Sie war 1989 in Mülheim Vorreiterin in Sachen Ganztagsschule. 21 Jahre später zittert auch die Speldorfer Hauptschule an der Frühlingsstraße dem zweitägigen Anmeldeverfahren am 23./24. Februar entgegen.
Wird’s noch mal reichen, um an der kleinsten der drei Mülheimer Hauptschulen eine Eingangsklasse zu bilden? Natürlich: Schulleiterin Else-Maria Schmidt-Geerlings ist Überzeugungstäterin, geht es darum, bei Eltern Werbung für ihre Schule zu machen. Die WAZ ließ sie gewähren.
Ganztag. Seit 2006 arbeitet die Schule im erweiterten Ganztag. Zwei Änderungen sind seitdem prägend. Erstens: Es wird im 60-Minuten-Takt unterrichtet. Leiterin Schmidt-Geerlings sieht darin den Vorteil, dass die Schüler konzentrierter und nachhaltiger an Aufgaben arbeiten können. „Es entspricht dem Bio-Rhythmus der Schüler. Es gibt nicht mehr so viele Fächer- und Lehrerwechsel am Tag.“ Zweiter Punkt: Der Unterricht beginnt erst später, um 8.30 Uhr – seitdem schafften es selbst notorische Zu-Spät-Kommer, pünktlich zu erscheinen. Eltern mit Betreuungsbedarf wird aber angeboten, ihre Kinder schon ab 8 Uhr von zwei Sozialpädagoginnen im Spielkeller der Schule betreuen zu lassen.
Bewegungsraum. Die Rotarier haben der Schule den Raum gesponsert, in dem Fünftklässler von Diplom-Sportlehrerin Isolde Helmich-Freude an ihren fein- und grobmotorischen Fähigkeiten arbeiten. Jeder Fünftklässler wird zuvor getestet, welchen Förderbedarf er hat. „Es gibt viele Schüler, die etwa nicht rückwärts laufen können, zum Teil sind sie bewegungsfaul“, begründet Schmidt-Geerlings die Förderung. Gestärkte Fein- und Grobmotorik diene nicht nur dazu, etwa den Füllfederhalter besser halten und deutlicher schreiben zu können. Insgesamt werde die Konzentrationsfähigkeit der Schüler gestärkt. „Wir stellen fest, dass Schüler im Bewegungsraum an Sicherheit gewinnen.“
Tutorien. Immer mittwochs betreuen Zehntklässler Kleingruppen mit jüngeren Schülern: Lehrer stellen Materialien zusammen, mit diesen „unterrichten“ sie dann die Jüngeren. „Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Schmidt-Geerlings. Gefördert werde das Miteinander von Älteren und Jüngeren, die Zehntklässler wiederholten alten Stoff und bekämen einen förderlichen Zeugnisvermerk. Und die Kleinen? „Von Schüler zu Schüler lernt es sich manchmal einfacher“, schmunzelt die Schulleiterin.
Modernes Lehren. Das PC-Programm „E-Fit“ hilft im Förderunterricht. Bei Schwächen in Deutsch und Englisch ist die Schule so in der Lage, Aufgaben auf unterschiedlichem Lernniveau zu stellen. Zwei Lehrer lassen sich zurzeit als „Sprachfördercoach“ ausbilden. Sie sollen die ganze Palette an Möglichkeiten individueller Förderung im Kollegium präsent halten.
Berufswahlorientierung. „Wir waren in NRW die erste Schule, die ein Kontaktikum in Klasse 8 eingeführt hat“, sagt Schmidt-Geerlings. Das „Kontaktikum“ führt Mädchen eine Woche lang in die Fertigung von Siemens oder Mannesmann, die Jungs erweitern ihr klassisches Berufswahlspektrum beim Schnupperpraktikum in Senioreneinrichtungen oder in Küche und Gästezimmer-Betreuung der Akademie Wolfsburg. Für die Schule hält Koordinator Theo Riecken alle Fäden der Berufsvorbereitung in der Hand, unterstützt wird er von einem festen Ansprechpartner bei der Agentur für Arbeit; zusätzlich sitzt die Sozialagentur mit einem Berufsorientierungsbüro fest im Haus. Ab und an kommen Siemens-Lehrlinge ins Haus und stellen den Hauptschülern Mathe-Aufgaben, die in ihrem Betrieb anfallen. Es gibt Berufsorientierungscamps, der Ausbildungsberater ist an Elternsprechtagen dabei . . . „Die Schüler“, sagt Schmidt-Geerlings, „können sich aus dieser Umklammerung nicht lösen, sie kommen um das Angebot nicht umhin. Wir entlassen hier keinen einfach auf die Straße, wir wissen von allen, was sie nach der Schule vorhaben.“