Oberhausen. Ein Open-Air-Geheimtipp spielt am Kaisergarten seine Stärken aus. Max Prosa verrät, was er von seiner Hymne in der TV-Show „The Voice Kids“ hält.
Eigentlich kann man „Geheimtipps“ nicht mehr hören. Alles, was sich nicht dampfwalzenartig über den Massengeschmack breittreten lässt und sich einigermaßen vom Dilettantenstadl abhebt, wird hastig wie inflationär mit diesem Prädikat geadelt.
Umso mehr kann man dem „Indie Radar Ruhr Open-Air“ nur zurufen: Ja, ihr seid wirklich ein Geheimtipp! Und das auch verdient. Denn das Vierer-Konzert am Sonntagabend mit Luise Weidehaas, Florence Besch, Philipp Eisenblätter und Feuilleton-Liebling Max Prosa hätte neben dem Open-Airea-Gelände mehr Zuschauer verdient gehabt.
Vielleicht 80 weiße Gartenstühle sind besetzt, doppelt so viele Fans hätten wohl hinein gepasst. Die Bühne breit und hoch. Das Areal an der Kante zum Kaisergarten von viel Grün umringt. Die Singer-Songwriter geben alles. Schmale Instrumentierung, meist allein, manchmal mit einzelnen Klangpartnern. Luise Weidehaas stellt ihren Bassisten als ihre Band vor. Ein Mikrokosmos zum schnurrenden Gitarrenklang.
Helge Schneider hätte seine Freude gehabt
Helge Schneider, der bekanntlich am Wochenende beim Strandkorb-Konzert in Augsburg genervt die Bühne verließ, weil er sich an herumlaufenden Kellnern störte, hätte hier seine Freude gehabt. Das Publikum schenkt den Künstlern beinah hypnotische Aufmerksamkeit wie in einer Kathedrale. Hin und wieder klacken Inline-Skates von der benachbarten Rollerbahn. Eine Schaukel in der Nähe quietscht. Für Luise Weidehaas ist das der perfekte Soundtrack. „Es fühlt sich ein wenig so an wie bei Haldern Pop!“
Von der künstlerischen Note kein abwegiger Vergleich zum renommierten Festival am Niederrhein. Mit Max Prosa kommt auch ein in der Liedermacher-Szene schwer angesagter Künstler vorbei. Die Haare lang, der Hut sitzt locker, ein Nackengestell trägt seine Mundharmonika, die Gitarre muss er zum Start erst stimmen. Der 31-jährige Berliner spricht von der heilsamen Kraft der Musik. Er sendet „Grüße aus der Flut“, seinem letzten Album. Er taucht ein in die Herzkammer zwischenmenschlicher Beziehungen. Seziert die Liebe in feinen Bildern. Stellt nicht nur Fragen, sondern versucht zu antworten.
Max Prosa zitiert bei „Halleluja“ und „Bella Caio“
Im April landete sein Song „Flügel“ in der Sat1-Show „The Voice Kids“. Der 15-jährige Egon Werler überzeugte damit das Publikum, später gewann er sogar das Bildschirm-Casting. Das brachte auch Prosa neue Fans. Vom Klangtalent des Kandidaten ist er beeindruckt, vom Format der TV-Show, das hört man heraus, dafür weniger.
Prosa mag den wahrhaften Dialog mit dem Publikum. Als eine Zuschauerin das andächtige Lauschen am Kaisergarten unterbricht und höflich, aber zielstrebig fragt, ob sie sich einen Song wünschen könne, sieht man dem souverän bejahenden Liedermacher an, dass er innerlich lacht.
Dann: Leonard Cohens „Halleluja“, doch es bleibt deutschsprachig. Auch beim ursprünglichen Partisanen-Lied „Bella Ciao“: Kein Karneval von Klüngelköpp und Brings, sondern lieber Hannes Wader. Finale! Schluss!
Für Indie Radar Ruhr, sonst im Gdanska am Altmarkt heimisch, ist die Open-Air-Reihe wichtige Spielzeit. Philipp Eisenblätter, der mit „Mein Herz schlägt numa hier“ dem Fußball-Drittligisten MSV Duisburg das Saison-Motto stiftet, und Luise Weidehaas waren in der Kulturgaststätte vor dem Lockdown übrigens auch die letzten Künstler im Konzertalltag.
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Weitere Termine am Open-Airea-Space am Kaisergarten: Jason Bartsch und IUMA (Mittwoch, 28. Juli, 19.30 Uhr, 9 Euro), Fritzi Ernst und Jule Blumt (Donnerstag, 29. Juli, 20 Uhr, 9 Euro), Rude Reminders und Roxopolis (Freitag, 30. Juli, 20 Uhr, 9 Euro).
Das Konzert-Gelände erreichen Fans über die Straße Am Kaisergarten 28. Es gelten die drei Gs. Aktuell getestet, genesen oder vollständig geimpft.