Fertighäuser sind zunehmend gefragt, sie gelten als preiswert. Doch jeder vierte Bauherr greift inzwischen tief in die Tasche und zahlt mehr als 300.000 Euro.
Feindbild rosa Schweinchen: Das Kindermärchen von den wohnungssuchenden drei Borstenviechern kratzt am Image der Fertighausbranche. Während der böse Wolf die Strohund Holzhäuser von zwei Schweinchen ganz einfach wegpusten kann, hat einzig und allein der massive Ziegelbau Bestand. „Ich könnte den kleinen Schweinchen jeden Tag um die Ohren hauen“, beschwert sich scherzhaft der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Fertigbau (BDF), Christoph Windscheif. In Wuppertal will die Branche mit der modernsten Fertighausausstellung in Europa seit einigen Monaten gegensteuern. Auf großzügigen 18 000 Quadratmetern können Besucher bei dem Modellprojekt in einer kleinen Siedlung Prototypen von Holzfertighäusern besichtigen.
Mit einem Marktanteil von 15,7 Prozent war im ersten Halbjahr 2013 immerhin mehr als jedes siebte in Deutschland neu gebaute Einfamilienheim ein Fertighaus. Seit Jahren schon können sich die Hersteller über steigende Marktanteile freuen. Während der Anteil im Jahr 2000 noch bei 13,5 Prozent lag, war er bis 2012 auf 15,3 gestiegen.
Nordrhein-Westfalen liegt mit einem Fertighaus Anteil von etwa zehn Prozent noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Dennoch konnte die Branche im vergangenen Jahr ihren Umsatz in Deutschland auf 1,76 Milliarden Euro weiter steigern – insgesamt ein beachtliches Plus von 2,7 Prozent.
Wichtigste Zielgruppe der Hersteller von Fertighäusern sind derzeit vor allem junge Familien, die einen Anteil von 40 Prozent der Kundschaft stellen. Auch wenn Hersteller die Bauherren gerne mit Werbepreisen von knapp 70 000 Euro oder noch darunter locken, sind Schnäppchenpreise aber nicht die Regel. Jedes vierte Fertighaus hat nach Angaben der Branche bereits einen Auftragswert von über 300 000 Euro. Bei mehr als zwei von drei Bauvorhaben handelt es sich um individuell geplante Häuser.
Experten warnen jedoch vor einer vorschnellen Unterschrift. „Nach dem Besuch einer Fertighausausstellung sollte man das Gelände wieder nüchtern verlassen“, sagt Peter Burk vom privaten Freiburger Institut Bauen und Wohnen. „Die Leute kaufen Möbel viel sorgfältiger als Fertighäuser“, berichtet der Diplom-Ingenieur, der im Auftrag der Verbraucherzentrale bereits mehrere Ratgeber zum Thema Fertighauskauf verfasst hat. „Schönen Prospekten folgen in der Regel knallharte Verträge“, so Burk.
Die wichtigste Grundregel sei deshalb: Man dürfe nicht darauf vertrauen, dass man sich um nichts mehr kümmern müsse. Die erste Klippe für den Bauherrn sei nach dem Kauf des Grundstücks zunächst die Vorbereitung der Baustelle. Kaum jemandem sei da bei Vertragsschluss mit dem Hausanbieter schon klar, was unter dem Stichwort „ab Oberkante Bodenplatte“ schließlich noch alles auf ihn zukomme. „Es gibt viele Kostenfallen beim Fertigbau, etwa bei der Bauvorbereitung oder Erschließung“, warnt Burk. Auch die Fertighaushersteller selbst weisen auf ihren Internetpräsenzen ausdrücklich auf die „feinen Unterschiede“ beim Kauf eines Grundstücks hin. Da gibt es „Bauerwartungsland“, „Bauland“, „fertiges Bauland“ und „fertiges freies Bauland“. Nur bei der letzten Variante aber seien etwa in einem Neubaugebiet auch alle Anschlüsse für die Ver- und Entsorgung bereits enthalten, heißt es.
„Da kann ein Rattenschwanz von Dingen folgen, um die man sich kümmern muss“, gibt Experte Burk zu bedenken.