Berlin. . Es gibt Sätze, die freundlich gemeint, aber Teil des Problems sind. Und das betrifft Millionen Mütter, meint Caroline Rosales in ihrer Kolumne.
Während ich das hier aufschreibe, habe ich keine Ahnung, wo meine Kinder sind und was sie gerade machen. Ich kann es nur vermuten und vertrauen, dass sich meine sehr geschätzte Au-pair Neli und später meine Mutter an die Absprache und meine Bitten halten. Heute Morgen, da hatten Neli und ich noch Pyjamahosen an, redeten wir über den Tag und besprachen die To-dos. „Der Salat muss weg, die Tomaten auch. Nicht ohne Helm Fahrrad fahren, nur ein Eis im Park, sowieso jeden Tag nur ein Eis, wegen Zucker und so. Heute Abend Haare waschen, aber quatsch, ach was, bis dahin bin ich (hoffentlich) wieder da.“
„Und wo sind deine Kinder jetzt?“ Es ist ein Satz, den ich in meinen drei Jahren als Single Mom und berufstätige Mutter sehr häufig gehört habe. Meistens stellen Männer diese Frage, Kumpels, Kollegen, Väter. Manchmal auch andere Frauen – Mütter hingegen stellen sie sich gegenseitig nie. „Wo sind deine Kinder jetzt?“ Der Satz verletzt IMMER das Mutterherz, ganz egal wie gut organisiert man ist, wie konzentriert und gehetzt, abends schnell nach Hause zu kommen. Die Frage ist so gedankenlos und dumm. „Ja, wo sind meine Kinder jetzt wohl?“, fragt die US-Comedian Ali Wong in ihrer Show unter tosendem Gelächter des Publikums.
"Oh scheiße, das weiß ich auch nicht"
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Wong hasst diesen Satz wie ich. Sie erzählt, wenn die Frage nach Verbleib und Aufenthaltsort ihrer Kinder kommt, kontert sie zurück: „Ich arbeite sehr, sehr hart, um nicht selbst auf meine Kinder aufpassen zu müssen.“ Oder sie sagt: „Oh, keine Sorge, es geht ihnen gut. Ich habe sie allein mit einer Tüte Süßigkeiten auf die Couch gesetzt und den Fernseher laufen lassen.“
Stellt mir jemand die Frage, bin ich mittlerweile verführt zu sagen: „Oh scheiße, das weiß ich auch nicht. Was machen wir denn jetzt?“
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Die Frage, wo meine Kinder JETZT in dieser Minute SIND, entlarvt so viel über das Weltbild des Absenders. Es impliziert, dass derjenige glaubt, ich sollte nicht hier (in einem beruflichen oder privaten Kontext) außerhalb meiner Mutterrolle sein. Es verrät, dass derjenige vielleicht denkt, ich sollte lieber unter dem Geräuschpegel von Kinderlachen an einem Apfelbaum Kartoffeln für das Abendessen schälen. Und schlimmer noch: Es zeigt offenbar, dass viele Menschen außerstande sind, sich mit gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen zu beschäftigen und der Frage, wo jetzt der Kindergartenplatz für Klein-Emil und Klein-Ida herkommen soll.
Wo könnten unsere Kinder jetzt sein?
300.000 Betreuungsplätze fehlen derzeit in Deutschland. Die Frage sollte daher sein, wo unsere Kinder jetzt sein könnten. Familienpolitik, das klingt im deutschen Sprachgebrauch so tantig, nicht unwichtig, aber ganz bestimmt nichts für die große weltpolitische Bühne. Warum auch, sorgt doch die Gratisarbeit von Millionen Frauen dafür, dass der Laden irgendwie läuft, Kinder versorgt werden und jemand ihren Tag gestaltet – meistens die Mama. Allein von den 1,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland sind 91 Prozent Mütter. Frauen, die ganz sicher keine Zeit haben, über ihren rechtlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz in einem Amt mit Wartenummern zu diskutieren.
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Ich denke, es wird sich etwas ändern, weil es das muss. Die Generation meiner Tochter bekommt dann den Kitaplatz mit Geburt des Kindes vom Bezirk geschenkt, genau wie eine Familienpflegerin, die ihr wie in Frankreich die ersten Monate nach der Geburt hilft. Mit dem dritten Kind erhält die Familie schließlich massive steuerliche Entlastungen wie im Nachbarland.
So lange, bis das so ist, werde ich durchhalten – vor allem für meine Kinder – und jeden Tag, zerrissen zwischen Job und Familie, die Versäumnisse der staatlichen Betreuung durch meine Mehrarbeit und mein Geld auffangen. Es ist okay, ich habe kein Problem damit. Ich will nur wirklich, wirklich NIE wieder gefragt werden, wo meine Kinder JETZT sind. Danke im Voraus.