Oberhausen. Ein Jahr Corona: Das Hans-Sachs-Kolleg in Oberhausen hat Schüler nach ihren Erfahrungen befragt und bekommt gute Noten. Aber es gibt auch Sorgen.
Unterricht in Pandemie-Zeiten ist wohl die größte Herausforderung, die es seit vielen Jahren im deutschen Schulsystem gegeben hat. Das Hans-Sachs-Berufskolleg in Oberhausen hat nun die Schülerinnen und Schüler nach ihren Erfahrungen nach einem Jahr Corona befragt. Und: Fast überall schneidet das Kolleg inklusive Fachschule für Technik gut ab. Doch es gibt auch Sorgenpunkte für Schulleiter Marc Bücker.
„Jedes Ende ist auch eine Möglichkeit für einen guten Anfang“, erklärt der Schulleiter das Vorgehen. Regelmäßig würden die Schüler deshalb am Ende des Schuljahres befragt; zur Ausstattung der Räume, zum Unterrichtsgeschehen, zur Stimmungslage. „Wegen der Pandemie haben wir einige Aussagen allerdings verändert und durch spezifische Corona-Punkte ersetzt“, sagt Bücker weiter. Andere Aussagen wurden nur um den Pandemie-Aspekt ergänzt. Zwischen Mai und Juni konnte jeder Schüler auf der Online-Lernplattform „IServ“ teilnehmen und auf einer Skala von „trifft gar nicht zu“ bis „trifft voll zu“ eine Bewertung hinterlassen. „Für uns als Kolleg soll das vor allem eine Reflektion darüber sein, was gut geklappt hat und wo wir nachfassen müssen.“
Faire Benotung auch unter Pandemie-Bedingungen gewährleistet
Von den rund 2000 Schülern, die das Kolleg besuchen, haben 953 teilgenommen. „Allerdings haben wir nur noch knapp 1600 Schüler erreicht, da viele schon abgegangen sind“, gibt Bücker zu bedenken. Die Ergebnisse zeigen: Auch unter Pandemie-Bedingungen besuchen 77 Prozent der Befragten weiterhin gerne das Hans-Sachs-Kolleg. Zudem hat der Zusammenhalt im Klassenverband für 84 Prozent der Schüler nicht gelitten. „Obwohl gemeinschaftliche Unternehmungen wie Klassenfahrten komplett ausfallen mussten“, betont der Schulleiter.
Die Schüler bewerteten auch das Engagement der Lehrer überwiegend gut, auch die Benotung sei in diesem Jahr trotz erschwerter Lehrbedingungen fair ausgefallen. „Es ist mir besonders wichtig, dass die Schüler sich gerecht behandelt fühlen“, meint Bücker. Nico Jäger (17) und Malte Clemens (20) von der Schülervertretung bestätigen die Darstellung der Umfrage. „Unsere Lehrer haben sich Mühe gegeben, um uns gut bewerten zu können, auch wenn wir keine Klassenarbeiten geschrieben haben“, sagt Jäger. „Wir konnten durch Präsentationen oder selbstgedrehte Videos unsere Noten verbessern.“
Knapp 70 Prozent der Schüler sagen, sie haben weniger gelernt
Generell finden die Schüler es hilfreich, dass das Kolleg die Erfahrungen der Schüler abfragt. „Das ist ein gutes Mittel für einen Überblick, mit dem man dann in die Details gehen kann“, glaubt Clemens. Die Online-Umfrage zeigt aber auch: Das Modell Wechselunterricht wurde sehr unterschiedlich von den Schülern angenommen. „Fakt ist, dass beim Wechselunterricht weniger Stoff unterrichtet werden kann, da die Klassen geteilt sind“, meint Schulleiter Marc Bücker.
Kolleg wünscht sich iPads für alle Schüler
Auch am Hans-Sachs-Berufskolleg haben alle Schüler, die vom Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) profitieren, ein iPad für den Unterricht zur Verfügung gestellt bekommen. Das vereinfache die Arbeit im Unterricht, in Distanz und auch in Präsenz.Einige Schüler wie Nico Jäger haben selbst investiert und sich einen Tablet-Computer angeschafft. „Sonst habe ich auch gerne einmal Hausaufgaben zu Hause am Rechner vergessen, wenn wir im Wechselunterricht waren“, berichtet der 17-Jährige. Auch die Handhabung der Lernplattform „IServ“ sei über ein Tablet einfacher als über das Handy.Schulleiter Marc Bücker wünscht sich daher, für alle Lehrer und Schüler die Tablets anschaffen zu können. „Die Geräte können so viel, dass sie in großen Teilen sogar die digitalen Tafeln abgelöst haben“, meint der Schulleiter.
Obwohl der Distanzunterricht erfahrungsgemäß besser laufe, weil dann alle Schüler zu Hause seien, ließe sich die Notwendigkeit von Präsenzunterricht aber nicht leugnen. „In den allgemeinbildenden Fächern wie Englisch klappt das in Distanz wirklich gut“, berichtet Schüler Malte Clemens. „In den fachspezifischen Fächern, wo wir beispielsweise programmieren, ist das schwieriger.“ Auch deshalb sei es wichtig, in Videokonferenzen mit nonverbalen Zeichen zu arbeiten, sagt der Schulleiter. „Die Pädagogen sind für diese Art der Pädagogik nicht ausgebildet worden und müssen das erst lernen.“ Deshalb sei mittlerweile integriert worden, dass ein Lehrer in Videokonferenzen abfragt, ob die Schüler etwas verstanden haben, indem sie einen Daumen hoch oder runter geben.
Sorge bereitet der Schulleitung aber vor allem die Frage nach dem Lernstand der Schüler – 71 Prozent gaben an, in diesem Schuljahr weniger gelernt zu haben, als sie eigentlich müssten. Als Konsequenz sieht Bücker eine Lernstandserhebung im nächsten Schuljahr vor. „Ich möchte die Schüler jetzt auch nicht mit einem Defizit in die Sommerferien schicken“, betont Bücker. „Die Ferien sind dafür da, sich zu erholen und nicht, den Stoff nachzuholen.“ Da noch nicht klar ist, unter welchen Corona-Bedingungen das nächste Schuljahr starten wird, werden die genauen Maßnahmen erst Ende der Sommerferien besprochen.