Mülheim. Beim Mülheimer Stadtteil-Check geben Selbecker schlechtere Noten für die ärztliche Versorgung. Dabei haben sie im Dorf noch eine Hausarztpraxis.
Als südlichster Stadtteil Mülheims ist man in Selbeck schon fast in Ratingen, und aus der Vogelperspektive sieht man sehr viel Wald und Feld. Zweifelsohne ein schönes Wohnen nahe an der grünen Natur. Doch die Selbecker geben der ärztlichen Versorgung im Stadtteil nur die Note 3,42 - das liegt deutlich unter dem Mülheimer Durchschnitt von 2,92. Es gibt nur eine einzige Hausarztpraxis im Dorf. „Wir sind die letzte Landarztpraxis Mülheims“, sagt Dr. Stephan von Lackum.
Die Patienten kommen auch aus Breitscheid und Mintard
An der Kölner Straße 407, in der Nähe der ehemaligen Gärtnerei Rumbaum und dem künftigen Neubaugebiet, liegt die hausärztliche Praxis, die Dr. von Lackum zusätzlich zu seinem Standort in Speldorf als Gemeinschaftspraxis betreibt. Vor Ort behandelt zumeist Dr. Sandra Klugewitz, die internistische Hausärztin ist, ihre Patienten, die nicht nur aus Selbeck kommen, sondern oft auch aus dem benachbarten Ratingen-Breitscheid und von der Saarner Kuppe.
Und auch unten von Mintard fahren einige Patienten hoch nach Selbeck, denn Mintard ist viel zu klein für eine eigene Hausarztpraxis. Die Mintarder, die immer einen längeren Weg zum Arzt haben, vergeben wohl auch deshalb beim Mülheimer Stadtteilcheck mit 5,32 die schlechteste Note im Stadtteil-Check für die ärztliche Versorgung vor ihrer Haustür.
Selbecker Praxis betreut 600 Patienten im Quartal
Vor fast zehn Jahren übernahm das neue Praxis-Team in Selbeck die Räumlichkeiten der alteingesessenen Vorgängerin, damals noch an der Kastanienallee und alles andere als barrierearm. Die früher dort niedergelassene Ärztin hatte lange nach einem Nachfolger gesucht, erinnert sich Dr. von Lackum. Das neue Ärzteteam ist längst etabliert, die Zahl der Patienten kontinuierlich gestiegen: Heute betreut die Selbecker Praxis bis zu 600 Patienten im Quartal. Verstärkung bekommt Sandra Klugwitz von ihrem Kollegen Dr. Peter Becker, der seine festen Sprechzeiten in Selbeck hat und dort auch Hausbesuche macht.
Es ziehen in Selbeck immer mehr Leute zu, das hat Frau Dr. Klugwitz beobachtet. „Wir hatten von Anfang an auch viele junge Patienten.“ Da spüren die Selbecker Ärzte schon einen gewisse Kontinuität: Auch junge Familien kommen mit ihren Kindern ab dem Grundschulalter zur Untersuchung und Behandlung in die Praxis.
Eine Apotheke fehlt in Selbeck
Die Apotheke in Selbeck gibt es aber schon länger nicht mehr – die räumlich nächste ist dann erst wieder in Breitscheid. „Das ist ein Problem, vor allem für die älteren Patienten“, sagt Dr. Sandra Klugewitz. Auf Wunsch der Patienten faxt die Selbecker Praxis das Rezept dann an eine Apotheke, die die Medikamente zum Patienten nach Hause liefert. Zum Zahnarzt oder zum Kinderarzt müssen die Selbecker fahren, wenigstens bis nach Saarn. Auch ein Sanitätshaus gibt es nicht im Dorf.
Wie eine richtige Landärztin fühlt sich Sandra Klugewitz wirklich oft: „Ich fahre manchmal über Stock und Stein, um meine Hausbesuche zu machen.“ Frau Dr. Klugewitz wohnt selbst mit ihrer Familie im Stadtteil und weiß: In Selbeck gibt es noch ganz einsam gelegene Höfe und Häuser, manchmal liegen die eben auch mitten im Wald.
Im Wartezimmer wird es nicht langweilig
Was auch typisch ist für eine Landarztpraxis: Man kennt sich hier. So kommt im Wartezimmer selten Langeweile auf, weil man ja dort häufig auf die Nachbarn trifft. „Fehlt nur noch ein Kaffeeautomat“, haben manche Patienten schon scherzhaft verlangt.
Die Praxis in Selbeck würde sich freuen, wenn die Familien, die in den nächsten Jahren in die 40 geplanten neuen Häusern an der Kölner Straße einziehen werden, zu ihr finden würden. „Wir haben noch Vakanzen“, sagt Stephan von Lackum. Die medizinische Versorgung in Selbeck, sie ist also noch ausbaubar.