Mülheim..
Manch ein Arbeitnehmer träumt davon, sich selbst zu befördern und sein eigener Chef zu werden. Was es bis dahin zu beachten gibt und mit welchen Startschwierigkeiten Existenzgründer zu kämpfen haben, weiß Dr. Uta Willim von der Wirtschaftsförderung Mülheim & Business, in der das Startercenter angesiedelt ist. Am Donnerstag, 17. November, berät die Expertin angehende Gründer von 13 bis 14 Uhr am WAZ-Telefon unter: 44 308 33.
Ist Mülheim eine Gründerstadt?
Dr. Uta Willim: Ganz klar: ja. Wir haben hier gute Bedingungen für Gründer. Allein hier im Gründermuseum finden sich hervorragende Beispiele, sei es Thyssen oder Tengelmann – das prägt das Bild der Stadt. Zudem haben wir eine hervorragende Anlaufstelle für Existenzgründer. Jeder kann zu uns kommen, ob Handel oder Gewerbetreibende, Gastronomen oder Freiberufler. Wir beraten von der ersten Phase bis zur Gründung und darüber hinaus, geben Tipps zur Erstellung von Businessplänen und haken an Stellen nach, die noch nicht plausibel sind – schließlich geht es darum zu schauen, ob das Konzept trägt und man am Ende davon leben kann. Außerdem haben wir ein breites Netzwerk an Partnern – IHK, Handwerkskammer oder Einzelhandelsverband. So können wir fachspezifisch vermitteln.
Wie läuft die Beratung ab?
Willim: Zunächst raten wir, unseren Infonachmittag zu besuchen, wo allgemeine Fragen beantwortet werden. Wenn es spezieller wird, fordern wir jeden auf, ein Grobkonzept anhand einer Checkliste zu erstellen. Das ist die Grundlage für ein vertieftes Beratungsgespräch. In diesem schauen wir dann, ob die Idee marktfähig ist, ob es ein Alleinstellungsmerkmal in der Idee gibt, mit dem sich die Gründer gegenüber Mitbewerbern abgrenzen. Auch die Marketingstrategie muss durchdacht sein, Zahlen und Zielgruppen sind wichtig. Preise kalkulieren, eigene Kosten, Kapitalbedarf – all das muss bedacht werden.
Welche Starthilfen gibt es?
Willim: Zum einen können Arbeitssuchende unter bestimmten Voraussetzungen den Gründerzuschuss beantragen. In den ersten neun Monaten der Selbstständigkeit wird das Arbeitslosengeld weiter bezahlt, zusätzlich gibt es eine Pauschale von 300 Euro zur sozialen Absicherung. Allerdings hat die Bundesregierung vor, diesen Zuschuss im kommenden Jahr zu kürzen. Zum anderen können Jungunternehmer nach der Gründung ein Gründercoaching beantragen. Hierbei schaut ein Coach, etwa ein Unternehmens- oder Steuerberater, den Startern über die Schulter und gibt Hilfestellungen.
Was sind die größten Fehler, die Gründer begehen?
Willim: Viele melden sich zu früh bei der Gewerbestelle an, ohne zu Ende gedacht zu haben. Oft ist es so, dass Planungsrechnungen gar nicht erstellt wurden oder mit utopischen Zahlen gerechnet wurde. Man sollte sich genau überlegen: Was ist mein Produkt oder meine Dienstleistung, und was zeichnet diese Leistung aus? Was ist das Besondere, und wer ist meine Zielgruppe? Wie gestalte ich Flyer, und wo lege ich sie aus? Das sind Fragen, über die man sich Gedanken machen muss. Nur so kann eine Marketingstrategie entstehen.
In welchen Branchen wird am meisten gegründet?
Willim: Der Dienstleistungsbereich ist beliebt, Schwerpunkte liegen sicherlich beim Beraten, sei es als Gesundheitscoach, Unternehmensberater oder Mediator. Auch der Online-, Lebensmittel- oder Kfz-Handel ist stark vertreten. Gegründet wird aber in allen möglichen Branchen. Von den Mülheimer Startern sind übrigens 55 % Männer und mittlerweile sogar 45 % Frauen.
Haben auch ungewöhnliche Geschäftsideen Chancen?
Willim: Durchaus. Da gibt es einen Gründer, der 3D-Geschenkartikel vertreibt. Bei ihm kann man sich eine eigene Büste erstellen lassen. Oder einen anderen Mülheimer, der nun mit der Ruhrpott-Currywurst auf den Markt gegangen ist. Dieser Starter hat dafür jahrelang eine Ketchupsoße getestet und entwickelt. Dieses Beispiel zeigt, dass zu jeder Gründung Leidenschaft gehört – ohne die es nicht geht.