Mülheim. Themenabende sollen den Menschen in Mülheim durch die Dauerkrise helfen. „Psychohygiene“ etwa kann vor dem Burn-out bewahren. So funktioniert’s.

Gefühlt leben wir in einer Dauerkrise, erst Corona, jetzt der Krieg in der Ukraine. Deshalb lädt das vom Pädagogen Harald Karutz geleitete psychosoziale Krisenmanagement der Stadt, immer wieder dienstags um 18.30 Uhr, zu Themenabenden ein in die Evangelische Familienbildungsstätte am Scharpenberg 1. Dort gibt es praktische Tipps für ein seelisch unbeschadetes Leben, Lernen und Helfen in der Krise. Kürzlich stand das Thema „Psychohygiene“ auf dem Plan.

Die in der Stadtmitte praktizierenden Psychotherapeuten Thomas Dahm und Birgit Dahm-Hentschel besprachen in einem Kreis interessierter und zum Teil ehrenamtlich engagierter Mülheimer Strategien des seelischen Selbstschutzes. Nach einer Selbstreflektion darüber, was Menschen zum Helfen motiviert, etwa: Anerkennung, soziale Kontakte, Horizonterweiterung und Selbstbestätigung.

Mülheimer Psychotherapeuten-Paar spricht über Selbstschutz in der Krise

„Wer anderen Menschen hilft, muss sich darüber im Klaren sein, dass er dies nie nur selbstlos, sondern aus einer eigenen Motivation heraus tut“, betonen Dahm und Hentschel. Im Gespräch darüber, „was uns gerade in Krisenzeiten gut tut“, kam schnell eine ganze Reihe von wirksamen Handlungsstrategien zusammen. Es wurde zum Beispiel festgehalten: Rechtzeitig abschalten! Eine Dauerberieselung mit schlechten Nachrichten ist kontraproduktiv.

Wichtig sind Termine mit sich selbst, feste Zeiträume im Alltag, in dem man sich selbst etwas Gutes tut, zum Beispiel das Feierabendbier auf dem Balkon, der Spaziergang an der Ruhr, Malen, Schreiben, Musik hören, Freunde treffen, Essen gehen, ein gutes Buch lesen, Gartenarbeit oder Fahrradfahren.

Burn-out-Vorbeugung: Eigene Kapazitäten nie hundertprozentig ausschöpfen

Als Resümee des Abends wurde deutlich herausgearbeitet, dass man seiner seelischen Gesundheit in allen Lebenslagen Gutes tut, wenn man die eigenen Kapazitätsgrenzen anerkennt und nie zu 100 Prozent ausschöpft, sondern immer einen kleinen Sicherheitspuffer einbaut, um einem Burn-out vorzubeugen. Am Beispiel ihres eigenen Berufsalltags machten die Psychotherapeuten deutlich, „dass man sich rechtzeitig Hilfe holen muss und den eigenen Hilfebedarf nicht als Versagen empfinden sollte, sondern dass auch wir regelmäßig die Supervision nutzen, weil es immer gut ist, wenn jemand von außen auf die eigenen Probleme schaut“.

https://www.waz.de/staedte/muelheim/muelheimer-psychologin-raet-wie-geht-man-mit-krisen-um-id235264297.htmlAm Ende waren sich alle Gesprächspartner darüber im Klaren, dass gerade hilfsbereite Menschen lernen müssen, „Nein“ zu sagen und eigene Grenzen zu setzen, ohne Schuldgefühle zu entwickeln. Dazu empfiehlt Thomas Dahm, „deutlich zu unterscheiden zwischen den Dingen, für die ich verantwortlich bin und die ich selbst ändern kann, und jenen Dingen, die außerhalb meiner Macht stehen“. Die Themenabende werden bis zum 12. Juli jeden Dienstag fortgesetzt. Alle Infos und Termine gibt es auf der Website der Stadt Mülheim.