Oberhausen. Tanzgarden standen in Oberhausen nach fast zwei Jahren zum ersten Mal wieder auf einer Bühne. Die Proben im Lockdown gestalteten sich schwierig.
Wer im Karneval nur rheinische Schunkellieder vermutet, Reime auf Rhein, Dom und Bützchen, der wird beim „Warm up“ der Oberhausener Tanzgarden eines Besseren belehrt. „Don’t stop me now“ ("Halte mich jetzt nicht auf") von der britischen Rock-Legende Queen schallt am Samstagmorgen durch die Aula des Sophie-Scholl-Gymnasiums. Es ist für viele der 150 Kinder und Jugendlichen der erste karnevalistische Auftritt seit fast zwei Jahren.
Denn von „Don’t stop me now“ ließ sich die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr nicht beeindrucken. Die folgenden zwei Lockdowns bremsten das Vereinsleben komplett aus. Gift für jedes Hobby, das mit Herzblut gelebt wird. Schwierig für Kinder und Jugendliche mit Bewegungsdrang. Proben konnten die Tänzerinnen und Tänzer in den Sporthallen nicht.
Karneval in Oberhausen: Im Corona-Lockdown nur Home-Tanz-Office
Nun tragen sie blaue Bändchen mit Nummern an den Armen. Am Eingang werden gelbe Impfausweise und Handy-Apps mit Zertifikaten gezückt. Es gilt: die 3G-Regel. Trainerinnen gehen vor der Tür noch einmal die letzten Absprachen durch. Zählen mit den Fingern den Takt herunter. Tänzerinnen in grünen, gelben und roten Uniformen hüpfen von einem Fuß auf den nächsten, um sich für die Bühne warm zu halten. Ist die Aufregung nach so einer langen Pause größer als sonst? „Auf jeden Fall!“
Auch Isabell Lück huscht zwischen der Aufwärm-Sporthalle des Sterkrader Gymnasiums und der Aula samt Bühne hin und her. Mit jungen 22 Jahren ist sie trotzdem schon eine erfahrene Trainerin, tanzt selbst seit Kindertagen und kümmert sich heute um die elfjährige Emelie - das Tanzmariechen der Karnevalsgesellschaft Styrumer Löwen. Beide können lächeln. Der Auftritt ist gerade vorbei. Auf dem Schulhof knipsen sie noch schnell einige Selfies. „Ja, es hat alles geklappt!“ Die Erleichterung sieht man ihnen an.
Die Proben während des Lockdowns gestalteten sich dagegen schwierig. Im Wohnzimmer wurden Tische zur Seite geschoben. Statt in der Sporthalle musste das Home-Tanz-Office herhalten. Und während des Lockdowns ging es mit der Junioren- und Seniorengarde sogar noch einen Schritt weiter beim Improvisationsgeschick. Mit Fern-Training!
„Wir haben das Training per Zoom über das Internet durchgeführt“, sagt Isabell Lück. Das klappte überraschend gut. Die Schritt-Analyse gab es per Kamera. Meistens zumindest. „Natürlich geht manchmal die Technik in die Knie.“ Fehlender Ton, abgebrochene Verbindung. Da wird die Trainerin auch mal zum Technik-Support.
Karneval in Oberhausen: Tanz-Training per „Zoom“ hat Schwächen
Doch nun heißt es: Live is Life. Ja, ja, wir lieben das Leben. Polka. Polka. Polka. Der Abschied vom sterilen Wohnzimmer, zurück zum Publikum fällt an diesem Morgen umso emotionaler aus. „Gesichter strahlen bei einem Live-Auftritt immer, bei den meisten Aktiven haben sie heute aber ganz besonders intensiv gestrahlt“, sagt Daniel Schwan, der mit den Blauen Funken selbst seit Jahren tanzt und im Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval das „Warm up“ koordiniert.
Zehn Oberhausener Tanzgarden, dazu Mariechen und drei Stunden Programm mit 150 Aktiven. Das ist etwas weniger als vor der Pandemie. Da die Zeit knapp war, haben viele Garden ihre bereits einstudierten Tänze verfeinert. Ein komplett neues Programm einzuüben, ist in der Corona-Vorbereitung häufig schwierig. Den so etwas kann bis zu einem Jahr dauern.
Nun hoffen die Garden während der Session auf viele Auftritte. Die meisten Oberhausener Vereine planen unter Corona-Regeln eigene Sitzungen. Und dort soll es wieder das geben, was bei einem Tanz per Internet-Übertragung komplett fehlt: „Das ist der Applaus des Publikums!“
>>> Ehemalige Kinderprinzen moderieren
Das „Warm up“ für Oberhausener Tanzgarden startet traditionell vor der Karnevalssession am 11. November. Damit sollen die Tänzerinnen und Tänzer die Gelegenheit erhalten, die Darbietungen der anderen Vereine zu sehen. Oftmals klappt das während der Narrenspielzeit nicht, weil die Auftritte parallel stattfinden.
Moderiert wurde der Vormittag vom ehemaligen Kinderprinzen der Session 2019/2020, Kai I., und der ehemaligen Kinderprinzessin Joanna I. aus der Session 2017/2018. Beide lösten ihre Aufgabe bravourös.