nächstes Jahr ist dann die offizielle Eröffnung“, freut sich Cremer.
Keine Event-Anlage mit Kassenhäuschen für Jedermann
Ab dann wird der Klettersteig als Trainingsort für Mitglieder des Mülheimer Alpenvereins dienen und soll auch externen Gruppen, die in den Bergsport einsteigen möchten, zur Verfügung gestellt werden. Als Event-Anlage mit Kassenhäuschen für Jedermann ist der Klettersteig allerdings nicht gedacht: „Das hier soll kein Massenbespaßungsort werden, auch aus Naturschutzgründen“, so Cremer.
Am Mittwoch war zum ersten Ausprobieren bereits eine Trainingsgruppe des Mülheimer Alpenvereins auf dem Klettersteig. „Die Kinder haben sich sehr darauf gefreut. Nächstes Jahr werden wir dann mit den Gruppen häufiger hier sein“, sagt Heiner Riemer, Jugendreferent des Mülheimer Alpenvereins.
„So schwer war es nicht, aber man muss sich schon erst mal einfinden“
Mülheims „Masterplan Spielen und Bewegen“
Der Klettersteig ist Teil des Mülheimer Masterplans „Spielen und Bewegen“ und wurde vom Programm Trendsport im Rahmen der Sportentwicklungsplanung betreut.Teil des Plans ist der Bau von mehreren Sportmöglichkeiten im gesamten Stadtgebiet. So wurde aktuell ebenfalls im Sportpark Styrum eine Boulder-Wand fertiggestellt.„Bouldern ist häufig die Einstiegsdroge zum Alpinklettern“, weiß Michael Cremer. Er freut sich immer über Neuanmeldungen im Mülheimer Alpenverein, der auch Schnupperkurse anbietet.
Wie war denn der erste Eindruck auf dem neuen Mülheimer Klettersteig? „Es hat Spaß gemacht. So schwer war es nicht, aber man muss sich schon erst mal einfinden“, findet der 15-jährige Joel. Das Klettern hier sei nämlich ganz anders als in der Kletterhalle: „Hier klettert man ja eher eine Route, also einen Weg, anstatt wie sonst bergauf.“
Was mehr Spaß macht, weiß die 13-jährige Lotta gar nicht so genau: „Das sind einfach zwei komplett unterschiedliche Sachen, ich mag beides gerne.“ Der Vorteil daran, an einer Brücke entlang zu klettern? Joel grinst: „Man könnte oben gut die vorbeilaufenden Leute erschrecken.“