Oberhausen. Jochen Kamps, Awo- und ZAQ-Chef in Oberhausen, geht in den Ruhestand. Auf die Ereignisse der letzten Jahre blickt er mit gemischten Gefühlen.
Jochen Kamps, langjähriger Chef der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und des Zentrums für Ausbildung und berufliche Qualifikation Oberhausen (Zaq), hat am 31. Dezember offiziell seinen letzten Arbeitstag. Wer den 64-Jährigen Sozialdemokraten kennt, muss jetzt schmunzeln, denn er weiß: Mit Ruhe hat Kamps, ein Vordenker der Sozialarbeit in Oberhausen, im Ruhestand nicht viel am Hut. Und so hat der überzeugte Oberhausener für die Zeit nach seiner Berufstätigkeit jetzt schon einen guten Plan. Auf die Ereignisse der letzten Jahre aber blickt er mit gemischten Gefühlen zurück.
Wie kamen Sie zum Zentrum für Ausbildung und Qualifikation?
Jochen Kamps: Ich hatte den Beruf des Verwaltungswirts bei der Stadt Oberhausen erlernt und dort auch 16 Jahre lang gearbeitet. Dann, vor 32 Jahren, fragte mich mein Chef, der damalige Dezernent Hugo Baum, ob ich nicht meinen Vorgänger bei der Jugendberufshilfe Oberhausen beerben will. Ich ließ mich dafür zunächst ein Jahr lang beurlauben und danach war klar: Ich gehe nicht mehr zurück, das ist genau das, was ich immer machen wollte. Außerdem hatte ich viel Glück mit meinen Chefs.
Inwiefern?
Egal ob Hugo Baum, Friedhelm van den Mond oder Elia Albrecht-Mainz, aber auch alle anderen Vorstandsmitglieder – sie ließen mich einfach machen, gewährten mir Freiräume, selbst wenn sie wohl ab und an dachten, jetzt spinnt der Kamps. Wenn aber mal etwas nicht 100-prozentig klappte, hielten sie mir den Rücken frei und stellten sich hinter mich. Ein paar meiner Ideen kamen aber wohl ganz gut an, denn nur drei Jahre später übernahm ich zusätzlich die Geschäftsführung der Arbeiterwohlfahrt in Oberhausen.
Und waren damit verantwortlich für die so unterschiedlichen Bereiche Senioren und Jugend. Wie ließ sich das vereinbaren?
Als ich zur Awo kam, eröffneten die gerade ihre zweite Kindertageseinrichtung. Das erschien ausbaufähig und so stiegen wir als einer der ersten Träger in Oberhausen mit in die Ganztagsbetreuung an den Schulen ein. Die Arbeiterwohlfahrt hat sich in dieser Stadt auch immer für die Stadtteilarbeit, heute Quartierentwicklung, stark gemacht. Genau dieses Feld bildete in vielen Fällen schnell den Schnittpunkt für eine Zusammenarbeit mit ZAQ. Arbeitsmarktprogramme und Quartierentwicklung – das bot uns eine Vielzahl an Entwicklungsmöglichkeiten.
Hätten Sie da ein Beispiel?
Als der heutige Oberhausener Tennis & Hockeyclub OTHC vor rund 20 Jahren seine Anlage im Kaisergarten verließ, eröffneten sich zum Beispiel für uns hier völlig neue Perspektiven. Mit der Stadt und neu aufgelegten Programmen für Langzeitarbeitslose entwickelte, baute und betrieb ZAQ dort die Freizeitanlage Open Airea. Die Rampen für Skateboard- und Inlinefahrer machten die Anlage weit über Oberhausen hinaus bekannt und noch heute, nach einer grundlegenden Erneuerung der Flächen im Jahr 2020, ist die Open Airea ein Anziehungspunkt für Skater aus dem ganzen Ruhrgebiet. Aber insbesondere der Umzug des ZAQ am 9. September 1999 von Altenberg an den heutigen Sitz an der Essener Straße bedeutete für uns – neben der Namensänderung – einen Quantensprung. So konnten wir wegen der wesentlich besseren räumlichen Bedingungen unter anderem etwa verstärkt in Maßnahmen für Langzeitarbeitslose einsteigen. Viele der bei uns ausgebildeten und qualifizierten Menschen bestätigen uns heute, welche wichtige Rolle wir als ZAQ in ihrem Berufsleben gespielt haben. Das freut uns natürlich sehr.
