Mülheim. Eine Stadt in Blau und Gelb: Rund 700 Demonstranten setzen Sonntag ein Zeichen gegen den Krieg. Auch Ukrainer gingen in Mülheim auf die Straße.

In vielen europäischen Städten zieht es die Menschen auf die Straße, um ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine zu setzen. So auch am Sonntag erneut in Mülheim. Ein breites Bündnis bestehend aus Kirchen, Jüdischer Gemeinde, DGB, Wohlfahrtsverbänden, Fraktionen und „Mülheim stellt sich quer“ hatte zu einem Friedensmarsch vom Rathausmarkt bis hinauf auf den Kirchenhügel aufgerufen. Etwa 700 Demonstranten für Frieden und Freiheit lauschten schließlich den bewegenden Worten und der Musik – viele mit Plakaten und ukrainischen Fähnchen ausgerüstet.

Blau und Gelb überall. Ein starkes Zeichen von denen, die erschienen sind. Manch’ einer hätte sich über noch mehr Teilnehmer gefreut. Auf der Wallstraße – auf dem Weg vom Rathausmarkt zum Synagogenplatz – erzählt ein Heißener Ehepaar, wie es zur Demo-Teilnahme kam. „Unsere Kirchengemeinde hat den Aufruf gestartet. Gemeinsam mit unseren Nachbarn sind wir dann hierhin gekommen“, sagt Thea Bohse. Ihr Mann Hermann meint: „Vor lauter Ohnmächtigkeit angesichts des Krieges in der Ukraine weiß man ja nicht, was man wirklich tun kann. Da ist es doch das Mindeste, sich hier öffentlich zu zeigen.“

Über die Mülheimer Friedenstreppe zog die Demonstration zum Kirchenhügel

Bei der Schweigeminute auf dem Synagogenplatz werden die Plakate in die Höhe gestreckt. „Peace. Not War!“, „Stop Putin now!“, „Frieden und Freiheit sind kostbar!“ Das Gesicht einer Dame ist komplett mit blauer und gelber Farbe bemalt, andere tragen einen Mundschutz in den Farben der ukrainischen Flagge. Weiter geht es über die von der Polizei für einige Minuten gesperrte Leineweberstraße und – sehr passend und aussagekräftig – die Mülheimer Friedenstreppe hinauf zum Kirchenhügel. Am oberen Ende der Treppe sind auf einem großen Plakat deutliche Worte zu lesen: „Putin, STOP den Massenmord mit deinen Streu- und Vakuumbomben! SPD-Schröder, Freund eines Diktators und Massenmörders, gib deine Putin-Millionen ukrainischen Kindern!“ Viele zücken ihr Handy und machen ein Foto davon.

Zu einer Schweigeminute stoppte der Demonstrationszug auf dem Synagogenplatz in der Mülheimer Stadtmitte.
Zu einer Schweigeminute stoppte der Demonstrationszug auf dem Synagogenplatz in der Mülheimer Stadtmitte. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Imagine all the people livin’ life in peace…“ dröhnt es aus den Lautsprechern. Der 1971 von John Lennon veröffentlichte Song hinterlässt angesichts der dramatischen Ereignisse mitten in Europa bei vielen Demonstranten einen Kloß im Hals. Die Sehnsucht nach Frieden und zugleich die Furcht vor einer Ausweitung des Krieges sind von den Gesichtern abzulesen. Auf dem selbst gebastelten Plakat von Thomas Hagemann, der sich der Demonstration gemeinsam mit seiner Frau Petra angeschlossen hat, steht: „Stop Putin! Stop War! Frieden für die Ukraine!“ Der Saarner meint: „Wir sind nun zum dritten Mal auf einer Demonstration gegen den Ukraine-Krieg – in Mülheim und in Oberhausen. Die Möglichkeiten sind eingeschränkt, etwas zu bewegen. Vielleicht bewirken wir etwas, wenn an vielen Orten möglichst viele Menschen auf die Straße gehen. Es ist für uns keine Option, zu Hause auf dem Sofa zu sitzen!“

Auch Auswärtige kamen zur Friedensdemonstration nach Mülheim

Die Organisatoren senden nahe dem Jobsbrunnen in der Altstadt ihr „Mülheimer Friedenszeichen“ mit abwechselnden Beiträgen. Darin heißt es auch, dass Putin den Krieg nicht gewinnen werde und er die Ukrainer nicht brechen und unterwerfen könne. Die Menge applaudiert. Stephan Ratermann ist aus Bocholt angereist. Der 68-Jährige findet es großartig, dass Stadt, Verbände und Organisationen sich in Mülheim zusammengefunden und die Demo gegen den Krieg veranstaltet haben. Er hat aber auch einen starken persönlichen Bezug zur Stadt. Sein Sohn Peter wohnt mit Frau und zwei Kindern in Winkhausen.

Eine Stadt in Blau und Gelb: Rund 700 Menschen beteiligen sich am Sonntag in Mülheim an einer Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine.
Eine Stadt in Blau und Gelb: Rund 700 Menschen beteiligen sich am Sonntag in Mülheim an einer Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Mülheims Ukraine-Hilfe- So können Bürger aktiv werdenErst kürzlich gab es Zuwachs in den eigenen vier Wänden. „Wir haben uns bei einer Plattform angemeldet und unsere Hilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen angeboten. Nun wohnt eine junge Dame mit ihren zwei Kindern bei uns. Alle zusammen sind wir nun zu dieser Demonstration gekommen. Das ist ja dann eine Selbstverständlichkeit“, erzählt Peter Ratermann. Ein paar Brocken Englisch, ansonsten hilft der Google-Übersetzer – so ist es auch derzeit bei Nina Thyssen. Sie hat eine ukrainische Mutter mit ihrer 19-jährigen Tochter bei sich aufgenommen. Der Kontakt ist über eine private Initiative entstanden. Die Schwester der 19-Jährigen ist mit ihren zwei Kindern bei Freunden untergekommen. „Ganz in der Nähe. Sie können sich jeden Tag sehen“, sagt Nina Thyssen. Und sie fügt hinzu: „Die Ukrainerinnen sind über die Anteilnahme in Mülheim tief beeindruckt.“

Hoffnung auf ein Friedenssignal aus Moskau

„Danke für ihr Engagement und ihr Zeichen! Wir hoffen, möglichst bald ein Zeichen des Friedens aus Moskau erfahren zu dürfen“, sagt Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz am Ende der Veranstaltung. Und zum Schluss schallt noch ein zweites Mal die Stimme von John Lennon aus den Lautsprechern: „All we are saying is give peace a chance…“

Breites Bündnis für den Frieden

Ein breites Mülheimer Bündnis hat die Demonstration am Sonntagnachmittag in der Mülheimer Innenstadt organisiert. Es waren dabei: Awo, Caritas, DGB, Diakonisches Werk, Evangelischer Kirchenkreis an der Ruhr, Fraktionen im Rat der Stadt, Jüdische Gemeinde, Katholische Kirche Mülheim sowie „Mülheim stellt sich quer“ und die Stadtverwaltung Mülheim.Unter den Demonstranten waren auch einige ukrainische Flüchtlinge, die aus den Kriegsgebieten fliehen und bei Familien in Mülheim unterkommen konnten. Sie freuten sich über die breite Anteilnahme in dieser Stadt.