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Das eigene Auto ist Ausdruck von persönlicher Freiheit: Konnte man dies viele Jahrzehnte lang bedenkenlos unterschreiben, so wandelt sich die Haltung gerade jüngerer Menschen seit geraumer Zeit: Nutzen ja, besitzen nicht unbedingt. Doch wie sieht es mit Alternativen aus? Wir haben sie zusammengestellt.
Der ÖPNV
Er ist häufig unbequem, unpraktisch, zeitaufwendig und vor allem latent unzuverlässig – und dabei nicht einmal wirklich günstig. Über wenige Dinge wird so oft (und nicht selten zu Recht) geschimpft wie über Bus und Bahn. Dennoch sind sie unersetzlich, will man auf das eigene Auto verzichten. Und werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen, wenn es um Fragen der Luftreinhaltung geht. In den Modellstädten Bonn und Essen gab es Ende des vergangenen Jahres einen Run auf verbilligte Tickets. Mit der Rhein-Ruhr-Bahn (RRX) sollen spätestens 2030 die Züge auf der Haupttrasse zwischen Dortmund und Köln im 15-Minuten-Takt wie am Fließband rollen (der Übergangsbetrieb ist schon 2016 gestartet), Ende des Jahres wird die Taktung des S-Bahn-Verkehrs umgestellt, um zentrale Strecken im Ruhrgebiet zu entlasten. Außerdem soll 2020 das „Check-in/Be-out-System“ kommen: Bei den Tickets bezahlt man per App nur die gefahrene Strecke. Probeläufe im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) mit dem „nextTicket“ verliefen vielversprechend. Der Fahrpreis setzte sich aus einem Festpreis zwischen 1,40 und 1,45 Euro und einem Leistungspreis von 20 Cent pro Kilometer zusammen.
Car-Sharing
Die kurzzeitige Nutzung eines Pkw wird durch das Car-Sharing ermöglicht. In NRW können in über 50 Städten Car-Sharing-Angebote genutzt werden. Die Modelle sind vielfältig und lassen sich grob unterteilen in an eine Station gebundenes Sharing mit festen Stellplätzen (z.B. Flinkster/Deutsche Bahn, Ruhrauto-E) oder in von einer Station unabhängige Angebote (car2go/Daimler AG), bei denen man per App über den Standort des nächstgelegenen Fahrzeugs informiert wird. Gewerbliche Internetplattformen bieten die Vermittlung privater Pkw an Dritte (snapcar.de, drivy.de).
Bike-Sharing
Oftmals als Angebot für Touristen entwickelt, ist das Mieten von Fahrrädern auch für andere Personengruppen interessant. Häufig ist das Entleihen an Stellplätze und Stationen gebunden, die sich aber an Verkehrsknotenpunkten befinden. Gemietet wird nach vorheriger Registrierung durch die App (z.B. Metropolradruhr) oder nach schlichtem Reservieren und Erfassung der Personalausweis-Daten an der Station (z.B. Revierrad). Das Stationsnetz in NRW ist nicht flächendeckend, aber dennoch weit.
Ride-Sharing
Beim Ride-Sharing nutzen mehrere Personen ein Fahrzeug. Zumeist sind dies klassische Mitfahrgelegenheiten in privaten Pkw (BlaBlaCar, Mitfahren.de, pendlerportal.de) oder zugelassene Mietwagenunternehmen mit Fahrer (Uber Deutschland). Letztere Fahrzeuge werden häufig wie Taxis eingesetzt. Ein anspruchsvolles Projekt hat VW mit MOIA angestoßen: Die Wolfsburger führen das Sammeltaxi ein. Kunden können per App Standort und Ziel eingeben, MOIA kombiniert diese mit anderen Anfragen. Gefahren wird mit Elektro-Bussen – bislang leider nur in Hannover und Hamburg.
Mulitmodalität
Der Mix aus verschiedenen Fortbewegungsmitteln wird von Experten als der Weg der Zukunft angesehen und ist häufig längst Realität. Smartphones sollen die Kombination von umweltverträglichen Verkehrsmitteln in Zukunft perfektionieren. Ein Ticket, das sowohl für ÖPNV, Leih-Fahrrad oder Car-Sharing gilt? Das EU-Parlament nennt dies „Fifth Mode“, eine der fünf wichtigsten Maßnahmen für eine nachhaltige Mobilität. Neben dem Ticketing gehört Infrastruktur zu den Voraussetzungen. Schon heute gelten Mobilstationen der Deutschen Bahn, die mehrere Verkehrsmittel (z.B. Schiene, lokaler ÖPNV, Park-and-Ride-Parkplatz, Car-Sharing und Leihfahrrad) miteinander verknüpfen, als zukunftsweisend. Und auf dem Land? Ein Pilotprojekt in Hessen kombiniert etwa ÖPNV mit privatem Car-Sharing. Autofahrer bieten dabei Strecken als Teil eines Liniennetzes an, die so ohnehin anfahren. Die Mitfahrer werden an den ÖPNV-Haltestellen aufgegabelt.
>>>Studie: Mehr Straßenverkehr durch Car-Sharing
Einer Studie des auf Verkehr spezialisierten US-Beratungsunternehmens Schaller Consulting vom Juli 2018 zufolge, erhöhe sich die Autonutzung um 2,8 Meilen für jede Meile, die man als Nutzer von Car-Sharing zurücklegt. Ungefähr 60 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie den ÖPNV gewählt hätten, wenn es die Car-Sharing-Riesen wie Uber und Lyft nicht gegeben hätte.
Die Studie „The New Automobility Lyft, Uber and the Future of American Cities“ findet man unter dem Link http://www.schallerconsult.com/rideservices/automobility.pdf