Menden. Ein drohender Wehrbruch an der Ruhr versetzte Menschen in Aufregung. Die Meldung stellt sich jetzt als völlig falsch heraus – wie es dazu kam.
Die Warnung vor einem Wehrbruch und einer damit verbundenen Flutwelle an der Ruhr war aus Sicht der Wasserwerke Westfalen, denen das betroffene Wehr in Wickede-Echthausen gehört, komplett unangemessen. Es seien völlig unnötig Menschen verunsichert worden. Ruhrabwärts sollten Menschen ihr Zuhause verlassen. Bis zur Ruhrmündung herrschte Sorge vor einer großen Flutwelle.
Wasserwerke: Kein Wehrbruch – noch nicht einmal Gefahr einer Welle
„Das Ganze war für uns nie ein Sicherheitsthema“, sagt Wasserwerke-Sprecherin Tanja Vock. Man habe an dem Hochwassertag lediglich das Wehr einmal auf- und abfahren müssen, damit sich das angesammelte Treibgut nicht weiter aufstaut. Es sei von den Wasserwerken keinerlei Warnung ausgesprochen worden, schon gar nicht vor einem Bruch des Wehres. „Von uns stammte diese Aussage nicht.“ +++ Hintergrund: Diese Warnung versetzte die Menschen in Aufregung +++
Der Kreis Soest hatte am 15. Juli um 13.32 Uhr über alle Katastrophen-Warndienste die höchste Warnstufe ausgerufen. „Das Stauwehr bei Wickede-Echthausen droht zu brechen und muss aufgrund dessen geöffnet werden“, hieß es wörtlich. Und weiter: „Dadurch werden große Wassermassen in die Ruhr freigesetzt. Es besteht akute Überschwemmungsgefahr im Bereich der Ruhr. Der Bereich der Ruhr muss umgehend geräumt werden!“ In den Erläuterungen war von akuter Lebensgefahr die Rede. Nur Augenblicke später verbreitete der Kreis Unna die Meldung für Schwerte, Holzwickede und Fröndenberg. Flussabwärts schlossen sich unter anderem Hagen und der Ennepe-Ruhr-Kreis an. +++ Die dramatischen Ereignisse rund um das Hochwasser in Menden, Fröndenberg und Umgebung zum Nachlesen +++
Warnung ursprünglich nur für Wickede verfasst
Die Verantwortlichen bei den Wasserwerken zeigen wenig Verständnis für die Warnung, die viele Menschen in der ohnehin hochangespannten Situation ein Horrorszenario wie bei der Möhne-Katastrophe fürchten ließ. Aber wie kam es zu dieser Meldung?
„Die Warnmeldung ist von unserer Leitstelle nur für Wickede verfasst worden“, sagt Ralf Schwane, stellvertretender Kreisbrandmeister im Kreis Soest. Man sei vom Betriebsleiter des Wasserwerks über die Öffnung des Wehres informiert worden. In diesem Zusammenhang habe man selbst vermutet, dass die Öffnung des Wehres zu einem kleineren Anstieg des Pegels führen könne. Wegen des bereits sehr hohen Ruhrpegels habe die Feuerwehr sicherheitshalber auch Sirenenalarm für Wickede ausgelöst. „Das war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Wir haben lieber etwas zu groß gewarnt.“ Schwane gesteht ein, dass die Meldung von der Leitstelle leider falsch mit Hinweis auf den Bruch des Wehres formuliert wurde.
Meldung zunächst ungeprüft übernommen – dann rückversichert
Wie kam es dazu, dass sich die Meldung dann noch so sehr weiterverbreitete, Menschen, Feuerwehren und Krisenstäbe in höchste Alarmstimmung versetzte? Man habe die Warnung so nicht weitergegeben, versichert Ralf Schwane. Ohnehin hatte der Kreis Unna selbst binnen kürzester Zeit reagiert: „Wir haben die Meldung des Kreises Soest übernommen“, sagt Volker Meier, Sprecher des Kreises Unna. Parallel dazu habe die Leitstelle in Unna aber auch noch beim Kreis Soest nachgefragt und die Meldung so bestätigt bekommen. „Es hat natürlich eine Rückfrage gegeben.“
In der Leitstelle habe man mitgedacht und vermutet, dass sich eine Flutwelle in Wickede wohl auch wenige hundert Meter weiter in Fröndenberg bemerkbar mache, sagt Volker Meier. Auch wenn sich die Warnung im Nachhinein als Irrläufer herausstellte, sei es richtig, Warndienste wie die App NINA und die Katastrophenwarn-App des Bundes zu nutzen. Meier verweist darauf, dass ja anderswo in den vergangenen Tagen kritisiert wurde, dass die Apps bei der Flut gar nicht oder zu spät warnten. Für den Kreis Unna sei klar: „Keine Warnung ist auch keine Lösung.“
Aufregung ruhrabwärts noch Stunden später
Bis Klarheit herrschte, dauerte es dennoch Stunden. Nach gut zwei Stunden wurde die Warnung heruntergestuft, am Abend in Unna ganz aufgehoben. Die Meldung versetzte noch Stunden später andere Krisenstäbe ruhrabwärts in Aufregung. Tatsächlich stieg der Wasserpegel sichtbar um einige Zentimeter an. Auch das freigesetzte Treibgut war für alle Augenzeugen sichtbar. Es bestand auch die Sorge, dass das Treibgut andere Wehre beschädigen und dadurch Flutwellen auslösen könne.