Gelsenkirchen. Laut einer neuen Prognose könnten Gelsenkirchener Immobilien bis 2030 an Wert verlieren – etwa zwei Prozent pro Jahr. Das sind die Gründe.
Ist Gelsenkirchen in einer bundesweiten Grafik dunkelrot eingefärbt, Metropolen wie München hingegen dunkelgrün, dann heißt das für die Emscherstadt meistens: nichts Gutes. Auch der Wohnatlas 2021, herausgegeben von der Postbank und dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), zeichnet solch ein rotes und eher düsteres Bild für Gelsenkirchen sowie das Ruhrgebiet.
Der Wohnatlas ist eine Prognose, die die jährliche durchschnittliche Kaufpreisentwicklung in jeder deutschen Stadt bis zum Jahr 2030 zeigt. In Gelsenkirchen werde sich der Wert von Immobilien laut der HWWI-Studie real um knapp zwei Prozent verringern – pro Jahr.
Wie das Hamburger Institut die Werte für Gelsenkirchen ermittelt hat
Zur Ermittlung der Zahlen für alle Landkreise und Städte hat das Hamburger Institut unterschiedliche Parameter untersucht: den aktuellen Kaufpreis pro Quadratmeter, die Bevölkerungs- und Einkommensentwicklung und wie viel neuer Wohnraum vermutlich entstehen wird. Daraus haben die Forscherinnen und Forscher Wechselwirkungen abgeleitet.
Dörte Nitt-Drießelmann hat die Studie koordiniert und erklärt im Gespräch mit dieser Redaktion die rückläufige Entwicklung in Gelsenkirchen: „Das Problem ist, dass wir davon ausgehen, dass die Bevölkerung dort zurückgehen wird.“ Auch die Zahl der Erwerbstätigen dürfte voraussichtlich sinken. Dabei gelte: Je mehr Erwerbstätige in einer Stadt leben und je niedriger die Zahl von Transferleistungsempfangenen ist, desto höher ist das verfügbare Einkommen.
Aufgrund der prognostizierten Entwicklung, die Zahlen stammen unter anderem vom Statistischen Bundesamt und aus eigenen Berechnungen, werde dieses verfügbare Einkommen in der Stadt sinken. Und das wirke sich auf den Wohnungsmarkt aus, so Nitt-Drießelmann.
Wertverluste bei Immobilien? Wo genau hingeschaut werden muss
Doch zwei Aspekte sind zu beachten: Zum einen handelt es sich bei dem Wohnatlas um eine Prognose. Sonderaspekte wie Inflationsraten oder eine mögliche Kursänderung der Europäischen Zentralbank wurden ausgeklammert. Ob die Entwicklung also genau wie prognostiziert eintreten wird, lässt sich nicht exakt vorhersagen.
Hier gewinnen Immobilien an Wert
In könnten Immobilien Wertverluste verzeichnen – in vielen Metropolen sieht das anders aus. In München, schon jetzt eine der teuersten Städte der Republik, wird ein Preiswachstum von 1,99 Prozent vorhergesagt. Über 8500 Euro pro Quadratmeter mussten Käufer von Immobilien in München bereits 2020 investieren. Zudem dürften viele benachbarte Landkreise von Metropolen profitieren. Um die Stadt München herum wird beispielsweise ein Wertanstieg für die Landkreise Erding, Ebersberg und Dachau vorhergesagt. Ähnliches wird für Berlin und die umliegenden Städte erwartet.
Zum anderen wurden lediglich Mittelwerte für alle Städte prognostiziert. Dass es in Orten immer beliebtere und weniger beliebte, besser und schlechter nachgefragte Wohngegenden gibt, konnte beim Wohnatlas nicht berücksichtigt werden. Entscheidend sei bei dem Wert einer Immobilie daher immer die Lage. Eine direkte Anbindung ans Schienennetz sei von Vorteil, so Nitt-Drießelmann.
Deutliche Preisunterschiede zwischen verschiedenen Vierteln hat die Expertin auch in Gelsenkirchen festgestellt – das bekannte, oft beschriebene Nord-Süd-Gefälle. „Es gibt eine sehr hohe Diversität zwischen den Stadtteilen“, sagt Nitt-Drießelmann. Die Unterschiede fallen sogar höher als in anderen Orten aus. „Wir können aber nur den Durchschnitt für eine Stadt ermitteln.“
Wieso sich ein Hauskauf heute lohnen könnte
Was auch klar ist: Insgesamt habe es in Gelsenkirchen in den vergangenen Jahren einen stetigen Anstieg bei den Kaufpreisen gegeben. Trotzdem hatte eine andere Analyse des Portals „immowelt“ zuletzt ergeben, dass es in Gelsenkirchen günstiger sei, Wohnungen zu kaufen als sie zu mieten. Im Median kostet eine Wohnung mit 80 bis 120 Quadratmetern hier demnach 141.000 Euro. Bei einer Finanzierung über 15 Jahre ergibt sich eine monatliche Rate von 420 Euro. Die monatliche Miete hingegen würde mit 540 Euro zu Buche schlagen. Die Differenz zwischen Miete und Annuität liegt also bei 120 Euro.
Nitt-Drießelmann betont: Aufgrund des momentanen Zinssatzes könne sich ein Immobilienkauf zurzeit lohnen – trotz des prognostizierten Wertverlustes. Vorausgesetzt, man wisse, dass man über längere Zeit in der Stadt wohnen bleibe. „Man muss immer individuell abwägen und den lokalen Markt sehen“, so die Hamburger Forscherin. „Ein gutes Objekt in einer guten Lage findet immer einen Käufer.“
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