Gelsenkirchen-Bismarck. Erneut schlagen die Anwohner rund um die Robergstraße in Gelsenkirchen Bismarck Alarm. Sie berichten von Selbstjustiz und Drogenhandel.

Anwohner im Gelsenkirchener Quartier Bismarck berichten von einem Angstraum an der Robergstraße Ecke Ferdinandstraße am Durchgang zum Rewe-Supermarkt. Insbesondere der Zugang bereitet den Schilderungen zufolge Probleme. Mitunter säßen dort an Tischen und Stühlen mehrere Dutzend Menschen, hinterließen jede Menge Müll und verursachten viel Lärm. Zugleich sollen dort Drogendeals über die Bühne gehen. Die Lampen werden oft zerstört, so dass es dunkel ist.
Anwohner im Gelsenkirchener Quartier Bismarck berichten von einem Angstraum an der Robergstraße Ecke Ferdinandstraße am Durchgang zum Rewe-Supermarkt. Insbesondere der Zugang bereitet den Schilderungen zufolge Probleme. Mitunter säßen dort an Tischen und Stühlen mehrere Dutzend Menschen, hinterließen jede Menge Müll und verursachten viel Lärm. Zugleich sollen dort Drogendeals über die Bühne gehen. Die Lampen werden oft zerstört, so dass es dunkel ist. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der Ärger über die Lebensverhältnisse rund um die Robergstraße in Gelsenkirchen-Bismarck und die Hilferufe von verzweifelten Anwohnern ebben nicht ab. Bei einem Treffen im Stadtteilladen präsentierten die Anwohner einen Forderungskatalog, adressiert an Stadt und die Supermarktkette Rewe. Zugleich gab es erneut Kritik an der Polizei. Tenor: „Wir brauchen Hoffnung und möchten nicht immer unser angebliches Versagen gespiegelt bekommen, wenn wir uns beschweren.“

„Es kann doch nicht sein, dass ausgerechnet die Menschen auf eine zweifelhafte Art für Recht und Ordnung sorgen, mit denen wir hier im Viertel die größten Probleme haben“, sagt eine Gelsenkirchenerin aus dem Quartier. Der Zugang zu Rewe an der Robergstraße und das nahe Umfeld wird von Bürgern als Angstraum bezeichnet. Anwohner berichten über Lärm, Vermüllung und Verwahrlosung verursacht von neu Hinzugezogenen, dazu erzählen sie von einem regen Drogenhandel „am helllichten Tag“, auch der nahe Spielplatz diene als Umschlagplatz für Rauschmittel.

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Verärgert und verzweifelt sind die Bewohner, weil sie ständig darauf verwiesen werden, Vorfälle dem KOD oder der Polizei zu melden. Eine Anwohnerin berichtet dazu, dass sich „mittlerweile 400 Kontakte“ – Mails mit Antwort und Rückantwort mitgezählt – zu solchen Dingen angesammelt hätten. „Ohne dass sich sichtbar etwas ändert“. Folge: Die Beschwerden bleiben, „aber niemand hat noch Lust, Vorkommnisse zu melden oder zu dokumentieren. Und das wird uns als Fehler ausgelegt.“

Viertel gehört zum Stadterneuerungsgebiet

Das Viertel, gelegen im westlichen Teil Bismarcks, gehört noch zum Stadterneuerungsgebiet Schalke-Nord. Das bedeutet, dass die Stadt Gelsenkirchen für den geplanten Umbauprozess, gemeint sind damit räumliche und soziale Strukturen, finanzielle Unterstützung erhält.Hilfe erfährt Gelsenkirchen von Bund und dem Land NRW sowie in besonderen Fällen auch von der EU. Die Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität in den Stadterneuerungsgebieten zielt auch darauf ab, die Stadt insgesamt aufzuwerten, zum Beispiel durch den Aufkauf und die Beseitigung von Schrottimmobilien. dazu kommen Freiraumangebote, eine Aufwertung der sozialen und kulturellen Infrastruktur sowie des Einzelhandels und des Gewerbes und vieles mehr.

