Oberhausen. Der Betreiber des beliebten Edeka-Supermarktes in Barmingholten will einen großen Neubau plus Getränkemarkt. Nachbarn reagieren entsetzt.

Sie waren offiziell gar nicht informiert, doch die Gerüchte verbreiteten sich unter den Anwohnern des Büscher-Edeka-Marktes an der Graßhofstraße 139a am südlichen Ortsrand von Barmingholten rasant schnell: Der Eigentümer will den Markt doppelt so groß neu bauen - und benötigt dafür auch noch mehr Fläche. Ein kleines Wäldchen auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern wird dafür fast zur Hälfte geopfert - zahlreiche Nachbarn, von denen viele bei Edeka einkaufen, sind entsetzt. 

Tatsächlich ist der Edeka-Markt, vor einiger Zeit von Paschmann auf Büscher übergegangen, in die Jahre gekommen. Doch offiziell informierten die Beamten des Oberhausener Rathauses die Politik - und damit die Bürger - erst auf der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Sterkrade. Allerdings nicht aus eigenem Antrieb, sondern erst nach einer Einwohneranfrage und auf Auskunfts-Bitten der Grünen. Auch die Linken schalteten sich entsetzt über die geplante zusätzliche Versiegelung ein.

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Die Nachbarn vor allem an der Holtstegstraße fürchten besonders die Höhe des geplanten Supermarkt-Neubaus: stattliche 7,50 Meter. Noch mehr besorgt sie, dass ein solcher Markt zusätzlichen Auto- und Lieferverkehr anziehen wird. Denn er wird künftig 1700 Quadratmeter Verkaufsfläche gegenüber heute knapp 1200 Quadratmetern aufweisen. Zusätzlich plant der Eigentümer einen neuen 800 Quadratmeter großen Getränkemarkt. Hinter den schönen Gärten der Anwohner könnte es künftig also viel unruhiger werden als heute.

Fügt sich in die Umgebung ein

Viel Hoffnung machte Rathaus-Stadtplaner Rainer Mollerus den Anwohnern in der Bezirksvertretung aber nicht. Dem Bauherrn des Supermarktes sei schon im Dezember 2021 amtlich bescheinigt worden, dass sein Neubauwunsch grundsätzlich nach den gesetzlichen Bestimmungen in Ordnung sei. Viele Details müssten aber noch geklärt werden. Daraufhin habe der Bauherr den Bauantrag eingereicht.

Für das Gebiet gibt es keinen eigenen Bebauungsplan der Stadt Oberhausen, eine große Karte also mit genauen Bauregeln. Deshalb greift hier die gesetzliche Regelung, wonach sich ein Neubau in die nähere Umgebung einfügen muss. Das sei der Fall, meint Mollerus. Denn kein Maßstab dafür seien die zum Teil noch höheren Wohnhäuser an der Holtstegstraße, sondern die Mischung aus einigen Wohnhäusern und der Gewerbegebäude an der Graßhofstraße selbst. Allerdings sind diese nach Angaben von Nachbarn nur 4,20 Meter hoch.

Zwei Meter hohe Lärmschutzwand

Zum Lärmschutz teilte Mollerus in der Sitzung mit, dass der Edeka-Supermarkt künftig durch eine zwei Meter hohe Lärmschutzwand von den Nachbarn abgeschirmt werde. Die Anlieferung werde in einer Art Garage stattfinden und die Öffnungszeiten auf 7 bis 21 Uhr beschränkt, so dass es danach ruhig sei. In den Gärten der Nachbarn könne es aber zu Verschattungen kommen.

Auch räumte der Stadtplaner ein, dass der vergrößerte Markt darauf abzielt, Autofahrer bei der Durchfahrt des Oberhausener Nordens als neue Kunden zu gewinnen. Zu den Vorzügen des Neubaus gehöre es, dass auf den Dächern Solaranlagen oder Begrünungen vorgesehen seien. Es würden 20 zusätzliche Parkplätze geschaffen. Die Nachbarn würden Kopien der zu erwartenden Baugenehmigung erhalten, damit sie notfalls dagegen vor Gericht ziehen könnten.

Nur Grüne und Linke mit Bedenken

Nach Angaben des Stadtplaners äußern allerdings die Gutachter bei den Themen Lärm, Autoverkehr und Folgen auf die nahe Einkaufs-Konkurrenz keine grundsätzlichen Bedenken. Der Neubau stehe auch mit dem seit vielen Jahren in Arbeit befindlichen neuen Einzelhandelskonzept in Einklang, gab Mollerus an.

Kritische Anmerkungen dazu kamen nur von Grünen und Linken. „Für das lokale Klima ist das ungünstig“, sagte Birgit Axt (Grüne). „Man könnte es auch im gegebenen Umfang modernisieren“, erklärte Lühr Koch (Linke) und beklagte die zu fällenden Bäume. Sebastian Girrullis (Grüne) erwartet künftig erheblich mehr Autoverkehr. Die Linken fordern, dieses Bauvorhaben abzulehnen: "Die Anwohner haben unsere volle Unterstützung. Es kann nicht sein, dass immer mehr Grünflächen versiegelt und immer mehr klimaschädliche Emissionen erzeugt werden."

Die geltenden Bestimmungen für ein Bauprojekt

Die Information über den einschneidenden Edeka-Neubau erfolgte erst jetzt aufgrund von Anwohner-Anfragen. Dabei sind grundsätzlich Oberbürgermeister und Bezirksbürgermeister verpflichtet, die Politiker von sich aus über alle wichtigen Angelegenheiten zu unterrichten. Selbst bei größeren Gebäuden, die ohne Bebauungsplan genehmigt werden sollen, bleibt das in Oberhausen aber oft aus. Wissen die Bezirksvertreter jedoch davon nichts, so wird ihnen die Möglichkeit genommen, notfalls beim Rat einen Bebauungsplan zu beantragen.

Ab 800 Quadratmetern gelten besondere Anforderungen

Dabei sieht das Baurecht ohnehin vor, dass großflächiger Einzelhandel ab 800 Quadratmetern Verkaufsfläche mit wichtigen Nahversorgungsprodukten wie Lebensmittel normalerweise nur in Kern- oder Sondergebieten zugelassen werden dürfen. Kern- und Sondergebiete aber können nur in Bebauungsplänen ausgewiesen werden. Soll großflächiger Einzelhandel außerhalb davon zugelassen werden wie in Barmingholten, so muss durch Gutachten nachgewiesen werden, dass dafür in den Kern- und Sondergebieten kein Platz ist, dass diese keine nennenswerte Konkurrenz bekommen und dass das Geschäft für Anwohner allgemeinverträglich ist. Da für Barmingholten kein Bebauungsplan aufgestellt wurde, müssen diese Gutachten nicht veröffentlicht werden.