Gab es auch Zeiten, in denen Sie mal die Nase voll hatten?
Aber sicher, zum Beispiel als erstmalig die Arbeitsmarktmaßnahmen durch die damalige Bundesanstalt für Arbeit ausgeschrieben worden sind. Wir verloren dadurch direkt eine Ausschreibung. Den Zuschlag erhielt ein Unternehmen aus Norddeutschland, das weder über die räumlichen Kapazitäten noch über das erforderliche Know-how verfügte. Da es aber nicht tarifgebunden war, konnte das Unternehmen die Maßnahme wesentlich billiger anbieten als wir. Zwei Wochen vor dem geplanten Projektbeginn hatten die noch gar nichts vorbereitet. Aus diesem Grund haben wir eine Vergabeklage eingereicht. Das Gericht gab uns recht und wir erhielten den Auftrag dann doch noch.
Wenn Ihnen die Arbeit so viel Freude bereitete, wieso warfen Sie dann 2014 Ihren Hut als SPD-Oberbürgermeister-Kandidat ins Rennen?
Ich wollte etwas auch über die Grenzen des ZAQ und der Awo hinaus verändern. Ich habe dann lange mit meiner Frau diskutiert, ob ich kandidieren sollte. Sie sagte, wenn du das wirklich willst, musst du es versuchen. Das habe ich getan und bin unterlegen. Insbesondere die Entwicklung unserer Innenstadt hätte ich gerne in eine andere Richtung gelenkt, noch mehr gegen die sozialen Ungerechtigkeiten unternommen.
Das Quartier am Julius-Brecht-Anger
Seit 2004 modernisiert der Awo-Kreisverband Oberhausen das Quartier am Julius-Brecht-Anger. Die Siedlung entstand ursprünglich in den 1950er Jahren. In den letzten 16 Jahren sind etwa die Häuser am Julius-Brecht-Anger 1-5 oder 29a und am Ebereschenweg 2, 4 und 6 aufgestockt (Staffelgeschoss) sowie unter anderem mit Aufzügen, Balkonen, barrierefreien Bädern und neuen Fassaden versehen worden.Rund 29 Millionen Euro investiert die Awo insgesamt in das Dorf und ruft dafür Fördergelder des Landes ab. Damit wird der größte Teil der 167 Wohnungen öffentlich gefördert: 126 Einheiten. Für sie gilt eine Mietpreisbindung, Mieter müssen einen Wohnberechtigungsschein vorweisen. Die Kaltmiete beträgt nach Angaben von Awo-Geschäftsführer Jochen Kamps rund 5,30 Euro pro Quadratmeter.
SPD-Kandidat wurde schließlich Apostolos Tsalastras, wie war das für Sie?
Ich war enttäuscht. Aber wie heißt es doch so schön: Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden. Heute weiß ich, dass ich als Oberbürgermeister ganz bestimmt nicht mehr so viel Zeit für die Menschen gehabt hätte, die mir sehr wichtig sind.
Wie geht es nach Ihrem letzten Arbeitstag weiter?
Seit 2004 modernisiert und erweitert die Awo ihr Wohndorf im Stadtnorden. Die Arbeiten für den letzten Bauabschnitt haben gerade begonnen. Am Julius-Brecht-Anger 33 soll künftig ein neuer Gemeinschaftsraum zur Verfügung stehen für Freizeitaktivitäten, Sprechstunden der Quartiersarbeit und als Treffpunkt für Wohndorf-Mieter und Menschen aus der Umgebung. Diesen Treffpunkt will ich mit anderen interessierten Ehrenamtlichen bespielen, dafür also ein Programm entwickeln. Schön ist auch, dass dieser Ort nicht weit weg von zu Hause ist. Ich kann da zu Fuß hin, gute Voraussetzungen für eine Balance von Freizeitvergnügen und erfülltem Familienleben.
Das Gespräch mit Jochen Kamps hat Redakteurin Barbara Hoynacki geführt.