Essen.. Das Landgericht Essen hat einen Mediziner wegen Totschlags zu einer Haftstrafe verurteilt. Der Mann soll einen Corona-Patienten getötet haben.

Sein Motiv kennen sie nicht. Aber dass der Essener Mediziner Andreas B. im Uni-Klinikum einen schwerkranken Patienten zu Tode gespritzt hat, davon ist das Essener Schwurgericht überzeugt. Am Mittwoch verurteilte es den 45-Jährigen wegen Totschlags im minder schweren Fall zu dreieinhalb Jahren Haft.

Am 13. November vergangenen Jahres hatte er aus Sicht der Kammer das Beatmungsgerät eines 47 Jahre alten Patienten aus Holland abgestellt und ihm Kaliumchlorid gespritzt. Damit hatte er das Leben des an Corona erkrankten Mannes eigenmächtig verkürzt und den Herzstillstand verursacht.

Mediziner in Essen soll Corona-Patienten getötet haben

Im Urteil gestand Richter Jörg Schmitt zu, dass der Patient auch ohne die Injektion hätte sterben müssen, weil sein Zustand kaum mehr zu heilen gewesen sei. Allerdings seien noch nicht alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft oder abschließend besprochen worden.

Der Patient war seit Oktober krank und nach Essen gebracht worden, weil sich die Ärzte in Holland und die Familie hier bessere Heilungschancen versprochen hatten. Aber die Chancen waren von Anfang an schlecht, der Mann befand sich im künstlichen Koma. Für den 13. November hatte Mediziner Andreas B. die Angehörigen nach Essen bestellt, um im Gespräch mit ihnen den Patientenwillen zu erforschen. Es ging dabei um die Frage, ob weitere Behandlungen von ihm gewünscht worden wären.

Richter: Angehörige wurden belogen

"Bei diesem Gespräch haben Sie die Angehörigen schlicht belogen", hielt Richter Schmitt dem Arzt im Urteil vor. Andreas B. habe den Eindruck erweckt, der Sterbeprozess sei bereits unaufhaltsam eingeleitet. Unter diesen Voraussetzungen hätten die Angehörigen, darunter die als Nebenklägerin am Prozess teilnehmende Frau des Patienten, dem Abschalten des Beatmungsgerätes zugestimmt. Die Information sei aber falsch gewesen, sagte Schmitt.

Die Kammer geht davon aus, dass der Arzt den Tod durch die Injektion von einmal neun und kurz danach weiteren 49 Millilitern Kaliumchlorid bewusst herbeigeführt habe. Andreas B. hatte das in der Hauptverhandlung bestritten und von anderen Medikamenten gesprochen, die er injiziert habe.

Schmitt warf ihm in diesem Zusammenhang eine weitere Lüge vor. Denn an den Infusionsapparaten des Klinikums sei genau dokumentiert, welches Medikament in welcher Menge er injiziert habe.

Staatsanwaltschaft war sicher, dass Arzt Sterbeprozess illegal verkürzte

Staatsanwältin Birgit Jürgens hatte zuvor in ihrem Plädoyer den Arzt ebenfalls des Totschlags im minder schweren Fall als überführt angesehen. Sie sprach davon, dass ihm die Überforderung auf der Intensivstation während der zweiten Coronawelle zugute gehalten werden müsse. Drei Jahre Haft forderte sie.

Verteidiger Harald Wostry hatte dagegen Freispruch gefordert. Er sah keinen Beweis für die Argumentation der Staatsanwältin.

Richter Schmitt erinnerte daran, dass dieser Fall nur deshalb vor Gericht gelandet sei, weil ein Pfleger die Injektion von Kaliumchlorid bemerkt und gemeldet habe. Danach habe der Arzt gegenüber der Uni-Klinik Essen, in Vernehmungen bei der Polizei und schließlich bei der Haftrichterin des Essener Amtsgerichtes ein Geständnis abgelegt. Da habe er seine Tat noch mit seinem Mitleid begründet, das er für die zum Tode geweihten Patienten und ihre Angehörigen empfinde. Diese Geständnisse halte die Kammer für zutreffend.

Motiv unklar: Arzt bestreitet die Vorwürfe

Leider, so Schmitt, habe der Arzt in der Hauptverhandlung seine Taktik geändert und alles bestritten. Damit sei unklar, welches Motiv ihn geleitet habe. Vor allem habe er sich selbst aber die Chance genommen, mit einem Geständnis Strafmilderung zu erreichen. Er deutete an, dass dies in Richtung Bewährung hätte gehen können.

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Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Es gibt aber auch noch zwei weitere gleichartige Fälle, über deren Zulassung die Kammer entscheiden muss.