Mülheim. Seit Montag dürfen die Friseure wieder öffnen. Yeliz Cakir war in ihrem Heißener Salon eine der ersten, die wieder arbeitete - um Mitternacht.
„Ich bin so aufgeregt, ich habe das Gefühl, als könnte ich gar keine Haare mehr schneiden“, sagt Yeliz Cakir. Wenige Minuten vor Mitternacht ist die erste Kundin nach dem Lockdown im Heißener „Haarzimmer“ eingetroffen. Doch die Friseurin wartet extra noch ein paar Minuten, ehe der Kalender offiziell den 1. März zeigt. „Ich habe mir sogar einen Wecker gestellt.“
Sekt trinken ist noch nicht erlaubt
Stephanie Acry ist die Erste, die kurz nach Mitternacht die Haare geschnitten bekommt. Sie hat zur Feier des Tages extra Sekt mitgebracht. Doch Getränke dürfen aktuell noch nicht ausgeschenkt werden. „Dabei gehört das doch eigentlich dazu - und sei es nur ein Wasser“, findet die Stammkundin. Auch Musik darf wegen einer möglichen Ruhestörung nicht gespielt werden. „Sonst ist hier mehr Action“, schmunzelt auch Christian Drießen, der als Zweiter an der Reihe ist.
Zehn Quadratmeter pro Person
Pro zehn Quadratmeter darf sich nur eine Person in einem Friseursalon befinden. Im Heißener „Haarzimmer“ sind deswegen die meisten Plätze abgesperrt.
Leistungen wie das Zupfen von Augenbrauen sind nicht gestattet. „Wir dürfen nicht an das Gesicht der Kunden“, erklärt Yeliz Cakir.
Trotzdem sind beide froh um den etwas verspäteten Haarschnitt. „Eigentlich wäre ich im Dezember dran gewesen, deswegen bin ich froh, dass ich jetzt endlich wieder herkommen darf“, sagt Stephanie Acry Selbst hat sich die Mülheimerin nicht an ihre eigenen Haare getraut. „Ich habe es bei meinem Sohn gemacht, aber der ist erst sieben“, sagt sie lachend. Drießen hat es einmal selbst versucht. „Das war eine halbe Katastrophe.“
Selbstversuch war eine halbe Katastrophe
Yeliz Cakir hätte gut und gerne noch mehr Kunden für die Nacht ergattern können, beließ es aber vorerst bei zwei. Denn am Montagmorgen steht sie um sieben Uhr wieder im Laden. Und das bis 23 Uhr. Mehr als 20 Kunden sollen in dieser Zeit eine neue Frisur bekommen. Unterstützt wird sie lediglich von einer Auszubildenden. Gleichzeitig dürfen sich nur vier Personen im Salon aufhalten.
Seit die Leitung nach Heißen wieder steht, kann sich die Friseurin vor Anrufen kaum retten. „Innerhalb von drei Stunden war der komplette März ausgebucht“, verrät Cakir. Mittlerweile sind alle Termine bis zum 20. April weg. „Es sind auch viele neue Kunden dabei, die bei ihrem Stammfriseur nicht drangekommen sind.“ Dennoch möchte die Mülheimerin ihren Kunden weiterhin einen entspannten Aufenthalt im „Haarzimmer“ bieten. „Die Leute wollen ja auch diese Atmosphäre hier genießen. Da sollte man jetzt keine Hektik reinbringen“, findet Yeliz Cakir.
Blumengruß vom Blumenladen
Erst einmal ist an diesem Abend ohnehin Warten angesagt, denn es dauert, bis das warme Wasser zum Waschen aus dem Hahn sprudelt. „Es gab sogar ein Schreiben von der Innung, dass wir die Leitungen erst einmal laufen lassen sollen“, weiß die Friseurin zu berichten.
Kommentare aus anderen Branchen habe es natürlich gegeben, seit die Öffnung feststand. „Trotzdem haben sich die meisten für mich gefreut“, erzählt die Friseurin. Vom benachbarten Blumenladen gab es einen frischen Strauß, vom Modegeschäft in der Nähe ein neues Kleid. „Ich finde es ja selbst unfair für andere. Wir haben als letzte geschlossen und machen als erste wieder auf.“
Glücklich über das Brummen der Schneidemaschine
Die Freude über die Rückkehr in ihr Geschäft ist Yeliz Cakir trotz der späten Uhrzeit in jedem Fall anzusehen. „Das ist wie Musik in den Ohren“, jauchzt sie, als sie die Maschine anstellt, um Christian Drießen einen neuen Haarschnitt zu verpassen. „Ich bin so aufgedreht, ich werde glaube ich heute Nacht gar nicht schlafen.“ Wenige Stunden später beginnt im Haarzimmer der erste echte Arbeitstag seit Monaten.