Oberhausen. Das Wetter ist eigentlich optimal, um Erdbeeren zu ernten und zu essen. Doch der Verkauf stockt. Die Nachfrage ist gering.

Erdbeeren sind in aller Munde - aber nur im übertragenen Sinn. Denn die Nachfrage nach den roten Früchten stockt derart, dass einige Bauern im Münsterland zum letzten Mittel griffen und ihre Flächen mähten. Auch in Oberhausen sind die Landwirte frustriert. Die Temperaturen steigen – doch der Verkauf der Sommer-Perlen stockt.

„Vielleicht verdirbt dieser Scheiß-Krieg ja den Geschmack“, sagt Friedrich Scheidt vom Lepkeshof in Oberhausen. Das Wetter sei ja ideal für die Ernte. Auf dem Hof seines Sohnes Johannes Scheidt können die Erdbeeren selbst gepflückt werden. Allein: Es fehlt die Nachfrage. „Früher haben hier Leute vier, sechs, zehn Kilo Erdbeeren gekauft. Jetzt sind es zwei Kilo – wenn überhaupt“,, sagt der Landwirt, der Erdbeeren schon seit 1991 anbietet.

Interesse an hochwertigen Lebensmitteln sinkt

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine könnte ein Grund sein, der die Stimmung drückt. Friedrich Scheidt und seine Berufskollegen sehen aber noch andere Gründe. Während in der Pandemie das gesellschaftliche Leben zum Erliegen kam, entwickelten die Menschen eine gewisse Begeisterung, Geld für hochwertige Lebensmittel auszugeben. Mit dem Ende der Pandemie verlagert sich womöglich wieder das Interesse. Das spüren regionale Anbieter wie der Lepkeshof: „Am Wochenende sind viele wieder im Urlaub“, sagt Friedrich Scheidt. Die Folge: Die Erdbeer-Felder sind weniger besucht, der Absatz sinkt.

Dass die Flächen auf dem Lekpeshof abgemäht werden müssen, befürchtet er momentan noch nicht. Im Münsterland taten dies einige Bauern, um die Flächen wirtschaftlich zu retten. Sie pflanzen nun Mais an. Außerdem erreichten sie dadurch ein mediales Echo in der Preis-Debatte um Lebensmittel. Denn der Verkauf von Erdbeeren in Supermärkten ist geprägt vom Konkurrenzdruck. Erdbeeren aus Spanien oder Griechenland sind billiger, so dass die deutschen Landwirte kaum Geld verdienen mit ihren Produkten. Das Abmähen der Felder sei „die allerletzte Option“, sagt Friedrich Scheidt. Der Anbau von Erdbeeren koste viel Geld und Zeit.

Kunden auch beim Spargel zurückhaltend

Auch Landwirt Christoph Köster beobachtet ein nachlassendes Interesse an hochwertigen Lebensmitteln. Bei ihm beginnt erst noch die Ernte der Erdbeeren. Er bietet in seinem Hofladen Köstershof auch Spargel an, wo er ebenfalls eine Zurückhaltung spürt. Spargel sei zwar seit je ein „königliches Lebensmittel“, für das gerne Geld bezahlt werde. In Pandemie-Zeiten, als viele Menschen im Home Office arbeiteten, gönnten sich mehr Menschen Qualitätsprodukte vom regionalen Erzeuger. „Die Zeiten sind aber vorbei“, sagt Christoph Köster.

Christoph Köster beobachtet auch eine Zurückhaltung beim Spargel.
Christoph Köster beobachtet auch eine Zurückhaltung beim Spargel. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

So sieht es auch Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. „In den vergangenen zwei Jahren sind viele Stadtbewohner aufs Land gefahren, um dort in Hofläden oder auf dem Markt Erdbeeren zu kaufen“, sagte er am Freitag. Der Boom sei vorbei. Auch die hohen Spritpreise zeigten ihre negative Wirkung. Die Bürger würden deshalb ihr Auto so wenig wie möglich nutzen. „Die Fahrt auf das Land, bei der auch Erdbeeren gekauft werden, fällt dann weg“.

Kosten steigen durch den Mindestlohn

Christoph Köster vermutet ebenfalls, dass die Sorgen an der Tankstelle derzeit überwiegen. Er selbst kann mit seinem Absatz noch gut leben. Bedrohlich werde es für jene, die ihre Produkte an den stationären Handel weiterreichen. Auf dem Großmarkt sei der Preis für Spargel und Erdbeeren „kaputt“. Auf der einen Seite seien die Kosten durch den Mindestlohn immens gestiegen. Auf der anderen Seite sei der Großhandel immer weniger bereit zu zahlen. „Die Kollegen, die ihre Erdbeeren an Supermärkten verkaufen, werden dieses Jahr nicht überleben“, fürchtet Christoph Köster.