Anwohnerin kritisiert Reaktion der Polizei auf ihren Alarmruf

Eine andere Anwohnerin erzählt, dass sie sich nicht ernst genommen fühlt von der Polizei. „Ich kann die Deals praktisch vom Fenster aus beobachten. Wenn ich das melde, bekomme ich zu hören: Woher wissen Sie, dass es sich um Drogen handelt? Und nicht: Wir kommen. Soll ich etwa als alte Frau noch nachschauen, was sich in den Tütchen befindet“, fragt die ältere Dame

Anwohner in Gelsenkirchen-Bismarck haben die Vermüllung und Verwahrlosung des Viertels rund um die Robergstraße mit Fotos dokumentiert.
Anwohner in Gelsenkirchen-Bismarck haben die Vermüllung und Verwahrlosung des Viertels rund um die Robergstraße mit Fotos dokumentiert. © Unbekannt | Foto: Anwohner

Manfred Leichtweiß, SPD-Stadtverordneter und Teilnehmer der Runde, machen diese Darstellungen nachdenklich. „Ich habe solche Schilderungen schon öfter gehört“, sagt er. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass diese Zustandsbeschreibung in Gänze nicht stimmt.“ Er gibt aber zu bedenken, dass die Polizei bei hohem Einsatzaufkommen Prioritäten setzen muss, ein Raub vor einer blutigen Schlägerei oder einem möglich Deal abgearbeitet werde.

Drogendealer sollen verprügelt worden sein

Anlass der Bürgerversammlung war nach Auskunft der Anwohner, die anonym bleiben wollen, eine Schlägerei am 18. September. Dabei sollen den Schilderungen zufolge „etwa 30 rumänische und bulgarische Zuwanderer Drogendealer verprügelt“ haben, zum Teil mit Stühlen. Mittendrin im Tohuwabohu: Kinder. Zuvor sollen Kinder Drogen in Verstecken gefunden und weggeschmissen haben, worauf sie von den Dealern angegangen worden seien.

Mit „vier Streifenwagen ist die Polizei vor Ort gewesen“, erzählt eine Anwohnerin. Die Attackierten hätten keine Anzeige aufgegeben, seien „lächelnd an den Beamten“ vorbeigegangen. Auch die Anwohner, Augenzeugen und oder Beteiligte in dem Fall, hätten aus Angst keine Aussagen gemacht.

Polizeikräfte stoßen im Bismarcker Quartier auf eine Mauer des Schweigens

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Polizeisprecherin Merle Mokwa bestätigt einen Einsatz wegen einer Schlägerei am 18. September um 19.06 Uhr. „Vor Ort befanden sich lediglich eine Vielzahl von Personen, woraus sich aber keine weiteren Hinweise auf Straftaten ergaben“, so Mokwa. Die Sprecherin betont, dass Beschwerden „immer ernst genommen werden“. Die Polizei komme auf jeden Fall, mitunter könne es aber dauern, weil gerade Kräfte durch priorisierte Einsätze gebunden seien.

In ihrer Verzweiflung rufen die Anwohner nach Abhilfe, hoffen auf Stadt, Polizei und insbesondere Rewe. Die Menschen fordern: Gesicherte, geschützte Lampen, die nach Einbruch der Dunkelheit dauerhaft brennen, eine Videoüberwachung, Aufenthaltsverbotsschilder, nach Möglichkeit einen Zaun oder eine Hecke, die den Zugang abtrennt.

Das sagen Stadt, Rewe und die Polizei Gelsenkirchen zu den Anwohnerbeschwerden

Der Stadt sind aber weitgehend die Hände gebunden, was Veränderungen auf dem Rewe-Gelände angeht. „Private Fläche“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. „Unsere Handlungsmöglichkeiten beschränken sich somit schwerpunktmäßig darauf, mit den Eigentümern zu sprechen und Veränderungen anzuregen.“ Parallel dazu seien Stadt und Polizei auf den öffentlichen Flächen in dem Quartier Robergstraße, Ferdinandstraße, Bismarckstraße mit erhöhter Priorität aktiv, so der Sprecher weiter. Sozialarbeiter brächten den Menschen in Vermittlungsgesprächen Ordnung und Sauberkeit näher. Viel gefruchtet hat es aber nach Anwohnermeinung nicht.

Rewe Dortmund teilte mit, dass „die Situation vor Ort fortlaufend analysiert wird“. Viele Maßnahmen seien bereits oder würden umgesetzt, das Aufenthaltsverbotsschild und der schwere Mülleimer seien beispielsweise bestellt. „Darüber hinaus wurden alle defekten Leuchtmittel/Lampen und defekte Verkabelungen am Zugang zum Rewe-Markt repariert bzw. erneuert. Und ein externer Dienstleister ist mehrmals wöchentlich zur Reinigung des Geländes sowie des Parkplatzes vor Ort.“

Die Anwohner erkennen das Bemühen der Supermarktkette an. Viel gefruchtet hat es aber nach Anwohnermeinung noch nicht. „Die Lampen sind schon wieder teils defekt“, sagte ein Anwohner. Da müsse ein stabilerer Schutz her. Und die Säuberung gleiche einer Sisyphosaufgabe. „Kaum dass die Fläche sauber ist, liegt schon wieder der nächste Müll herum.“