Oberhausen. 43 Millionen Euro! Jackpot! Eine Oberhausenerin wähnt sich im Glück – und wird bitter enttäuscht. Das steckt hinter der unglaublichen Geschichte.
Es war am ersten Weihnachtstag, als Wioletta Dreher die Lotto-Zahlen prüft – für die 43-jährige Oberhausenerin Routine. Doch dann das Unfassbare: Die Zahlen der Internetseite stimmen tatsächlich mit den Zahlen auf ihrem Online-Tippschein überein. Sieben Richtige im Euro-Lotto! 43 Millionen Euro! Jackpot!
Gemeinsam mit ihrem Mann Andreas ruft Wioletta Dreher aufgeregt Freunde und Verwandte an. Und die Familienmitglieder bestätigen das große Glück: Auch sie haben die Zahlen im Internet überprüft und bestätigt. „Ein Freund hat seine Alexa-Sprachassistentin nach den Lotto-Zahlen gefragt. Aus der Box ertönte dann: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen. Wir wollten das sogar noch aufnehmen, aber das ging plötzlich nicht mehr“, erzählt Andreas Dreher (46).
Zahlen stimmten auf Internetseiten von illegalen Wettanbietern
Der Grund wird mehrere Stunden später klar: Die Zahlen der Osterfelderin tauchten zwar tatsächlich exakt wie auf ihrem offiziellen und gültigen Online-Lottoschein als gezogene Nummern auf verschiedenen Internetseiten auf. Doch dabei handelte es sich um Lottoseiten von ausländischen Privatunternehmen, die illegal Glücksspiel anbieten, aber so aussehen, also würden sie das offizielle Lottospiel anbieten.
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Wioletta Dreher machte den Fehler, ihre Zahlen nicht auf einer der offiziellen Internetseiten von Lotto (westlotto.de), sondern nur auf den illegalen Wettseiten zu kontrollieren. Sie ahnte nichts Böses, denn immerhin gelangte sie über eine normale Google-Suche auf die Seiten. Tatsächlich werden die Seiten von der Suchmaschine prominent ausgespielt, wenn man die passenden Suchwörter eintippt. „Nach mehreren Stunden änderten sich die Zahlen plötzlich auf diesen Internetseiten“, erzählt Andreas Dreher.
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In ihrer Verzweiflung machten die Oberhausener mehrere Screenshots von den alten Zahlen auf verschiedenen Internetseiten. Denn sie vermuteten zunächst einen Irrtum oder gar einen Betrug: Sind die Zahlen von der offiziellen Lotto-Gesellschaft selbst nachträglich geändert worden? Deshalb schalteten sie einen Anwalt ein.
Zahlen wurden genauso schon einmal gezogen
Das Unternehmen Westlotto mit Sitz in Münster, das neben dem bekannten Lottospiel 6 aus 49 auch Spielscheine für den Eurojackpot anbietet, klärte dann diesen merkwürdigen Fall auf. Es stellte sich heraus, dass die Internetseiten aus dem Ausland zwar tatsächlich die Zahlen von Dreher angezeigt hatten, aber diese völlig veraltet waren. Denn die Zahlen des Dezember-Lottoscheins der Oberhausenerin waren tatsächlich schon einmal beim Eurojackpot gezogen worden – und zwar am 18. September 2020 aus der Lotto-Lostrommel in Helsinki. Wieso auf den Seiten die alten Zahlen erschienen, ist nicht bekannt. Mutmaßlich handelte es sich um einen technischen Fehler.
Falsche Zahlen im Internet: Enttäuschung bei Familie Dreher
Nach dem Freudentaumel setzte die bittere Enttäuschung bei den Drehers ein. Für mehrere Stunden haben sie sich wie Millionäre gefühlt – dann traf sie der Schlag. „Mir tut es besonders für meine Frau leid. Sie hat es schwer getroffen. Sie hat sich so gefreut. Sie konnte es nicht verstehen“, sagt Andreas Dreher.
Axel Weber, Pressesprecher von West-Lotto, ist der Fall bekannt. „Wir haben das Missverständnis über ihren Anwalt aus dem Weg geräumt. Mir tut es wirklich leid für die Betroffenen. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Fehler des illegalen Anbieters, der die Zahlen später geändert hat.“ Er versichert, dass Westlotto keine Zahlen nachträglich korrigiert hat. Aufgrund des ersten Weihnachtstages seien die offiziellen Lottozahlen erst später als sonst veröffentlicht worden. Womöglich hat dies zur Verwirrung beigetragen.
Falsche Internetseiten erinnern von der optischen Gestaltung an das Original
Doch was sind das für Fake-Seiten, auf die Familie Dreher reingefallen ist? Vor ihnen warnen unter anderem auch die Fachleute der Verbraucherzentralen. Das Tückische: Die Seiten sehen täuschend echt aus. Auf den Internetseiten werden nicht nur die aktuellen Lottozahlen angezeigt, sondern es werden auch Wetten auf die Ergebnisse der offiziellen Ziehungen angeboten, die optisch erst einmal so aussehen, als würden sie zum Lotto-Original gehören.
Westlotto-Sprecher Axel Weber: „Die Internetseiten eurojackpot.org und lottoland.com mit Sitz in Malta haben keinen Vertrag mit staatlichen Lotteriegesellschaften.“ Zweitlotterien beziehungsweise schwarze Lotteriewetten seien nach deutschem Glücksspielrecht nicht erlaubt. Dabei handele es sich um ein illegales Millionengeschäft.
Verbraucherzentrale warnt vor „schwarzen Lotterien“
Die Verbraucherzentrale warnt vor sogenannten schwarzen Lotterien im Internet. „Spielen Sie bei einem Lotterieanbieter ohne Lizenz, können strafrechtliche Folgen drohen: Die vorsätzliche Teilnahme an illegalen Lotterien ist als unerlaubtes Glücksspiel einzustufen und kann zudem als Vortat zur Geldwäsche gelten“, schreibt die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite.Auf der sicheren Seite seien Spieler nur, wenn der Anbieter über eine gültige staatliche Erlaubnis verfüge. Nur dann hätten sie gegenüber den deutschen Lottogesellschaften auch einen Anspruch auf die Auszahlung des Gewinns. Zudem sei es zweifelhaft, ob bei Wetten von Unternehmen, die im Ausland ansässig sind, eine Auszahlung erfolgt. Besonders tückisch: Vielen Lottospielern sei gar nicht bewusst, dass sie nicht an legalen staatlichen Glücksspielen, sondern an „schwarzen Lotterien“ teilnehmen. Das liege daran, dass die illegalen Anbieter die optische Aufmachung legaler Glücksspiele kopieren. Teilweise werben sie sogar mit Prüfsiegeln. Wioletta und Andreas Dreher haben an der illegalen Lotterie nicht teilgenommen, sie sind „nur“ auf die falschen Zahlen hereingefallen. Sie kauften ihren Online-Spielschein über den Anbieter „Lotto24.de“, welcher offizieller Partner von Lotto ist.
Wie erkennen Spieler falsche Anbieter? Große Rabatte können ein Indiz sein, denn die sind überhaupt nicht erlaubt. Und noch ein Tipp von Axel Weber: „Wenn man einen neuen Anbieter hat, sollte man in das Kleingedruckte schauen, wenn dort das Wort Wette auftaucht, handelt es sich nicht um ein staatliches Lotterieangebot.“