Oberhausen. Hunderte Rathaus-Mitarbeiter in Oberhausen gehen in den nächsten Jahren in Rente. SPD fordert mehr Ausbildung – in einer neuen städtischen Firma.
Oberhausen steuert weiter auf einen Personalengpass im Rathaus zu – verbunden mit dann wohl weniger Service und längeren Wartezeiten in den Ämtern für Bürgerinnen und Bürger. Grund: Die städtische Belegschaft in den Rathäusern der Stadt wird immer älter. Mehr als 40 Prozent der aktuell 2824 Angestellten sind älter als 50 Jahre. Bis 2030, also in den kommenden neun Jahren, werden rund 730 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regulär in den Ruhestand gehen. Das sind rund 26 Prozent. Und die Suche nach Fach- und Nachwuchskräften ist eine große Herausforderung.
Lesen Sie auch:
- Zu viel Personal: Kommunalaufsicht rügt Stadt Oberhausen
- Stadt Oberhausen beschäftigt immer mehr Personal
- Oberhausen braucht mehr Erzieher in Kindertageseinrichtungen
- Korruptionsverdacht in Oberhausen: Konsequenzen gefordert
- Oberhausener VHS benötigt mehr Personal für Schulabschlüsse
Mit derzeit 262 Auszubildenden, Studenten und Praktikanten habe die Stadt in diesem Jahr zwar nach eigenen Aussagen einen neuen Höchststand an Nachwuchskräften erreicht, heißt es aus dem Rathaus. Die Personalfachleute beschreiben aber auch, wie schwer es ist, neue Kräfte zu gewinnen. Denn die Stadtverwaltung steht nicht nur in Konkurrenz zur freien Wirtschaft, sondern auch zu den Behörden in den Nachbarstädten. Und dort sieht die Situation nicht anders aus: Neues Personal wird händeringend gesucht. Nicht die Städte können sich die cleversten Bewerberinnen und Bewerber herauspicken, sondern die jungen Leute suchen sich den Arbeitgeber mit den besten Konditionen aus.
Ingenieure meist über 50 Jahre alt
Zuletzt hatte der damalige Personaldezernent Jürgen Schmidt 2019 Alarm geschlagen. Damals war die Zahl der Azubi-Bewerbungen um ganze 17 Prozent zurückgegangen und auch damals bereitete dem Verwaltungsfachmann die Altersstruktur große Sorgen. Ausgerechnet beim Fachpersonal spitzt sich die Lage weiter zu, wie das Beispiel der Ingenieurinnen und Ingenieure im Dienste der Stadt zeigt: Bei ihnen lag der Anteil der Über-50-Jährigen 2019 bei 71 Prozent – mittlerweile sind es 83 Prozent.
Immerhin hat sich die Zahl der Auszubildenden seitdem wieder deutlich erhöht (plus 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Doch den Ruhestand-bedingten Wegfall Hunderter Stellen in den kommenden Jahren werden die neuen Kräfte nicht kompensieren können. „Zur Deckung des notwendigen Personalbedarfs wird es auch der zusätzlichen Einstellung von externen Kräften bedürfen,“ heißt es aus dem Rathaus auf aktuelle Nachfrage.
Spitze gegen Oberbürgermeister Daniel Schranz
In den vergangenen zwei Jahren wurden in den Oberhausener Rathäusern knapp 250 neue Stellen geschaffen. 2578 Beschäftigte zählte die Stadt am 21. Dezember 2018, am Stichtag 30. Juni 2021 waren es 2824 – also exakt 246 mehr. Diese seien zu rund 85 Prozent ganz oder teilweise durch Fördermittel refinanziert oder wurden aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung eingerichtet, heißt es dazu aus dem Rathaus. Der weitaus größte Anteil an neu eingerichteten Stellen entfällt auf Erzieherinnen und Erzieher.Die SPD begrüßte zuletzt bei ihrer Klausurtagung in Leer das Plus an neuen Mitarbeitern. Eine Spitze gegen Oberbürgermeister Daniel Schranz konnten sich die Sozialdemokraten dabei nicht verkneifen. Der hatte in seinem ersten Wahlkampf um den Oberbürgermeister-Posten 2015 gefordert, die Verwaltung zu verschlanken. „Eine unsinnige Forderung“, sagen die SPD-Ratsherren Thomas Krey und Manuel Prohl. „Wir brauchen Personal in dieser Verwaltung.“
„Wir sehen ein großes Drama auf uns zukommen“, sagt Thomas Krey, stellvertretender Vorsitzender der Oberhausener SPD-Ratsfraktion. „Wir müssen die frei werdenden Stellen unbedingt neu besetzen, am besten mit den selbst ausgebildeten Fachleuten“, ergänzt sein Ratsherren-Kollege Manuel Prohl. Die Sozialdemokraten fordern, deutlich mehr junge Menschen auszubilden.
Stadt Essen als Vorbild?
Doch wie soll das funktionieren? Prohl verweist auf die Nachbarstadt Essen, in der es seit Juni 2017 eine kommunale Ausbildungsfirma gibt. Am Standort einer ehemaligen Schule werden die künftigen städtischen Mitarbeiter auf ihr Wirken in der Verwaltung vorbereitet. Sie lernen die Aufgabenbereiche der Stadtverwaltung kennen und simulieren dabei ein eigenes Unternehmen mit allen Betriebsabläufen.
Bis zu 33 Nachwuchskräfte aus verschiedenen Bereichen übernehmen dabei auch Realaufgaben aus dem Echtbetrieb der Verwaltung: Sie pflegen beispielsweise Daten des Einwohnermeldeamtes oder betreuen Bürger-Hotlines. „Damit werden die Fachbereiche entlastet und noch viel wichtiger: Die Azubis können Erfahrungen in unterschiedlichen Aufgabenfeldern sammeln“, erklärt eine Sprecherin der Stadt Essen auf Nachfrage.
Das „InOffice“ sei ein Erfolgskonzept. „Und hat auch außerhalb unserer Stadtgrenzen bereits großen Anklang gefunden.“ Es sei selbst weit über Nordrhein-Westfalen hinaus bekannt und habe bereits andere Kommunalverwaltungen bei den dortigen Planungen unterstützen können, etwa in Dortmund, Bochum oder Frankfurt.
Das Essener Modell auf Oberhausen zu übertragen, halten die Verantwortlichen im Rathaus dennoch für keine gute Idee, „da Essen eine deutlich andere Zusammensetzung der Ausbildungszahlen hat“. In Oberhausen verfolge man aber einen ähnlichen Ansatz, indem man „in einigen Fachbereichen Ausbildungsbüros geschaffen hat“. Die Verwaltung arbeite derzeit „an anderen Ansätzen zur Erweiterung der Ausbildungskapazität“.