Oberhausen. Wichtige Aufklärungsarbeit seitens des Bundes oder Verharmlosung von Kriegen? Die Diskussionen um den Bundeswehr-Store im Centro reißen nicht ab.

Auch zehn Tage nach Eröffnung des Pop-Up-Stores der Bundeswehr im Oberhausener Centro wird intensiv darüber diskutiert, ob eine Karriere-Beratung durch den Bund in einem Einkaufszentrum unangemessen ist. Die Meinungen von Politikern und Bürgern gehen weit auseinander.

Unterstützung und Wertschätzung durch Leser, CDU und SPD

Viele positive Rückmeldungen hat der Bundeswehr-Laden von unseren Facebook-Nutzern bekommen. Nach der überwiegenden Meinung der Facebook-Kommentatoren ist das Informationsangebot in einem Centro-Geschäft eine ideale Möglichkeit, um über die Arbeit der Bundeswehr aufzuklären und Vorurteile aus dem Weg zu räumen. „Im Ernstfall sind alle wieder froh, dass sich die Bundeswehr für uns einsetzt. Da sollte man nicht immer nur Krieg voraussetzen – wer ist in Krisensituationen für uns da?“, schreibt eine Nutzerin. „Ich weiß, wovon ich spreche, ich habe selbst einen Sohn, der sich verpflichtet hat, und das ist in Tagen wie diesen nicht immer leicht für eine Mutter.“

Auch CDU und SPD befürworten die Aufklärungsarbeit des Bundes im Centro und sind sich einig, dass der Standort gut dafür geeignet ist, um insbesondere jungen Menschen die Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr näher zu bringen. „Die Männer und Frauen, die im Ernstfall für unser Leben, unsere Freiheit und unsere Demokratie kämpfen, haben unsere Unterstützung und Wertschätzung“, versichert die Oberhausener CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr. „Eine Berufsarmee ist darauf angewiesen, Personal rekrutieren zu können. Aus der Entscheidung, die Wehrpflicht auszusetzen, ergibt sich demnach zwangsläufig die Notwendigkeit, über die Arbeit zu informieren und für die Aufgaben zu werben. Die Verteidigung unserer Werte und Prinzipien verdient Respekt und keine Abwehrhaltung.“

Der Oberhausener Bundestagsabgeordnete Dirk Vöpel (SPD), Mitglied im Verteidigungsausschuss, ist überzeugt: „Man sollte die jungen Menschen nicht unterschätzen. Es ist durchaus sinnvoll, neutral über die Karrieremöglichkeiten beim Bund zu informieren – es ist ja schließlich nicht so, dass jemand heute Schuhe shoppen geht und am nächsten Morgen an der Front steht.“

Pop-up-Store für sechs Wochen im Centro

Vom 19. März bis 30. April ist der Pop-up-Store der Bundeswehr im Centro täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet.NRW-weit ist dieser Store er erste seiner Art, in anderen Bundesländern hatte die Bundeswehr in der Vergangenheit bereits ähnliche Läden für einige Wochen eröffnet.Kaufen kann man dort übrigens nichts – der Laden dient reinen Beratungszwecken und soll den Besuchern die Arbeit und Karrieremöglichkeiten beim Bund näher bringen.

Linke Liste: „Lebensgefährliche Realität wird verschwiegen“

Harsche Kritik an der Eröffnung des Pop-up-Stores übt hingegen die Oberhausener Linke Liste. So wurde bereits auf Twitter die Ansicht verkündet, dass der Dienst an der Waffe kein normaler Beruf sei, sondern im Extremfall zur Tötung anderer Menschen führen könne. Deshalb solle im öffentlichen Raum nicht dafür geworben werden.

Linken-Ratsfraktionsvorsitzender Yusuf Karacelik wirft der Bundeswehr ein unzulässiges trickreiches Vorgehen vor: „Besonders kritisch sehen wir, dass die Bundeswehr die Begeisterung von jungen Menschen für Technik, Abenteuerlust oder sportlichen Wettbewerb ausnutzt. Gleichzeitig werden aber die lebensgefährliche Realität und die Folgen von Kriegseinsätzen für die Soldaten verharmlost oder verschwiegen.“ Dass der Bund jetzt den Weg gehe, um das Shopping-Erlebnis mit Militäreinsätzen zu garnieren, sei auch in Anbetracht der aktuellen Kriegssituation in Europa ein geschmackloser Vorgang.

CDU hat für „links-grüne Träumer“ kein Verständnis

Für solch deutliche Kritik am Centro-Shop hat der Oberhausener CDU-Parteichef und Landtagsabgeordnete Wilhelm Hausmann kein Verständnis. Er spricht von „links-grünen Träumern“, durch die deutsche Soldaten in der Vergangenheit zu wenig Wertschätzung erfahren hätten. „Derzeit erleben aber auch die letzten Romantiker die harte Konfrontation mit der politischen Realität. Zum Umdenken bewegte ganz augenscheinlich ein sehr trauriger Anlass, nämlich der brutale Angriffskrieg gegen die Ukraine.“

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Grüne fordern gleichberechtigte Präsentation von Bundeswehr und Friedensbewegungen

Zwiespältig betrachtet wird der Bundeswehr-Store von den Oberhausener Grünen. Kreisvorstandssprecher Andreas Blanke hält die Eröffnung des Centro-Shops für unangebracht, betont allerdings, dass die Bundeswehr allgemein einen wichtigen Beitrag zur internationalen Friedenssicherung leisten könne. Das Problem im konkreten Fall sei vielmehr, dass sich die Bundeswehr im Centro öffentlich positionieren könne, dagegen Institutionen der Friedensbewegungen nicht in gleichberechtigtem Maße.

„Dort kann man sich eben ausschließlich über die Arbeit von potenziellen neuen Soldatinnen und Soldaten informieren, denn es gibt im Centro keine Möglichkeit, sich alternativ über die Arbeit im zivilen und nicht-militärischen Dienst im Sinne von Frieden, Abrüstung und der kooperativen Sicherheit zu informieren“, argumentiert Blanke. Er halte es deshalb für fraglich, ob sich die Bundeswehr und das Centro-Management damit einen Gefallen getan haben.

Ähnlich wie Blanke betrachtet dieses Thema eine Facebook-Nutzerin: „Viele junge Erwachsene verbringen ihre Freizeit im Centro, weswegen der Standort seitens der Bundeswehr gut gewählt ist. Genau das empfinde ich jedoch als bedenklich, und es wundert mich, dass das Centro sich darauf eingelassen hat.“