Gelsenkirchen. PCR-Schnelltests gelten als wichtiger Baustein im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Die Diakonie Gelsenkirchen schult daher ihre Mitarbeiter.
Die Kurve der wachsenden Corona-Infektionszahlen ist erst mal abgeflacht – und trotzdem ist die Lage noch nicht im Griff. Große Hoffnung liegt auf den sogenannten Antigen-Schnelltests (PCR-Schnelltests). Die Diakonie Gelsenkirchen/Wattenscheid schult jetzt 72 Mitarbeiter, die dann Abstriche von Mitarbeitern und Patienten vornehmen. So soll sicher gestellt werden, dass sich das lebensgefährliche Virus nicht ausbreitet. Erst recht nicht in Einrichtungen, in denen besonders gefährdete Menschen, im Seniorenalter und mit Vorerkrankungen, betreut werden.
Diakonie, Freiligrathstraße, Schalke-Nord: Der Raum ist gerade frisch durchgelüftet worden, als die erste von fünf Gruppen am Donnerstagabend den Schulungsraum betritt. Mirko Kuhn, Facharzt für Orthopädie, erwartet die ersten acht Schulungsteilnehmer bereits, es sind allesamt Pflegekräfte. Kuhn leitet die Einweisungen, am Montag sind die nächsten vier Gruppen an der Reihe.
Gelsenkirchener Arzt Mirko Kuhn: Beim Test zum Schutz immer von einer potenziell positiven Corona-Testperson ausgehen
An den vier, weit auseinanderstehenden Tischen liegen Schutzkleidung, Desinfektionsmittel und Schnelltests bereit: Anzug, FFP2-Maske, Brille oder Visier und Handschuhe sind Pflicht. Es sieht ein bisschen aus, als ob sich eine Maler- und Lackierkolonne auf einen Sprühmarathon vorbereitet – aber es gilt ja auch, sich vor den fiesen Viren in den Aerosolwolken bestens zu schützen. „Jeder Abstrich ist so zu machen, als ob Sie einen potenziell positiven Corona-Patienten vor sich haben“, schärft Mirko Kuhn daher dem Diakonie-Pflegepersonal ein.
An Schwester Danuta Orlowski, Pflegedienstleiterin, die sich freiwillig zur Verfügung stellt, demonstriert der Gelsenkirchener Arzt, wie der Rachen- oder Nasenabstrich durchzuführen ist. „Für einen Abstrich muss man nicht studiert haben“, sagt Kuhn, „aber schon ein bisschen trainieren.“ Seitlich neben der Probandin stehend, ihren zurückgelehnten Kopf im Nacken stützend, führt er vorsichtig das Wattestäbchen in den geöffneten Mund ein. Langsam tastet er sich zentimeterweise bis zur Rachenwand vor.
„Manchmal kommt es zu Husten- und Würgereflexen“, erklärt der Arzt dabei. Daher die seitliche Aufstellung. Raus aus der „Schussbahn“ sozusagen. Schwester Danuta reagiert mit ein paar Tränen, allerdings nicht aus Schmerz, sondern aus Reflex. Es kribbelt, wird sie später sagen. „Ein gutes Indiz, dass sie an der richtigen Stelle sind“, unterrichtet Kuhn die anderen Teilnehmer.
Zehn Sekunden etwa streicht der Arzt entlang der Rachenwand auf und ab, dann landet das Wattestäbchen in einem flexiblen Reagenzbehälter. Schwester Danuta wischt sich die Tränen aus den Augen, während Kuhn das Stäbchen in der Flüssigkeit hin und her dreht, dann die weiche Spitze des Behälters zusammendrückt und beim Herausziehen des Stäbchens die Watte ausdrückt. „So landet genug Material aus dem Rachen in der Flüssigkeit.“
PCR-Schnelltest auf Corona: Innerhalb weniger Minuten steht das Ergebnis fest
Ein paar Tropfen träufelt Mirko Kuhn anschließend auf den schmalen rechteckigen Reagenzträger aus Plastik. Der sieht einem Schwangerschaftstest nicht unähnlich. C ist dort auf einer Skala zu lesen und T. Erscheint bei C ein rosa Streifen nach ein paar Minuten, ist der Test ohne Befund und damit in Ordnung. „Ein weiterer Streifen an der T-Markierung bedeutet einen positiven Corona-Test, Quarantäne – und das Ende dieser Schulung", flachst der Orthopäde. Der Arzt kann aber Entwarnung geben, bei der Pflegedienstleiterin ist alles in bester Ordnung. Wäre übrigens gar nichts zu sehen gewesen, hätte der Test wiederholt werden müssen.
Genauso ist die Vorgehensweise bei einem Abstrich über die Nase. „In beiden Fällen treffen Sie die Rachenwand“, erklärt Mirko Kuhn, während er von Tisch zu Tisch geht. In Zweierteams sind jetzt die Pflegekräfte abwechselnd an der Reihe. Husten ist zu hören. „Kein Würgereiz“, sagen beispielsweise Sarah und Matthias, „es kribbelt und kitzelt aber ganz schön.“
„Seien sie mutig“ ermuntert Kuhn die Probanden weiter. „Wenn Sie Angst haben, hat es die Testperson auch.“ Hilfreich sei manchmal das Ah-Sagen wie beim HNO-Arzt, wenn die Zunge den Weg nach hinten versperrt, manchmal muss man an ihr auch rechts oder links vorbei, den Muskel mit dem Stäbchen nach unten oder zur Seite drücken. Kuhn bevorzugt den Weg über den Mund – krumme oder enge Atemwege in der Nase, eine kürzliche OP, könnten für Testpersonen unangenehm werden im Zusammenspiel mit dem eingeführten Stäbchen.
Diakonie Gelsenkirchen/Wattenscheid testet Mitarbeiter und Patienten mindestens wöchentlich auf Corona
Ricarda Jahndorf, verantwortlich für das Qualitätsmanagement bei der Diakonie erklärt derweil, wie künftig die 248 Mitarbeiter und mittlerweile 1700 Gäste (Patienten) in den neun Bereichen der ambulanten Dienste (Diakoniestationen, Tagespflege) in Gelsenkirchen und Wattenscheid getestet werden: „Bei Beschwerden, also im symptomatischen Bereich, wird sofort ein Abstrich und Schnelltest gemacht, ansonsten, asymptomatisch genannt, werden unsere Mitarbeiter und Gäste jede Woche getestet.“
Weil die WAZ da ist, demonstriert Kuhn auch an ihr den richtigen Mund - und Nasenabstrich. Nach ein paar Sekunden der Unsicherheit leuchtet ein rosa Streifen auf: Erleichterung. Aber: Man darf nicht vergessen, dass solch ein PCR-Schnelltest nur eine Momentaufnahme ist. Er dient dem direkten Erregernachweis. Heißt: Weiter aufpassen und die Corona-Regeln befolgen.
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